Herausfor<strong>der</strong>ung GenerationswechselKochrezepte gibt es nicht:Die Herausfor<strong>der</strong>ung des Generationswechsels<strong>in</strong> den <strong>Bürgerstiftungen</strong>Prof. Dr. Wolfgang An<strong>der</strong>s46In diesem Jahr wird die bundesdeutsche Bürgerstiftungs-Community16 Jahre alt – o<strong>der</strong> bessergesagt jung. E<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>platz ist, dass diebisherige Entwicklung durchaus den Charaktere<strong>in</strong>er Erfolgsgeschichte besitzt, wenn wir nur diee<strong>in</strong>schlägigen quantitativen Zahlen betrachten.Aber zu viel We<strong>in</strong> pur verklärt vielleicht trotzaller Positiva den realistischen Blick. Gießen wiralso an dieser Stelle auch etwas Wasser dazu.Denn nach wie vor – und wohl auch bis auf weiteres– gibt es dicke zu bohrende Bretter. Welchedas s<strong>in</strong>d, offenbart sich, wenn man sich dieSituation <strong>der</strong> so unterschiedlich aufgestelltenund <strong>in</strong> so verschiedenen kommunal-regionalenKontexten agierenden deutschen <strong>Bürgerstiftungen</strong>vor Augen führt. Hervorheben möchte ichbeson<strong>der</strong>s folgende Punkte:■■Wie soll die Balance zwischen operativer undför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Stiftungsarbeit aussehen?■■■■■■■■■■■■Braucht man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Region e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> mehrere„Leuchtturmprojekte“, um e<strong>in</strong> unverwechselbaresProfil zu erlangen?Wie lässt sich e<strong>in</strong>e kritische Masse an Zeitspen<strong>der</strong>nmobilisieren und bei <strong>der</strong> Stangehalten?Wie gel<strong>in</strong>gt es, die Bekanntheit und Akzeptanzvon <strong>der</strong> Projektebene auf die Bürgerstiftungselbst zu transferieren?Wie sehen authentisches Market<strong>in</strong>g und dauerhafteKundenb<strong>in</strong>dung aus?Wie kann e<strong>in</strong>e bedarfsgerechte nachhaltigeKapitalbasis sichergestellt werden?Wie lässt sich <strong>der</strong> Generationswechsel anden Schaltstellen <strong>der</strong> Bürgerstiftung möglichstreibungsfrei vollziehen?■■In welche Richtung sollte sich das Selbstverständnis<strong>der</strong> Organisationen vor Ort weiterentwickeln?Die anstehenden Fragestellungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>eMelange aus grundsätzlichen, strategischen wieoperativ-taktischen Aspekten. Jede Bürgerstiftungmuss die <strong>in</strong>dividuellen und spezifischenAntworten f<strong>in</strong>den, die eben zu <strong>der</strong> Situation vorOrt am Besten passen!Und dennoch: Gerade weil die materielle undf<strong>in</strong>anzielle Ausstattung vieler <strong>Bürgerstiftungen</strong>bei uns nach wie vor nicht „üppig“ ist (und auchweil die „nächste“ Bürgerstiftung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regelke<strong>in</strong>e Konkurrent<strong>in</strong> um knappe Ressourcen ist),müssen wir fragen, ob e<strong>in</strong> Schulterschluss <strong>der</strong><strong>Bürgerstiftungen</strong> gel<strong>in</strong>gen kann und wie er aussehenkönnte.Coach<strong>in</strong>g-Angebot BürgerstiftungsWerkstattE<strong>in</strong> diesbezüglich zentrales Element ist dieBürgerstiftungsWerkstatt <strong>der</strong> <strong>Initiative</strong> <strong>Bürgerstiftungen</strong>.Sie soll unterstützen, Know-How zutransferieren, die eigene Arbeit zu reflektierenund Perspektiven gerade auch im Zusammenspielmit an<strong>der</strong>en Akteuren auszuloten. Die BürgerstiftungsWerkstattist erfolgreich gestartet –nicht zuletzt dank <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Unterstützungdurch die Projektför<strong>der</strong>er. Gleichwohl hat dieBürgerstiftungs-Werkstatt <strong>in</strong> nächster Zeit mite<strong>in</strong>igen Herausfor<strong>der</strong>ungen zu tun. Sie muss■■e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Systematik gerade bei komplexerenFragestellungen entwickeln und den<strong>Bürgerstiftungen</strong> durch Strategieworkshops
