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„Bild“ und Wulff – Ziemlich beste Partner - Otto Brenner Stiftung

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„BILD“ UND WULFF <strong>–</strong> ZIEMLICH BESTE PARTNER<br />

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Sigmar Gabriel <strong>und</strong> alle anderen politischen<br />

Personen, geht es um Ämter <strong>und</strong> Interessen, um<br />

Karrieren <strong>und</strong> Wahlchancen, um die Verwirklichung<br />

von politischen Konzepten <strong>und</strong> Zielen,<br />

um ihre künftigen Arbeits- <strong>und</strong> Lebensmöglichkeiten.<br />

Für <strong>„Bild“</strong> kommt es dagegen „nur“ darauf<br />

an, sich selbst <strong>und</strong> das Ereignis in den Augen<br />

ihres Publikums attraktiver zu gestalten.<br />

Dabei ist <strong>„Bild“</strong> an nichts geb<strong>und</strong>en; deshalb<br />

kann sie von heute auf morgen im Zweifel für<br />

oder gegen dieselbe Sache sein. Sie muss nur<br />

darauf achten, allzu abrupte Übergänge ein<br />

bisschen geschmeidiger zu gestalten. Am <strong>beste</strong>n<br />

ist es, wenn groß was los <strong>und</strong> <strong>„Bild“</strong> mittendrin<br />

ist.<br />

Natürlich kann man diesen Gedanken weiterschreiben:<br />

Der publizistische <strong>und</strong> ökonomische<br />

Erfolg von <strong>„Bild“</strong> hat Konsequenzen für<br />

die künftigen Arbeits- <strong>und</strong> Lebensmöglichkeiten<br />

der <strong>„Bild“</strong>-Macher. Aber dafür ist eben der<br />

Ausgang des Ereignisses, der Verlauf der Sache<br />

selbst, welcher für die anderen Beteiligten<br />

so große Bedeutung hat, für <strong>„Bild“</strong> nebensächlich.<br />

<strong>„Bild“</strong> lebt von der Aufregung um <strong>und</strong> der<br />

Aufmerksamkeit für das Ereignis. Wenn die<br />

Aufmerksamkeit groß genug <strong>und</strong> <strong>„Bild“</strong> auf der<br />

Bühne gut genug war, dann gibt es für <strong>„Bild“</strong><br />

immer ein Happy End, die Sache selbst kann<br />

ausgehen, wie sie will. Das erscheint zynisch<br />

<strong>und</strong> ist auch zynisch, wenn es wie im Fall <strong>„Bild“</strong><br />

mit radikaler Konsequenz <strong>und</strong> Rücksichtslosigkeit<br />

praktiziert wird.<br />

Die Parallele liegt auf der Hand: Alle Massenmedien<br />

sind notwendigerweise den Themen<br />

gegenüber weitgehend gleichgültig, über die<br />

sie berichten; ob sie nun journalistisch, also<br />

möglichst sachgerecht <strong>und</strong> differenziert, informieren<br />

oder ob sie „medialistisch“ nur möglichst<br />

große Aufmerksamkeit wecken wollen.<br />

Das Ereignis ist in beiden Fällen nur ein Thema,<br />

über das berichtet wird, ohne dass die Berichterstatter<br />

darin involviert wären; für journalistische<br />

Medien ist diese Distanz, diese ‚gewisse<br />

Gleichgültigkeit‘ gegenüber dem Thema geradezu<br />

die Voraussetzung, um eben journalistisch,<br />

also sachlich <strong>und</strong> kritisch-distanziert<br />

analysierend berichten zu können. Bei <strong>„Bild“</strong><br />

geht es jedoch um eine gr<strong>und</strong>sätzlich andere<br />

Form der Distanz <strong>und</strong> Gleichgültigkeit, die<br />

strikt zu unterscheiden ist von der eben erwähnten.<br />

Wieder ist die Sachlage kompliziert:<br />

Einerseits sind die einzelnen Themen <strong>und</strong> Ereignisse<br />

für <strong>„Bild“</strong> gleichgültiger als für journalistische<br />

Medien, denn wenn etwas wichtig<br />

ist, wenn es politisch-gesellschaftliche Relevanz<br />

besitzt, muss ein Journalist es aufgreifen,<br />

ein <strong>„Bild“</strong>-Mitarbeiter nicht, denn er hat andere<br />

Kriterien. Andererseits gibt <strong>„Bild“</strong> in der Regel<br />

jede Distanz auf, sobald sie ein Thema als<br />

ihres ausgewählt hat. Sie stürzt sich geradezu<br />

darauf, saugt es buchstäblich aus, konstruiert,<br />

inszeniert <strong>und</strong> verformt es so, dass sich mit ihm<br />

möglichst viel Aufsehen <strong>und</strong> Aufmerksamkeit<br />

erzeugen lässt. Ist das gewählte Thema ausgesaugt,<br />

funktioniert es auf dem Markt der Aufmerksamkeitsökonomie<br />

nicht mehr, dann wird<br />

dieses Thema <strong>–</strong> ob der Aufstieg oder Fall eines<br />

Politikers, ein Bombenanschlag, ein Krieg, ein<br />

sterbender Eisbär oder ein dopender Radfahrer<br />

<strong>–</strong> von einer St<strong>und</strong>e zur nächsten weggeworfen<br />

<strong>und</strong> ein neues Thema genommen.

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