LANDLEBENOrdnung in der HinterlassenschaftORGANISIEREN, ERBEN UND VERWALTEN Mit dem Tod eines Angehörigenkommen auf die Hinterbliebenen eine Reihe von rechtlichen und organisatorischenFragen und Massnahmen zu. Vieles ist einfacher zu regeln, wenn man bereits zuLebzeiten gewisse Vorkehrungen getroffen hat.UeliStraubWenn der Partner oder die Partnerinstirbt, gerät die ganze GefühlsundBeziehungswelt durcheinander.Beim plötzlichen Unfalltod wahrscheinlichüberfallmässig, während eineslangsamen Sterbens durch Krankheiteher schubweise. Die oder derÜberlebende muss sich neu orientieren,neu ausrichten, neu finden. Mit demTod eines Angehörigen kommen auf dieHinterbliebenen aber auch eine Reihevon rechtlichen und organisatorischenFragen und Massnahmen zu. Diese zumeistern ist nicht einfach – aber je bessersich Mann und Frau mit so einemFall auseinandergesetzt haben, umsoschneller lassen sich die weltlichen Angelegenheitendes Verstorbenen regeln.Rechtsfolgen bei einem TodesfallMit dem Tod endet die Persönlichkeit(Art. 31 ZGB) und es wird derErbgang des Verstorbenen eröffnet (Art.537 ZGB). Jeder Todesfall muss innerhalbvon zwei Tagen mit einer ärztlichenTodesbescheinigung dem Zivilstandsamtgemeldet werden (Art. 35 ZSTV).Neben der Gemeinde sollten auchalle Banken, Versicherungen, Vorsorgeeinrichtungenoder Handelspartner, mitdenen der oder die Verstorbene geschäftlicheBeziehungen hatte, schriftlichüber dessen Ableben informiertwerden. Vorteilhaft ist es in diesem Fall,wenn die Ehepartner gegenseitig überihre Geschäftsverbindungen Bescheidwissen!Eigentum des VerstorbenenDie zuständige Behörde ist von Amteswegen verpflichtet, die zur Sicherungdes Erbganges nötigen Massnahmenzu treffen (Art. 551 ZGB). Aktiv wird sievor allem dann, wenn die Gefahrbesteht, dass wirkliche oder vermeintlicheErben Tatsachen schaffen, die nichtden gesetzlichen Regeln und dem Willendes Erblassers entsprechen. In denKantonen bestehen dazu eigene Rechtserlasse.Auch ein Erbe, der befürchtet, dasssich jemand unrechtmässig am Nachlassbereichern möchte, kann Sicherungsmassnahmenergreifen. Dazu gehört,dass man Vollmachten des Erblasserswiderrufen lässt, dass ein Sicherungsinventaraufgenommen wird oder sogardie Versiegelung einer Wohnung bei derGemeinde erwirkt werden kann. DieEhepartner sollten voneinander wissen,was sie besitzen und wie man darauf Zuganghat.Geld des Erblassers Alle Kontiund Depots des Verstorbenen bei einerBank werden beim Bekanntwerden desTodesfalls vorübergehend blockiert, zumindestso lange, bis feststeht, wer neuüber die Vermögenswerte verfügt. Dasbedeutet, dass sämtliche Kontoaktivitäten– Barabhebungen, Onlinebuchungen,Daueraufträge oder Lastschriftverfahren– gestoppt und sämtliche KreditundKontokarten eingezogen werden.Zugang zum Hauptkonto des Verstorbenenhaben allenfalls Erben, die beider Bank die Fortsetzung offensichtlichgrundlegender Zahlungen beantragen,welche schon bisher über die betreffendenKonti abgewickelt wurden (Zinsfür Pachtbetrieb, Monatsrechnung derLANDI etc.). Dazu ist es von Vorteil, eineErbbescheinigung vorzuweisen. Diesewird von der letzten Wohngemeindedes Erblassers ausgestellt und beglaubigt,dass die Antragssteller zwar nichtSieben goldene Regeln1. Ehepartner sollten gegenseitig überihre Geschäftsverbindungen Bescheidwissen.2. Ehepartner sollten