„Bild“ und Wulff – Ziemlich beste Partner - Otto Brenner Stiftung

„BILD“ UND WULFF – ZIEMLICH BESTE PARTNER
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despräsidenten anzurufen, dieser jedoch keine
Zeit, Wichtigeres zu tun hat. Hier ruft der
Bundespräsident einen Chefredakteur an, der
gerade keine Zeit hat, der sich – so zumindest
der öffentlich erweckte Eindruck – auch nicht
bemüßigt fühlt zurückzurufen. Später nimmt er
gnädig den Entschuldigungsanruf des Bundespräsidenten
entgegen und tut dabei so, als sei
die Sache erledigt. In die „Bild“-Geschichtsschreibung
geht der 12. Dezember 2011 so ein:
„Der Bundespräsident droht mit einer Strafanzeige
gegen den verantwortlichen Redakteur.
Unbeeindruckt von dieser Drohung veröffentlicht
BILD am nächsten Tag die erste Geschichte
über die Kredit-Affäre des Bundespräsidenten“
(13. Januar 2012). Das ist die heroische Version,
wie sie von vielen anderen Redaktionen
übernommen wird. „Bild“ selbst operiert flexibler.
Teil ihres Spiels ist ein – je nach Bedarf
– heroischer oder ironischer Umgang. Das zeigt
sich gerade in Situationen, in denen es für
„Bild“ unausweichlich geworden ist, ihre aktive
Rolle zu thematisieren und in „in eigener
Sache“ das Wort zu ergreifen.
Bild, 6. Januar 2012
„BILD übermittelt Wulff Wortlaut
der Mailbox-Nachricht
In eigener Sache
Aufgrund zahlreicher Forderungen, den
Wortlaut der Mailboxnachricht des Bundespräsidenten
Christian Wulff zu veröffentlichen,
bekräftigt die BILD-Chefredaktion
ihre Entscheidung, eine Veröffentlichung
nicht gegen den Willen des Bundespräsidenten
vorzunehmen. Heute hat die Chefre-
daktion dem Bundespräsidenten eine Abschrift
des Wortlauts seines Anrufes zur
Verfügung gestellt, damit er sich bei Aussagen
darüber nicht nur auf seine Erinnerung
stützen muss.“
4.6 Jagdszenen nach dem Rücktritt
Nach dem Rücktritt Christian Wulffs als Bundespräsident
macht „Bild“ voll auf Volkszorn,
wechselt auf der Vorderbühne vom Wirbel- in
den Jagd-Modus und tritt Wulff bei jeder sich
bietenden Gelegenheit auf die Füße. Dabei legt
„Bild“ ein schwarz-weißes Raster über das Ehepaar
Wulff. Christian Wulff wird attackiert und
verspottet, Bettina Wulff wird bejubelt. Von der
journalistisch anmutenden Distanz der Wirbel-
Phase ist nichts übrig geblieben. Im Zusammenhang
mit Ehrensold und Zapfenstreich wird
alles gegen Wulff verwendet, was sich anbietet;
nur Kolumnist Franz Josef Wagner hat noch
ein gutes Wort für ihn übrig:
Bild, 7. März 2012
„… Das Lied, das er sich wünschte, heißt
‚Over the Rainbow‘. Das Lied erzählt, dass
es ein Paradies gibt, jenseits des Regenbogens
… Ich hoffe, lieber Christian Wulff,
dass Sie hinter dem Regenbogen glücklich
werden. Herzlichst, F. J. Wagner“
Die Kommentare der Redaktion hingegen haben
von Vernunft auf Niedermachen umgeschaltet.
„Un-Ehrensold“ und „Narrenstreich“
sind sie überschrieben: