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<strong>Der</strong> <strong>freie</strong> <strong>Kfz</strong>-<strong>ServiceMarkt</strong> 2010<br />
Licht am Ende des Tunnels<br />
_ Eine neue GVO regelt seit dem 1. Juni den Vertrieb von<br />
Ersatzteilen und Werkstattleistungen in Europa. Wie wirkt<br />
sich dieser neue rechtliche Rahmen auf die Branche aus? Eine<br />
Einführung in die Chancen für den <strong>freie</strong>n Service- und Teilemarkt.<br />
D üster<br />
sah es um den <strong>freie</strong>n<br />
Ersatzteilmarkt aus, als die EU-<br />
Kommission am 28. Mai 2008<br />
ihren Evaluierungsbericht zur<br />
Zukunft der <strong>Kfz</strong>-Gruppenfreistellungsverordnung<br />
(„GVO“) vorstellte.<br />
Damals zogen die Brüsseler Wettbewerbshüter<br />
in Zweifel, dass der <strong>Kfz</strong>-Aftermarket<br />
besondere Wettbewerbsregeln braucht.<br />
Ein Ende schien sich abzuzeichnen für die<br />
bisherigen maßgeschneiderten Regeln für<br />
die Branche. Das Recht des Verbrauchers,<br />
sein Fahrzeug wahlweise in einer <strong>freie</strong>n<br />
Werkstatt mit Ersatzteilen aus dem <strong>freie</strong>n<br />
Handel warten oder reparieren zu lassen,<br />
hätte dann mühsam von allgemeinen Prinzipien<br />
des Kartellrechts abgeleitet werden<br />
müssen.<br />
<strong>Der</strong> Weg zur neuen GVO<br />
Auf den Evaluierungsbericht folgten zwei<br />
Jahre intensiver Diskussionen um die Frage,<br />
wie der europäische Gesetzgeber den<br />
Wettbewerb im Automobilsektor am besten<br />
gewährleisten kann. Auf der einen<br />
14 <strong>Der</strong> <strong>freie</strong> <strong>Kfz</strong>-<strong>ServiceMarkt</strong><br />
Seite bestand der Wunsch, möglichst viele<br />
Einzelheiten in den neuen Texten festzuschreiben<br />
– dies bedeutet zwar klare Regeln,<br />
aber auch eine Flut von Details. Auf<br />
der anderen Seite bestand die Ansicht, dass<br />
möglichst allgemeine und flexible Regeln<br />
den Wettbewerb am besten schützen – in<br />
der Praxis hätte dies aber Unsicherheiten<br />
und Verfahrensrisiken bedeutet, die für<br />
kleine und mittelständische Werkstätten<br />
schwer zu finanzieren gewesen wären.<br />
Die Branchenverbände des <strong>freie</strong>n Service-<br />
und Teilemarktes haben sich an der<br />
politischen Debatte intensiv beteiligt.<br />
Viele ihrer Anregungen sind in das Ergebnis<br />
eingeflossen, dass die EU-Kommission<br />
am 27. Mai 2010 vorgestellt hat. Danach<br />
wird das Ersatzteil- und Werkstattgeschäft<br />
auch in Zukunft in einer branchenspezifischen<br />
GVO behandelt. Im Vergleich zur<br />
bisherigen GVO aus dem Jahr 2002 fällt sie<br />
etwas kompakter aus, da sie Themen des<br />
Neufahrzeugvertriebs kaum mehr behandelt.<br />
Daher wird die neue <strong>Kfz</strong>-GVO auch<br />
als „Aftermarket-GVO“ oder „Mini-GVO“<br />
bezeichnet. Sie gilt für Pkw und Nkw.<br />
Teilebezug für Werkstätten<br />
Wie EU-Wettbewerbskommissar Almunia<br />
bei der Vorstellung der neuen Regeln<br />
betont hat, kann eine Werkstatt für sich<br />
und ihren Kunden viel Geld sparen, wenn<br />
sie unterschiedliche Bezugsquellen für Ersatzteile<br />
in Betracht zieht. Damit knüpft<br />
er an die wiederholte Beobachtung an,<br />
dass der <strong>freie</strong> Großhandel häufig qualitativ<br />
hochwertige Alternativen zum Ersatzteilangebot<br />
der Fahrzeughersteller anbietet,<br />
und dies zu günstigeren Preisen. Dieses<br />
Angebot steht allen Werkstätten offen und<br />
gewährleistet, dass der Verbraucher zwischen<br />
verschiedenen Teilen zu attraktiven<br />
(da wettbewerbskontrollierten) Preisen<br />
wählen kann. Auch die Vertragswerkstätten<br />
können Teile aus dem <strong>freie</strong>n Handel<br />
beziehen, sofern es sich dabei um Produkte<br />
handelt, die nach den Spezifikationen des<br />
Fahrzeugherstellers gefertigt sind, oder<br />
die solchen Originalteilen qualitativ zumindest<br />
gleichwertig sind. Lediglich für<br />
Arbeiten, die der Vertragswerkstatt nicht<br />
vom Autofahrer vergütet werden, sondern<br />
vom Fahrzeughersteller (hier ist vor allem<br />
an Rückrufaktionen zu denken), kann dieser<br />
auf dem Einsatz von Teilen bestehen,<br />
die er selbst geliefert hat. Insofern hat<br />
sich gegenüber der bisherigen Rechtslage<br />
nichts geändert.<br />
Die branchenspezifische GVO sichert<br />
der <strong>freie</strong>n Werkstatt die Möglichkeit, Teile<br />
von einer Vertragswerkstatt zu beziehen.<br />
<strong>Der</strong> Fahrzeughersteller darf seinen<br />
Vertragswerkstätten nicht untersagen,<br />
Ersatzteile an eine <strong>freie</strong> Werkstatt zu verkaufen,<br />
die diese für ein Kundenfahrzeug<br />
benötigt. Auf diese Weise will der europäische<br />
Gesetzgeber sicherstellen, dass<br />
auch <strong>freie</strong> Werkstätten sämtliche Ersatzteile<br />
beschaffen können, die für die Wartung<br />
oder Instandsetzung eines Fahrzeugs<br />
erforderlich sind. Zahlreiche Teile<br />
sind nämlich nur vom Fahrzeughersteller<br />
und dessen Vertriebsnetz zu bekommen<br />
– da es keine Alternative zu diesen Monopolteilen<br />
gibt, ist die Regelung über<br />
den Bezug von der Vertragswerkstatt lebensnotwendig<br />
für <strong>freie</strong> Betriebe. Dem<br />
Wortlaut nach ist die Regelung nicht<br />
auf Monopolteile beschränkt, die <strong>freie</strong><br />
<strong>Der</strong> Zugang zu technischen Informationen wird ebenfalls<br />
detailliert in den Leitlinien zur neuen GVO behandelt.<br />
Freie Marktbeteiligte haben Anspruch auf Zugang zu<br />
Werkzeugen, Schulungen und Daten, die letztlich für<br />
die Wartung oder Instandhaltung von Fahrzeugen benötigt<br />
werden. Foto: ProMoto