Herausfor<strong>der</strong>ung Generationswechselhelfen, sich zu positionieren und ihr Profilzu schärfen.■■das wirtschaftliche wie zielbezogene Lernenvone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> organisieren,■■die Erkenntnis vermitteln, dass kont<strong>in</strong>uierlicheWeiterbildung und e<strong>in</strong>e Reflexion deseigenen Wirkens für jede Bürgerstiftung unabd<strong>in</strong>gbars<strong>in</strong>d – und dass dafür auch Zeitund Geld im Rahmen des Möglichen bereitgestelltwerden müssen.Ganz nebenbei gesagt: Die Bürgerstiftungs-Werkstatt wird nur dann dauerhaft Erfolg haben,wenn sie als Institution <strong>der</strong> <strong>Bürgerstiftungen</strong> für<strong>Bürgerstiftungen</strong> verstanden wird!Die Bürgerstiftung als PlattformE<strong>in</strong> – wenn nicht das erklärte – Ziel <strong>der</strong> deutschen<strong>Bürgerstiftungen</strong> ist, sich jeweils als „diezentrale“ kommunale beziehungsweise regionalePlattform für die bürgerschaftlichen Belange<strong>der</strong> Region/Kommune zu etablieren. Der Begriff„Plattform“ umfasst verschiedene Aspekte:Etwa <strong>der</strong> Ort für das geme<strong>in</strong>same Vertreten vonrelevanten kommunalen Anliegen <strong>der</strong> Bürgerschaftzu se<strong>in</strong>; die Mo<strong>der</strong>ation bei komplexenund wi<strong>der</strong>sprüchlich diskutierten kommunalenAnliegen zu übernehmen; Partnerschaften mitden politischen und <strong>in</strong>stitutionellen Entscheidungsträgernauf Augenhöhe zu führen undeigene kommunale <strong>Initiative</strong>n auf relevantenHandlungsfel<strong>der</strong>n loszutreten.E<strong>in</strong>en solchen Anspruch zu def<strong>in</strong>ieren istdie e<strong>in</strong>e Seite <strong>der</strong> Medaille. Das engagierte Angehen,das Umsetzen und Durchhalten diesesAnspruchs ist die an<strong>der</strong>e Seite. Hier ist <strong>in</strong> dennächsten Monaten und Jahren viel zu tun – auchund gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> BürgerstiftungsWerkstatt!Der wesentliche kritische Erfolgsfaktor fürdie deutschen <strong>Bürgerstiftungen</strong> im H<strong>in</strong>blick aufdas Ziel <strong>der</strong> Plattform“übernahme“ dürfte <strong>der</strong>Vertrauensaspekt se<strong>in</strong> – Vertrauen <strong>in</strong> personalerwie <strong>in</strong>stitutioneller Sicht!bezeichneten Gesellschaften haben angesichtssteigen<strong>der</strong> Ungewissheit und Unsicherheit <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>emAusmaß Anlass, vertrauensbasiert zuhandeln beziehungsweise über das Handelnvertrauen zu erwerben, zu steigern und zu sichern.Quasi Tag für Tag ist aber von E<strong>in</strong>zelpersonenund Institutionen mit überragen<strong>der</strong> regionaler,nationaler wie <strong>in</strong>ternationaler Wirkunge<strong>in</strong> Verhalten und Agieren zu beobachten, dassnicht zur Verfestigung des Vertrauens beiträgt,son<strong>der</strong>n Vertrauensenttäuschung för<strong>der</strong>t undzu e<strong>in</strong>em Vertrauensenzug führt. Die Beispieles<strong>in</strong>d so vielfältig, dass selbst e<strong>in</strong>e beispielhafteAufzählung überflüssig ist. Gerade junge Institutionens<strong>in</strong>d bei <strong>der</strong> Vertrauensgew<strong>in</strong>nung und-sicherung beson<strong>der</strong>s gefor<strong>der</strong>t. Das gilt somitgerade auch für die deutschen <strong>Bürgerstiftungen</strong>!Es dürfte vom Grundsatz zutreffend se<strong>in</strong> zusagen, dass das Vertrauen, das die deutschen<strong>Bürgerstiftungen</strong> genießen, bis dato weniger aufdie Institution als vielmehr auf die handelndenAkteure zurückzuführen ist. Das kann auch garnicht an<strong>der</strong>s se<strong>in</strong>. Wie weiter oben kurz angedeutet,bef<strong>in</strong>den sich aber viele <strong>Bürgerstiftungen</strong>momentan und noch auf absehbare Zeit <strong>in</strong>wichtigen personalen Übergabefragen. Der stattf<strong>in</strong>dendeGenerationswechsel vor Ort muss geradeim H<strong>in</strong>blick auf die Vertrauensstabilisierungund -fortführung folglich so organisiert werden,dass perspektivisch die Vertrauensebene wenigerauf <strong>der</strong> personalen als auf <strong>der</strong> <strong>in</strong>stitutionellenEbene gesehen wird.Kochrezepte gibt es für diese Frage nicht.Antworten, worauf geachtet werden muss undworauf vielleicht weniger, aber schon! Auch dieVertrauensfrage muss folglich auf die Werkstatt-,aber auch auf die anwendungsbezogeneForschungsebene getragen werden! Mit <strong>der</strong>geme<strong>in</strong>samen Lösung dieser Aufgabe könnendie <strong>Bürgerstiftungen</strong> und ihr Netzwerk die Erfolgsgeschichte„Bürgerstiftung“ fortsetzen:Für die Stärkung des lokal verankerten, verantwortungsbewusstenund nachhaltigen Bürgerengagements.47Vertrauen als ArbeitsgrundlageHolzschnittartig ist Folgendes zu konstatieren:Unsere, von Philosophen als postmo<strong>der</strong>nProf. Dr. Wolfgang An<strong>der</strong>s, Hochschule Ludwigshafenund Mitglied des Kuratoriums <strong>der</strong> Bürger-Stiftung Ludwigshafen am Rhe<strong>in</strong>, ab Januar 2013Leiter des Arbeitskreises <strong>Bürgerstiftungen</strong>