„Bild“ und Wulff – Ziemlich beste Partner - Otto Brenner Stiftung
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„BILD“ UND WULFF <strong>–</strong> ZIEMLICH BESTE PARTNER<br />
Unabhängige<br />
Trutzburg der<br />
Pressefreiheit<br />
20<br />
keit; die mögliche Wirkung von Medien auf ihr<br />
jeweiliges Publikum ist mit dem Grad an Glaubwürdigkeit<br />
eng verb<strong>und</strong>en.<br />
In unserem Zusammenhang ist der folgende<br />
Gesichtspunkt besonders relevant: Massenmediale<br />
Akteure, also beispielsweise Zeitungsverlage<br />
<strong>und</strong> Sendeanstalten, sind Multifunktionäre<br />
der Öffentlichkeit. Sie verbreiten<br />
nicht nur journalistische Inhalte. Sie verbreiten<br />
gleichermaßen auch unterhaltende <strong>und</strong><br />
werbliche Mitteilungen. Verlage <strong>und</strong> Sender<br />
machen zudem auch Öffentlichkeitsarbeit, das<br />
heißt, sie veröffentlichen in eigenem Interesse<br />
<strong>und</strong> versuchen zu beeinflussen, wie sie von anderen<br />
Akteuren öffentlich wahrgenommen <strong>und</strong><br />
dargestellt werden. Festzustellen ist die <strong>–</strong> ökonomisch<br />
forcierte <strong>–</strong> Tendenz, diese Gesamtleistung,<br />
also alle Veröffentlichungen eines Medienhauses,<br />
einem einheitlichen Management zu<br />
unterwerfen. Die innere Organisation der Medienhäuser<br />
<strong>und</strong> die besondere Organisation<br />
der Redaktionen <strong>–</strong> Stichwort Zentralisierung<br />
via Newsdesk <strong>–</strong> hat sich dadurch gr<strong>und</strong>legend<br />
verändert. Diese Entwicklung verläuft branchenweit.<br />
Die Unterschiede <strong>und</strong> Veränderungen<br />
lassen sich anhand zweier Gr<strong>und</strong>fragen<br />
beschreiben: Wie konsequent wird in einem<br />
Medienunternehmen eine solche kommunikative<br />
Gesamtregie durchgesetzt? Wie viel Journalismus<br />
kann sich bei diesen Veränderungen<br />
als eigenständige Arbeitsweise überhaupt<br />
noch erhalten oder eventuell sogar neu etablieren?<br />
<strong>„Bild“</strong> hat <strong>–</strong> je nach Perspektive <strong>–</strong> den Vorteil<br />
oder den Nachteil, seit jeher die Arbeit der<br />
Redaktion an der unternehmerischen Gesamt-<br />
strategie auszurichten. Man darf es sich, was<br />
die <strong>„Bild“</strong>-Redaktion unter Kai Diekmann betrifft,<br />
nicht als Übergriff des Axel Springer Verlages<br />
auf <strong>„Bild“</strong> vorstellen. Es gehört vielmehr<br />
zum <strong>„Bild“</strong>-Redaktionskonzept, nicht journalistisch,<br />
sondern unternehmerisch zu entscheiden.<br />
Die journalistischen Elemente, ohne die<br />
auch die <strong>„Bild“</strong>-Zeitung nicht auskommt, bilden<br />
ein Instrument, das dem Management <strong>und</strong> damit<br />
dem Verkaufserfolg zu dienen hat <strong>und</strong> nur<br />
diesem.<br />
In der Tradition des Selbstverständnisses<br />
journalistischer Arbeit liegt es, alles fein säuberlich<br />
auseinanderzuhalten <strong>und</strong> sich mit<br />
nichts zu beschäftigen, was außerhalb der journalistischen<br />
Aufgabe liegt. Jede Redaktion bekommt<br />
jedoch zu spüren, dass sie Teil einer<br />
Organisation ist, die ihre Existenz behaupten<br />
muss, in der Regel wirtschaftlich, im Fall des<br />
öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funks vor allem politisch.<br />
Das journalistische Selbstverständnis<br />
will davon möglichst wenig wissen. Es sieht in<br />
der Redaktion eine unabhängige Trutzburg der<br />
Pressefreiheit, die es gegen jedes Ansinnen<br />
des Vertriebs, des Marketings, der Technik, der<br />
Anzeigen- <strong>und</strong> Werbeabteilung, des Controllings<br />
etc. zu verteidigen gilt. Und diese redaktionelle<br />
Aufgabe ist: das Publikum über Neues<br />
<strong>und</strong> Wichtiges „unabhängig“ zu informieren<br />
<strong>und</strong> zu orientieren. Das <strong>„Bild“</strong>-Konzept <strong>beste</strong>ht<br />
darin, diese Grenzen zwischen Journalismus,<br />
Unterhaltung, Werbung <strong>und</strong> eigener Öffentlichkeitsarbeit<br />
buchstäblich zu ignorieren sowie<br />
offensiv <strong>und</strong> permanent zu verletzen. Alle großen<br />
Verlage <strong>und</strong> Sender machen dies in ihrem<br />
Alltag bisher nur ein bisschen, tun jedoch vie-