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Ernest Mandel Zur Verteidigung der sozialistischen ... - attac Marburg

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Zweitwagen (vielleicht sogar den Erstwagen, wenn angemessene öffentliche<br />

Verkehrsmittel zur Verfügung stehen), auf das elektrische Fleischmesser zu<br />

verzichten und dafür zehn Stunden pro Woche weniger zu arbeiten, mit bedeutend<br />

weniger Streß—wenn dadurch die Befriedigung <strong>der</strong> Grundbedürfnisse<br />

nicht gefährdet wird? Wer weiß, wie die Produzenten entscheiden würden, wenn<br />

sie wirklich die freie Wahl hätten, d.h. wenn die Alternative nicht lautete:<br />

Einschränkung <strong>der</strong> Befriedigung <strong>der</strong> Grundbedürfnisse o<strong>der</strong> katastrophale<br />

Zunahme <strong>der</strong> Existenzverunsicherung?<br />

In einer Marktwirtschaft, d.h. in je<strong>der</strong> auf den Markt orientierten Wirtschaft,<br />

wie „gemischt“ sie auch immer sein mag, einschließlich <strong>der</strong> „<strong>sozialistischen</strong><br />

Marktwirtschaft“ — können die Produzenten diese Entscheidung nicht nach<br />

freiem Ermessen treffen. Sie wird hinter ihrem Rücken gefällt, entwe<strong>der</strong> weil<br />

die Unternehmer an ihrer Stelle entscheiden, o<strong>der</strong> weil es „objektive Gesetze“<br />

gibt, auf die sie keinen Einfluß haben. Doch diese Tyrannei ist keineswegs<br />

schicksalhaft. Der vermeintliche Kaiser ist tatsächlich ohne Klei<strong>der</strong>. Es gibt<br />

keinen zwingenden Grund, <strong>der</strong> die Produzenten in einer freien Gesellschaft<br />

daran hin<strong>der</strong>n könnte zu sagen: „Wir sind eine Million Menschen. Wenn wir<br />

zwanzig Stunden in <strong>der</strong> Woche arbeiten und dabei zwanzig Millionen Stunden<br />

damit zubringen, eine gegebene Ausrüstung zu gebrauchen bei einer gegebenen<br />

Arbeitsorganisation, dann sind wir in <strong>der</strong> Lage, beim jetzigen Stand und<br />

für die absehbare Zukunft die Menge X an Grundbedürfnissen zu befriedigen,<br />

nicht mehr und nicht weniger! Wir können versuchen, durch Rationalisierung<br />

unserer Technik und unserer Arbeitsorganisation diese Arbeitslast in den nächsten<br />

zwanzig Jahren auf sechzehn Stunden wöchentlich zu reduzieren. Das hat<br />

für uns absolute Priorität. Es gibt zwar noch weitere Bedürfnisse zu befriedigen,<br />

aber wir sind nicht bereit, z.Zt. fünf Stunden wöchentlich, und in zwanzig<br />

Jahren vier Stunden wöchentlich zusätzlich für die Befriedigung dieser zusätzlichen<br />

Bedürfnisse zu arbeiten. Somit legen wir heute eine gesetzliche Wochenarbeitszeit<br />

von fünfundzwanzig Stunden und eine wöchentliche Tarifarbeitszeit<br />

von zwanzig Stunden fest, die innerhalb <strong>der</strong> nächsten Jahre schrittweise<br />

eingeführt wird, auch wenn dies bedeutet, daß dann einige Bedürfnisse unberücksichtigt<br />

bleiben.“ Durch welchen Grundsatz <strong>der</strong> „Fairneß“, <strong>der</strong> „Gerechtigkeit“,<br />

<strong>der</strong> „Demokratie“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Menschlichkeit“ kann den Produzenten<br />

das souveräne Recht verwehrt werden, darüber zu befinden, wieviel Zeit und<br />

Mühe sie <strong>der</strong> Befriedigung von Konsumwünschen opfern sollen?<br />

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