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„Bild“ und Wulff – Ziemlich beste Partner - Otto Brenner Stiftung

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„BILD“ UND WULFF <strong>–</strong> ZIEMLICH BESTE PARTNER<br />

50<br />

ihr Handwerk, ob das des Journalisten oder<br />

das des Politikers, ausführen. Weil <strong>„Bild“</strong> zu<br />

seinem Vorteil diese asymmetrische Gefechtslage<br />

geschaffen hat, deshalb ist <strong>„Bild“</strong><br />

allen in diesem Spiel überlegen, ob <strong>Wulff</strong><br />

oder den journalistischen Medien. <strong>„Bild“</strong><br />

kann alle verwirren <strong>und</strong> durcheinanderbringen:<br />

Christian <strong>Wulff</strong>, der auf einmal feststellen<br />

musste, dass ein bisher treuer Geschäftspartner<br />

zum Journalisten geworden war <strong>und</strong><br />

gegen ihn arbeitete, ohne vorher korrekt <strong>und</strong><br />

vorab die Geschäftsbeziehung aufgekündigt<br />

zu haben. Die journalistischen Medien, die<br />

auf einmal zähneknirschend oder auch nicht<br />

feststellen mussten, dass die von <strong>„Bild“</strong> ja<br />

nicht schlechten, sondern guten investigativen<br />

Journalismus machen.<br />

Die journalistischen Medien, die deshalb<br />

<strong>„Bild“</strong> (erneut) als eine der Ihren akzeptieren<br />

<strong>und</strong> angesichts dessen ihre analytischen Fähigkeiten<br />

zeitweise niederlegen <strong>und</strong> in dem<br />

hilflosen Mailboxanruf des B<strong>und</strong>espräsidenten<br />

(mit anschließender Entschuldigung <strong>und</strong><br />

Annahme der Entschuldigung durch den angerufenen<br />

Chefredakteur) einen Angriff auf die<br />

Unabhängigkeit eines Presseorgans <strong>und</strong> die<br />

Pressefreiheit im Ganzen ansehen <strong>und</strong> sich<br />

wie ein Schutzwall vor <strong>„Bild“</strong> stellen. Die<br />

journalistischen Medien, für die Kai Diekmann<br />

auf einmal zum Lieferanten <strong>beste</strong>r exklusiver<br />

Informationen über den B<strong>und</strong>espräsidenten<br />

wird, worüber sie so dankbar sind,<br />

dass ihnen entgeht, wessen Geschäfte sie mit<br />

dieser Berichterstattung nun dienen <strong>und</strong> betreiben.<br />

Die Politiker, die auf einmal feststellen<br />

müssen, dass sie zwar in <strong>„Bild“</strong> in der An-<br />

gelegenheit <strong>Wulff</strong> ständig zu Wort kommen,<br />

dass aber dieses Medium zeitgleich zu seiner<br />

halbwegs sachlichen Berichterstattung ihren<br />

Politiker-Kollegen Christian <strong>Wulff</strong> via instrumentalisierter<br />

Mailbox-Berichterstattung von<br />

den journalistischen Medien bis zur Erschöpfung<br />

über das Spielfeld jagen lässt. Ende des<br />

Zwischenspiels.<br />

Für <strong>„Bild“</strong> kommt es nur darauf an, dass<br />

sich das Ereignis zu einem interessanten <strong>und</strong><br />

spannenden Stück für ihr Publikum entwickelt.<br />

Und an diesem Punkt wird es etwas schwierig<br />

für die <strong>„Bild“</strong>-Medienarbeiter. Wie schafft man<br />

es, mitwirkender Akteur in einem möglichst<br />

spannenden Spiel zu sein, wenn einem selbst<br />

der Ausgang des Spiels eigentlich gar nicht<br />

wichtig ist? Zu einem spannenden Stück gehört,<br />

dass sich die Mitspieler engagieren. Eine<br />

gewisse Ernsthaftigkeit muss gegeben sein.<br />

Für alle anderen Beteiligten, für die die <strong>Wulff</strong>-<br />

Affäre eben kein Spiel, sondern bitterer Ernst<br />

ist, versteht sich dieses Engagement von<br />

selbst. Und <strong>„Bild“</strong> muss eben so tun, als vertrete<br />

sie ein echtes Anliegen, als nähme sie das<br />

alles ernst. Deshalb entsteht der Eindruck,<br />

auch <strong>„Bild“</strong> sei in der Sache selbst engagiert.<br />

Und weil das so ist, entsteht folgender Effekt:<br />

Die anderen Beteiligten beobachten <strong>„Bild“</strong>, sehen,<br />

auf wessen Seite sie eingreift <strong>und</strong> mitmischt<br />

<strong>–</strong> <strong>und</strong> beschweren sich über oder bedanken<br />

sich bei <strong>„Bild“</strong>. Weil sie die <strong>„Bild“</strong>-Einmischung<br />

ernst nehmen müssen, sorgen die anderen<br />

Beteiligten mit ihrer Reaktion dafür, dass<br />

diese Einmischung als ernst gemeint erscheint

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