gegenseitig wissen,was sie besitzen und wie man daraufZugang hat.3. Ehepartner sollten gegenseitig Zugriffauf Kontonummern und Passwörterhaben.4. Ehepartner sollten die Finanzierungdes gemeinsamen Haushaltstransparent regeln und aufzeichnen.5. Ehepartner sollten gegenseitig überdie Entwicklung ihrer GüterständeBescheid wissen.6. Ehepartner sollten sich gegenseitigdarüber informieren, wie sie imTodesfall ihren Nachlass geregelthaben möchten.7. Ehepartner sollten beide für denNotfall auch über ein eigenes undunabhängiges Geldkonto verfügen.definitiv, aber unter Vorbehalt erbrechtlicherKlagen als Erben anerkannt sind.Erbengemeinschaft Sind mehrereErben vorhanden, so bilden sie eine Erbengemeinschaftund werden nach demTod des Erblassers Gesamteigentümerseines Nachlasses (Art. 602 ZGB). DieErbgemeinschaft verwaltet als Interessengemeinschaftdie Rechte und Pflichtender Erbschaft gemeinsam, sie mussaber auch solidarisch für die Schuldendes Erblassers haften (Art. 603.1 ZGB).Für Kinder und Grosskinder, die mitdem Verstorbenen in gemeinsamemHaushalt gelebt haben, muss die Erbschaftweiterhin eine angemessene Entschädigungausrichten (Art. 603.2 ZGB).Die Erbengemeinschaft besteht grund-84 12 2012 · <strong>UFA</strong>-REVUE
LANDLEBENNützliche Broschüren• Die Broschüre «Hinweise für dieHinter bliebenen» unterstützt Bauern -familien bei der Erstellung von Notfall -plänen im Hinblick auf eine schwereErkrankung oder einen Todesfall.Bestelladresse: SBV Treuhand &Schätzungen, Brugg, 056 462 51 11• Die Checkliste «Partnerschaft imlandwirtschaftlichen Unternehmen»hilft bei der Klärung der gegenseitigenVerpflichtungen von Ehegatten.Bestelladresse: Agridea, Lindau, 052 354 97 00• Die Merkblattserie «Bewusst Bäuerinsein» gibt Auskunft zu allen wichtigenFragen rund um die Partnerschaft inder Landwirtschaft. Bestelladresse:Agridea, Lindau, 052 354 97 00sätzlich bis zur Teilung des Erbes. Diesolidarische Haftung für Schulden desErblassers verjährt aber erst 5 Jahre nachder Erbteilung (Art. 639 ZGB).Jeder Miterbe kann zu einem beliebigenZeitpunkt die Teilung des Nachlassesverlangen (Art. 604 ZGB). Die Erbschaftssachenwerden unter den Erbenaufgeteilt, wobei grundsätzlich so verfahrenwird, dass testamentarische odererbvertragliche Anweisungen oder diePflichtanteile der Erben (Grafik) respektiertbleiben. Differenzen, die bei derZuteilung von realen Werten zwangsläufigentstehen, sind durch Zahlungenauszugleichen.Auflösung der Ehe Die Ehe wirdnicht nur durch Scheidung, sondernauch beim Tod eines Ehepartners aufgelöst.Das Ende einer Ehe hat zwingendeine güterrechtliche Auseinandersetzungzur Folge (Art. 204 resp. 236 resp.ZGB), das heisst die Aufteilung der vorhandenenVermögenswerte unter dieEhepartner. Beim verstorbenen Ehegattenerfolgt die Zuteilung auf seinenNachlass, also zugunsten seiner Erbengemeinschaft.Die Klärung der güterrechtlichenVerhältnisse eines Erblassersoder einer Erblasserin wird also der Teilungseiner Hinterlassenschaft vorangestellt.Im Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung(ordentliche undhäufigste Regelung der Ehegüter, dieautomatisch gilt, sofern nicht aktiv einanderer Güterstand vereinbart wird)wird die Aufteilung folgendermassenvorgenommen (Grafik): Jeder nimmtsein Eigengut zurück und erhält von dengemeinsam erwirtschafteten