„Bild“ und Wulff – Ziemlich beste Partner - Otto Brenner Stiftung
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Bild, 15. Februar 2012<br />
„Die Mehrheit der Deutschen fordert<br />
inzwischen den Rücktritt von Christian<br />
<strong>Wulff</strong>“.<br />
Das hervorstechende Beziehungsmerkmal der<br />
<strong>Wulff</strong>-Affäre, das uns bei <strong>„Bild“</strong> sonst weniger<br />
bis überhaupt nicht begegnet, bilden die intensiven<br />
<strong>und</strong> häufigen Kontakte zwischen<br />
<strong>„Bild“</strong> <strong>und</strong> anderen Medien. Dass <strong>„Bild“</strong> in die<br />
Reihen der sogenannten Qualitätsmedien aufgenommen<br />
ist, wurde zu keinem vorherigen<br />
Zeitpunkt so augenfällig demonstriert, insbesondere<br />
für das Fernsehpublikum. In einer<br />
großen Zahl der r<strong>und</strong> 30 Talkshows zum Thema<br />
saßen Nikolaus Blome, Mitglied der <strong>„Bild“</strong>-<br />
Chefredaktion, sowie Chefredakteure von<br />
„Spiegel“, „Stern“ etc. <strong>und</strong> verteidigten<br />
Schulter an Schulter die Pressefreiheit. Wie<br />
sehr die Qualitätsmedien in der <strong>Wulff</strong>-Affäre<br />
von <strong>„Bild“</strong> <strong>–</strong> faktisch, bestimmt nicht in jedem<br />
Fall bewusst <strong>und</strong> gezielt <strong>–</strong> instrumentalisiert<br />
wurden <strong>und</strong> wie eifrig diese mitgemacht haben,<br />
wäre eine eigene Untersuchung wert.<br />
Im Frage-Antwort-Spiel des <strong>„Bild“</strong>-Pressesprechers,<br />
das die „taz“ publizierte, ist zu lesen:<br />
„Bild: Warum schicken Sie immer Nikolaus<br />
Blome in TV-Talkshows <strong>und</strong> nie den Chefredakteur<br />
selbst? Weil Nikolaus Blome einfach<br />
besser aussieht.“ „taz“-Redakteur Felix<br />
Dachsel analysiert unseres Erachtens sehr zutreffend:<br />
„Das gehört zur Strategie des Springer<br />
Verlags: Die Mailbox-Affäre <strong>und</strong> die eigene<br />
Rolle zu ironisieren. Ironie als Verteidigung.<br />
Nicht erst seit sich Kai Diekmann 2009<br />
DER GUTE UND BÖSE WULFF ALS BUNDESPRÄSIDENT <strong>–</strong> „BILD“-KOSTPROBEN<br />
auf seinem Blog selbst veräppelte, hat das Tradition<br />
bei Bild“ („taz“, 25. Januar 2012).<br />
4.5.2 <strong>„Bild“</strong> <strong>–</strong> Sie will ja nur (mit)spielen<br />
<strong>„Bild“</strong> begnügt sich in vielen Fällen nicht mit<br />
der Rolle des Beobachters, Berichterstatters<br />
<strong>und</strong> Kommentators, auf die sich journalistische<br />
Medien konzentrieren <strong>und</strong> mit der sie sich begnügen<br />
<strong>und</strong> zu begnügen haben. <strong>„Bild“</strong> will<br />
selbst auf die Bühne. Sie macht sich eine bestimmte<br />
Position zu eigen, vertritt sie offensiv<br />
<strong>und</strong> richtet ihre Veröffentlichungen daran aus;<br />
sie mischt sich ein, will selbst ein (politischer)<br />
Akteur sein. Sie wertet auf, was für ihre Position<br />
spricht, <strong>und</strong> wertet ab oder ignoriert, was<br />
dagegensprechen könnte. Das ist für <strong>„Bild“</strong><br />
normal.<br />
In der <strong>Wulff</strong>-Affäre wird <strong>„Bild“</strong> vom B<strong>und</strong>espräsidenten<br />
höchstpersönlich eingeladen mitzuspielen.<br />
Aber: <strong>„Bild“</strong> ist kein Akteur wie andere,<br />
beispielsweise wie Politiker, Parteien oder Unternehmensverbände,<br />
Regierungsmitglieder<br />
oder B<strong>und</strong>espräsidenten. Wodurch unterscheidet<br />
sich der Akteur <strong>„Bild“</strong> von anderen direkt<br />
Beteiligten? Wie lässt sich die Rolle genauer<br />
fassen, die <strong>„Bild“</strong> einnimmt? <strong>„Bild“</strong> spielt <strong>–</strong> im<br />
Wortsinn <strong>–</strong> mit. Wo es für andere um vieles,<br />
manchmal um alles geht, mischt <strong>„Bild“</strong> mit: Mal<br />
sehen, was dabei herauskommt. Herauskommen<br />
muss für <strong>„Bild“</strong> mehr Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
zumindest kein Gesichtsverlust. Wie die Sache<br />
selbst ausgeht, ist für das Massenmedium nicht<br />
so wichtig. Für alle anderen direkt Beteiligten,<br />
für <strong>Wulff</strong> <strong>und</strong> seine Frau, für Angela Merkel,<br />
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