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„Bild“ und Wulff – Ziemlich beste Partner - Otto Brenner Stiftung

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wollen. Der Name <strong>Wulff</strong> kann hier durch jeden<br />

anderen prominenten Namen ersetzt<br />

werden. „Sensationell“ <strong>und</strong> zugleich „positiv“<br />

zu berichten ist, zumal bezogen auf einen<br />

Politiker, eine echte Herausforderung.<br />

Was ist noch positiv, aber schon sensationell?<br />

Dieser Balanceakt kann nur im Zusammenspiel<br />

beherrscht werden. Es müssen<br />

kontinuierliche <strong>und</strong> enge Abstimmungsprozesse,<br />

regelmäßige Deals stattfinden, die<br />

einer Vertrauensbasis bedürfen. Man muss<br />

sich aufeinander verlassen können. Das<br />

können nur ziemlich <strong>beste</strong> <strong>Partner</strong>. Dass<br />

diese über Jahre hinweg für beide Seiten<br />

erfolgreich abgewickelten Deals irgendetwas<br />

mit Pressefreiheit zu tun haben könnten,<br />

auf die Idee kann nur jemand kommen,<br />

der von außen beobachtet <strong>und</strong> diesen <strong>–</strong> im<br />

vorliegenden Fall völlig unangemessenen <strong>–</strong><br />

Maßstab anlegt. <strong>Wulff</strong>s Anruf auf Diekmanns<br />

Mailbox war die logische Fortsetzung<br />

der ziemlich <strong>beste</strong>n <strong>Partner</strong>schaft,<br />

allerdings unter veränderten Vorzeichen.<br />

Da hat in Wirklichkeit nicht der B<strong>und</strong>espräsident<br />

angerufen, sondern ein alter Geschäftspartner<br />

von <strong>„Bild“</strong>, der sich darüber<br />

beschwert, dass über Nacht die gemeinsamen<br />

Geschäftsbedingungen einseitig aufgekündigt<br />

werden.<br />

Investigativer Journalismus, also eine journalistische<br />

Arbeit, die sich ihrem Thema ausforschend<br />

<strong>und</strong> enthüllend widmet, <strong>und</strong> aufsehenerregende<br />

Fanpost, wie sie <strong>„Bild“</strong> über <strong>Wulff</strong><br />

jahrelang produziert <strong>und</strong> publiziert hat, weisen<br />

eine aufschlussreiche Parallele auf: Sie wollen<br />

ganz nah ran, sie wollen es genau <strong>und</strong> in allen<br />

Details wissen. Das macht sie beide für Prominente<br />

irgendwie unangenehm, aber es handelt<br />

sich um Unannehmlichkeiten ganz verschiedener<br />

Art. Investigative Journalisten versuchen<br />

die Schutz- <strong>und</strong> Sicherheitsvorkehrungen zu<br />

durchbrechen, die bestimmte Sachverhalte der<br />

öffentlichen Beobachtung entziehen. Sensationshungrige<br />

Fans auch. Der Journalist/die<br />

Journalistin allerdings zielt erstens auf gesellschaftlich<br />

relevante Sachverhalte <strong>und</strong> nimmt<br />

zweitens billigend in Kauf, dass deren Bekanntwerden<br />

dem Prominenten schaden; dabei<br />

ist das Recherche- <strong>und</strong> Veröffentlichungsmotiv<br />

nicht, einer Persönlichkeit zu schaden <strong>–</strong> das<br />

Motiv der Informanten allerdings sehr wohl <strong>–</strong>,<br />

sondern, einen gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich,<br />

ges<strong>und</strong>heitlich etc. wichtigen Tatbestand<br />

aufzudecken. Der Fan interessiert sich<br />

erstens für persönliche Details, von denen er<br />

zweitens am liebsten solche bekanntgibt, die<br />

seinem Idol nützen, jedenfalls möglichst nicht<br />

schaden. Im Fall <strong>Wulff</strong> hat <strong>„Bild“</strong> sich jahrelang<br />

wie ein Fan verhalten, der sein Idol bejubelt.<br />

An einem bestimmten Punkt hat <strong>„Bild“</strong> die Rolle<br />

des Fans aufgegeben <strong>und</strong> sich zur Publikation<br />

von persönlichen Details entschlossen, die<br />

<strong>Wulff</strong> beschädigen; deren gesellschaftliche Relevanz<br />

lassen wir im Moment dahingestellt.<br />

Dass es am Ende ein Totalschaden wurde, hat<br />

<strong>Wulff</strong> durch sein „Krisenmanagement“ mit verursacht.<br />

<strong>Wulff</strong>s desaströser Umgang mit der Krisensituation<br />

lässt sich daraus erklären, dass er,<br />

geprägt von den <strong>„Bild“</strong>-Kontakten, die Beziehung<br />

zu den Massenmedien nur als ein Spiel<br />

JUBEL, WIRBEL, ZAPFENSTREICH<br />

Erfolgreich<br />

abgewickelte Deals <strong>–</strong><br />

über viele Jahre<br />

hinweg<br />

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