„Bild“ und Wulff – Ziemlich beste Partner - Otto Brenner Stiftung
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les, um diese ‚Verfehlungen‘ gegen das herkömmliche<br />
journalistische Handwerk zu ‚überspielen‘,<br />
zu verharmlosen <strong>und</strong> zu verheimlichen.<br />
Sie wagen es also nicht, diese Grenzen<br />
so konsequent <strong>und</strong> rücksichtslos zu überschreiten<br />
wie die <strong>„Bild“</strong>-Medienarbeiter. Weil alle<br />
anderen sich heimlich <strong>und</strong> halbherzig auf den<br />
Weg dorthin machen, wo <strong>„Bild“</strong> sich schon befindet,<br />
deshalb wirkt <strong>„Bild“</strong> oft als Antreiber<br />
<strong>und</strong> die anderen als Getriebene. Weil die anderen<br />
teils versteckt, teils leicht erkennbar <strong>„Bild“</strong><br />
nacheifern, können die <strong>„Bild“</strong>-Macher daraus<br />
Bestätigung, Selbstbewusstsein, ja Überlegenheitsgefühle<br />
beziehen <strong>–</strong> was sie in ihren öffentlichen<br />
Auftritten als Repräsentanten des Blattes<br />
inzwischen auch zur Schau tragen.<br />
In der <strong>Wulff</strong>-Affäre wird die zunehmende<br />
Ablösung des Typs Journalismus durch aufmerksamkeitsheischende<br />
Massenkommunikation<br />
plus Eigenwerbung sehr deutlich. Die Massenmedien<br />
füttern sich gegenseitig. Jedes berichtet,<br />
was ein anderes gerade „enthüllt“ hat. Weil<br />
jedes einmal etwas haben will, was alle anderen<br />
noch nicht haben, wird ein geschenktes<br />
Bobby-Car zum bekanntesten Spielzeug des<br />
Jahres. Und abschließend feiern sich die Medien<br />
gemeinsam als Helden der Demokratie.<br />
3.7 Selbstverständnis des Journalismus<br />
Der Journalismus hat im Prinzip Probleme mit<br />
Werbung, Unterhaltung <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Dass „sein“ Produkt, die Zeitung oder die<br />
Sendung, der Werbung Raum geben muss, um<br />
die Finanzierung sicherzustellen, stört ihn. Er<br />
bekämpft dieses Störgefühl, indem er auf strik-<br />
te Trennung achtet: Er veröffentlicht die aktuellen<br />
Informationen, während der Verlag oder<br />
der Sender sich dafür bezahlen lässt, die Werbung<br />
anderer Leute zu publizieren. Zwischen<br />
der Anzeigenabteilung <strong>und</strong> der Redaktion gibt<br />
es eine Firewall; so wenigstens Anspruch <strong>und</strong><br />
Lehre. Der Journalismus empfindet es als Zumutung,<br />
wenn von ihm verlangt wird, für den<br />
eigenen Sender oder das eigene Unternehmen<br />
Werbung zu machen; für die persönliche eigene<br />
Arbeit, das gute Interview, die Enthüllung,<br />
die analytische Serie: das ja <strong>–</strong> aber mehr nicht.<br />
In der heutigen, privatwirtschaftlich geprägten<br />
Lebensphase der Massenmedien hat dieser Purismus<br />
nicht mehr viele Chancen, gleichwohl<br />
bestimmt er unverändert in weiten Teilen<br />
Selbstdarstellung, Selbstverständnis <strong>und</strong> <strong>–</strong> soweit<br />
es noch geht <strong>–</strong> das Tun des Journalismus.<br />
Dass „sein“ Produkt, die Zeitung, die Sendung<br />
etc., der Unterhaltung Raum geben muss,<br />
dass er statt Information Infotainment machen<br />
soll, passt dem Journalismus überhaupt nicht.<br />
Allerdings stellen die Verweise auf Auflage <strong>und</strong><br />
Quote keinen stummen, sondern einen lautstarken<br />
Zwang der Verhältnisse dar. Massenmedialer<br />
Erfolg ist ein schwer schlagbares Argument.<br />
Zum Hit, Bestseller, Blockbuster<br />
bringt man es erfahrungsgemäß nicht mit Journalismus,<br />
jedenfalls nicht mit Journalismus allein.<br />
Dass er „sein“ Produkt von der Öffentlichkeitsarbeit<br />
der Akteure beeinflussen lassen<br />
soll, über die er kritisch <strong>und</strong> unabhängig berichten<br />
will, macht dem Journalismus ein<br />
schlechtes Gewissen. Von den PR-Fuzzis <strong>und</strong><br />
Marketing-Mädchen lässt sich doch ein gestan-<br />
JUBEL, WIRBEL, ZAPFENSTREICH<br />
Die Massenmedien<br />
füttern<br />
sich gegenseitig<br />
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