Ernest Mandel Zur Verteidigung der sozialistischen ... - attac Marburg
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mehr Geld zu verdienen.... Aber wir können nicht annehmen, daß die Masse<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung nur um des Erfolgs willen handelt, und daß es keines materiellen<br />
Anreizes o<strong>der</strong> materieller Abschreckung bedarf. „ 13<br />
Mit dem ersten Teil <strong>der</strong> Argumentation stimmen wir völlig überein. Wir würden<br />
noch einschränkend hinzufügen, daß es für die meisten anspruchsvollen<br />
o<strong>der</strong> größeren Ausrüstungsgüter keine sechzehn Lieferanten geben wird. Aber<br />
<strong>der</strong> zweite Teil folgt keineswegs logisch aus dem ersten. Er stellt eine Art<br />
Zusatz o<strong>der</strong> Nachtrag dar, steht aber mit dem ersten Teil in keinem Zusammenhang<br />
und entbehrt auch <strong>der</strong> Begründung. Nove tut so, als könnten Menschen<br />
entwe<strong>der</strong> nur völlig uneigennützig handeln o<strong>der</strong> infolge eines finanziellen<br />
Anreizes. Diese Wahlmöglichkeit ist jedoch nicht erschöpfend. Warum soll es<br />
nicht Anreize o<strong>der</strong> Abschreckungen geben, die nicht auf Geld beruhen und<br />
keinen Marktcharakter tragen? Die alltägliche Erfahrung lehrt uns, daß diese<br />
sogar im Kapitalismus Bedeutung haben. Wenn über 99% <strong>der</strong> Autofahrer die<br />
Verkehrsampeln beachten, so doch nicht in erster Linie deshalb, weil sie <strong>der</strong><br />
Geldstrafe entgehen wollen, die bei Übertretung dieses Gebots droht, son<strong>der</strong>n<br />
weil sie länger leben wollen. Dieser gesunde Selbsterhaltungstrieb ist durchaus<br />
verwandt mit einem an<strong>der</strong>en menschlichen Impuls: dem Wunsch, unangenehme,<br />
mechanische, langweilige und unschöpferische Arbeit zu reduzieren, -<br />
Arbeit, die nur vollbracht wird, um Verbrauchsgüter und Dienstleistungen zu<br />
beschaffen und die verlorene Lebenszeit bedeutet. Es gibt immer einen potentiellen<br />
Anreiz, die Arbeitsbelastung zu verringern, indem man die Arbeit besser<br />
organisiert - das ist ein sehr mächtiger Anreiz. Vor allem aber und darüberhinaus<br />
scheint Nove vergessen zu haben, daß auch eine „gesellschaftliche Dividende“<br />
einen Anreiz darstellen kann. Warum sollte eine zusätzliche Menge<br />
an kostenlos zugeteilten Gütern und Dienstleistungen nicht an die jährliche<br />
wirtschaftliche Gesamtleistung geknüpft werden und dies durch eine öffentliche<br />
Debatte und Telekommunikation publik gemacht werden? Wäre es nicht<br />
für alle Produzenten und Distributoren von Gütern ein Anreiz, die Quantität<br />
zu steigern, die Qualität <strong>der</strong> Leistungen zu verbessern und ihre Arbeitsorganisation<br />
zu rationalisieren, wenn eine bestimmte Steigerung des Güterausstoßes<br />
und <strong>der</strong> Dienstleistungen, die tatsächlich produziert und verbraucht werden,<br />
z.B. verbunden würde mit einer zusätzlichen Verlängerung des bezahlten Urlaubs<br />
und kostenloser Reisen für alle (wenn dies von <strong>der</strong> Mehrheit gewünscht<br />
wird)? Nachdem Nove auf diese Weise einen künstlichen Gegensatz zwischen<br />
subjektiven Motivationen geschaffen hat, <strong>der</strong> ihn zwingt, den finanziellen Anreiz<br />
zu verteidigen, läßt er die objektiv irrationalen Folgen außer acht, die sich<br />
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