Vermögenswerten(Errungenschaft) jeweils50% (Art. 205 ff. ZGB).Eine Besonderheit der Landwirtschaftist in diesem Zusammenhang, dass einGrafik: Wer bekommt was?Quelle: www.beobachter.chGüterrecht1 2 3 4EigengutMann †100 %ErrungenschaftMann 50 %ErrungenschaftMann 50 %50 % vom Nachlassfür die NachkommenErbrechtEigengutMann100 %ER*Mann50 %ErrungenschaftFrau 50 %ErrungenschaftFrau 50 %ER*Frau50 %50 % vom Nachlassfür die EhefrauEigengutFrau 100 %Anspruch Ehefrauaus GüterrechtNachlass*Errungenschaftminus Schulden= VorschlagGerda Klaus mit Sabrina (l.),Mathias (h.) und Raphael (r.).Es fehlt auf dem Bild Christian,der eine Lehre als Landwirt macht.«Und dann ist alles anders.»Gerda Klaus ist seit acht Jahren Witwe, so lang führtsie auch den landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchwirtschaft,einigen Mastschweinen und Hochstammobst -bäumen, den sie gemeinsam mit ihrem Mann in Zucken -riet (SG) aufgebaut hat. «Was mir Kraft gegeben hat,in dieser schweren Zeit, sind die Kinder», sagt sie. Heutesind Christian 17, Sabrina 15, Raphael 12 und Mathias10 Jahre alt.Einer der schlimmsten Momente sei die Diagnose Krebsgewesen. Ihr Mann sei jedoch immer optimistisch ge -blieben. «Aber nach und nach brauchte er Unterstützung,zuerst über den Betriebshelferdienst, dann stellten wireinen Angestellten an», fährt sie fort. Als ihr Mann starb,war der jüngste zwei Jahre alt. «Dadurch, dass wir einenAngestellten hatten, lief nach dem Tod meines Ehemannesauf dem Betrieb alles quasi normal weiter. Ich habeauch nie daran gedacht, den Betrieb aufzugeben. Heutebin ich froh darum, die Kinder sind an der Landwirtschaftinteressiert und legen kräftig mit Hand an. Zudem lerntder Älteste Landwirt.»Rechtlich gesehen entstand nach dem Tod des Ehemanneseine Erbengemeinschaft bestehend aus der Bäuerin undden vier Kindern. Die Verantwortung für den Betrieb aberhatte Gerda Klaus. Sie wollte eine klare Regelung undveranlasste die Auflösung der Erbengemeinschaft. «MeineKinder, alle noch minderjährig, wurden durch eine An-wältin vertreten, die den Besitz und ihren Erbanspruchregelte», erzählt Gerda. So sei alles transparent und imInteresse der Kinder fest gelegt worden. Von Vorteil sei es,wenn der überlebende Ehegatte belegen könne was jederin die Ehe mitgebracht habe.Als wichtig erachtet Gerda Klaus eine angemessen hoheTaggeldversicherung, so hätten Aushilfen, Betriebshelferund auch der Angestellte bezahlt werden können. Auchhätte sie für sich eine hohe Taggeldversicherung ab ge -schlossen. So lange die Kinder schulpflichtig sind, erachtesie das als notwendig. Später könnte dann die Taggeldversicherungangepasst werden, fügt die Bäuerin an. «Damalsvor acht Jahren, hätte ich, wenn ich den Be trieb aufgebenhätte, auch keine landwirtschaftlichen Kinderzulagenmehr bekommen. Ich hätte auswärts arbeiten müssen, umKinderzulagen als Arbeitnehmerin zu erhalten. Das kamfür mich mit vier Kindern zwischen 2 und 9 Jahren nicht inFrage», erklärt sie. Diese Praxis hat sich aber geändert,seit 2009 erhalten auch Nichterwerbstätige mit bescheidenemEinkommen Kinderzulagen.Elementar sei es, selber aktiv zu werden, auch wenn esviel Kraft brauche, und beispielsweise bei Ämtern wie derAHV nachzufragen. Gerda Klaus hat nämlich fünf Monateauf die Witwenrente warten müssen.Daniela Clemenz<strong>UFA</strong>-REVUE · 12 2012 85