Ernest Mandel Zur Verteidigung der sozialistischen ... - attac Marburg
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Vorwort <strong>der</strong> Redaktion<br />
Markt und Sozialismus: Eine Debatte um<br />
Plan und Markt<br />
Im Jahre 1985 veröffentlichte Alec Nove, Professor an <strong>der</strong> Universität Glasgow,<br />
sein Buch The Economics of Feasible Socialism („Die Wirtschaft des machbaren<br />
Sozialismus“, Allen & Unwin, London). Wie er im Vorwort selbst erklärt, ist Nove<br />
<strong>der</strong> Sohn eines nach <strong>der</strong> Revolution von <strong>der</strong> bolschewistischen Regierung inhaftierten<br />
Menschewiken und in <strong>der</strong> Emigration in einem reformistischen Milieu aufgewachsen.<br />
Während eines Vierteljahrhun<strong>der</strong>ts hat er die Probleme <strong>der</strong> Sowjetunion<br />
studiert, und sein Buch ist weitgehend das Ergebnis dieser Studien. Ein großer Teil<br />
dieses Buches analysiert eben auch die Probleme und Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>der</strong> bürokratisierten<br />
Übergangsgesellschaft <strong>der</strong> Sowjetunion, während sich ein an<strong>der</strong>er Teil mit<br />
„Reformmodellen“ befaßt, d. h. mit den Erfahrungen von Ungarn, Jugoslawien,<br />
Polen und China. Der letzte Teil skizziert die wesentlichen Züge dessen, was Nove<br />
den „realisierbaren Sozialismus“ nennt, den er sowohl dem „real existierenden Sozialismus“<br />
als auch dem von Marx konzipierten Sozialismus, den Nove für utopisch<br />
hält, gegenüberstellt. Noves Entwurf greift in <strong>der</strong> Tat im großen und ganzen die<br />
früheren Vorstellungen <strong>der</strong> sozialdemokratischen Parteien aus <strong>der</strong> Zeit auf, ehe diese<br />
jeglichen noch so geringen ernsthaften reformistischen Anspruch auf dem Altar<br />
politischer Selbstbeschränkung geopfert hatten. Wie <strong>der</strong> hier leicht gekürzt veröffentlichte<br />
Artikel beweist, verwirft Nove jede Möglichkeit des Aufbaus eines an<strong>der</strong>en<br />
Wirtschaftssystems als das <strong>der</strong> Marktwirtschaft, und er akzeptiert politisch die<br />
Wertvorstellungen und Mechanismen <strong>der</strong> bürgerlichen Demokratie.<br />
Noves Buch hat ein beachtliches Echo gefunden und zahlreiche Diskussionen ausgelöst.<br />
Die von ihm angesprochene Problematik ist kürzlich infolge des von <strong>der</strong><br />
sowjetischen Bürokratie unter Gorbatschow eingeschlagenen Reformkurses wie<strong>der</strong><br />
ins Blickfeld geraten. Wir bestreiten nicht, daß dabei echte Probleme angesprochen<br />
werden. Aber eine Klärung tut not. Man kann und man muß in <strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />
diskutieren, in welchem Maße und in welchen Formen <strong>der</strong> Markt in einer<br />
Phase des Übergangs ersetzt werden soll. Es sei daran erinnert, daß Trotzki in seiner<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Konzeption und <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong> Stalinschen Industrialisierung<br />
und Kollektivierung selbst im gegebenen Rahmen eine Ausweitung<br />
des Marktes ins Auge gefaßt hatte. Aber das hat nichts zu tun mit <strong>der</strong> Herangehensweise<br />
jener, die wie Nove über die historische Überlegenheit und Unersetzlichkeit<br />
<strong>der</strong> Marktwirtschaft theoretisieren. Nove und alle, die seine Auffassung teilen, umgehen<br />
das wesentliche Problem, nämlich die Frage welche Klasse die Macht ausübt.<br />
Wir veröffentlichen hier eine Kritik von <strong>Ernest</strong> <strong>Mandel</strong> an dem Buch von Nove. Die<br />
englische Fassung dieser Kritik war zuvor in Nr. 150 von New Left Review, London<br />
erschienen, in Nr. 161 erschien eine Antwort von Nove, und in Nr. 169 eine erneute<br />
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