DiskussionIst es Aufgabe von <strong>Bürgerstiftungen</strong>,bei lokalen Konflikten zu mo<strong>der</strong>ieren?Im lokalen Raum prallen die unterschiedlichenInteressen e<strong>in</strong>er pluralistischen Gesellschafthäufig aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>; bisweilen stehen sie sichunversöhnlich gegenüber. Als unabhängigeOrganisationen sche<strong>in</strong>en <strong>Bürgerstiftungen</strong>geeignet, diese Konflikte zu mo<strong>der</strong>ieren. Siekönnen den sachlichen Austausch zwischenden Kontrahenten forcieren, etwa, <strong>in</strong>dem siezu sogenannten Runden Tischen laden – e<strong>in</strong>ervielfach bewährten Mediationsmethode. Dochist das ihre Aufgabe?58Pro: Irene Armbruster, Geschäftsführer<strong>in</strong> <strong>der</strong>Bürgerstiftung StuttgartStellen Sie sich vor, es gibt e<strong>in</strong> Problem <strong>in</strong>Ihrer Kommune: Gewalt an Schulen, zu viele K<strong>in</strong><strong>der</strong>,die sich ke<strong>in</strong>en Musikunterricht leisten können,zu viele Jugendliche, die den Berufsstartnicht schaffen. Klar ist: Es muss etwas passieren.Es gibt zu wenig Geld, um dieses Problemanzugehen; dafür aber Ideen und e<strong>in</strong>ige Gruppen,die vielleicht sogar mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> konkurrieren,und e<strong>in</strong>ige bürgerschaftlich Engagierte. Wiewürden Sie nun auf <strong>der</strong> Vorstandssitzung IhrerBürgerstiftung argumentieren? Ne<strong>in</strong>, da s<strong>in</strong>d zuviele beteiligt, da verbrennen wir uns die F<strong>in</strong>ger?Ne<strong>in</strong>, da müssen wir zu viel abstimmen, mitzu vielen reden, da bleiben wir doch bei unseremselbstentwickelten Liebl<strong>in</strong>gsprojekt? O<strong>der</strong>schlagen Sie Ihren Kollegen vor: Für wichtigeThemen <strong>in</strong> unserer Kommune schlägt unser Herzals Bürgerstiftung, wir s<strong>in</strong>d die neutrale Instanz,wir können alle zusammenbr<strong>in</strong>gen, die zu diesemThema etwas voranbr<strong>in</strong>gen wollen und wirladen unsere Kontakte aus Unternehmen und<strong>der</strong> Kultur mit e<strong>in</strong> und sorgen dafür, dass dieEhrenamtlichen Stimme haben; geme<strong>in</strong>sam entwickelnwir e<strong>in</strong>e Lösung, die alle mittragen, dieke<strong>in</strong>e Parallelstrukturen aufbaut und die e<strong>in</strong>eF<strong>in</strong>anzierungsbasis hat? Sie halten das für e<strong>in</strong>egute Möglichkeit? Nichts an<strong>der</strong>es s<strong>in</strong>d RundeTische: Neutrale Wohlfühl-Orte, an denen mangeme<strong>in</strong>sam Probleme löst, Projekte entwickelt,Strukturen verbessert. Dazu braucht man Mo<strong>der</strong>ationserfahrung(die kann man lernen) unde<strong>in</strong>en guten Ruf (den haben <strong>Bürgerstiftungen</strong>).
DiskussionContra: Johanna von Hammerste<strong>in</strong>, Vorstandsvorsitzende<strong>der</strong> BürgerStiftung Hamburg<strong>Bürgerstiftungen</strong> leben von dem Engagementihrer Aktiven. Oft s<strong>in</strong>d dies politisch denkendeund handelnde Personen, die sich nicht mit e<strong>in</strong>emStatus Quo zufrieden geben wollen, son<strong>der</strong>nverän<strong>der</strong>n wollen: Sie wollen K<strong>in</strong><strong>der</strong>armutbekämpfen, e<strong>in</strong> Denkmal retten, e<strong>in</strong> Hospiz aufden Weg br<strong>in</strong>gen. Sie beziehen Position.An<strong>der</strong>erseits verstehen sich <strong>Bürgerstiftungen</strong>als Dach für alle Bürger, die sich für ihre Stadtengagieren wollen. So kann es vorkommen,dass – wie <strong>in</strong> Hamburg bei <strong>der</strong> Schulreformdiskussiongeschehen – die Bürgerstiftung von beidenSeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er politischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungals Fürsprecher angefragt wird. Was tun?Hat man die Kompetenz <strong>in</strong> den eigenen Reihen,als Mediator aufzutreten, kann man diestun. Gewährt man allerd<strong>in</strong>gs gleichzeitig InstitutionenFör<strong>der</strong>ung, die deutlich Partei ergreifen,steht die Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.E<strong>in</strong> schwer zu lösen<strong>der</strong> Konflikt. Wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> BürgerStiftungHamburg haben uns vor e<strong>in</strong>iger Zeitentschieden, <strong>in</strong> politischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungenals BürgerStiftung Hamburg nicht öffentlichPosition zu beziehen. Jedem E<strong>in</strong>zelnen ist e<strong>in</strong>eStellungnahme natürlich erlaubt, jedoch nichtunter dem Label <strong>der</strong> Stiftung. Geht es allerd<strong>in</strong>gsum e<strong>in</strong> konkretes Projekt, das geför<strong>der</strong>t wird und<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en politischen Konflikt gerät, beziehen wirStellung.59