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„Bild“ und Wulff – Ziemlich beste Partner - Otto Brenner Stiftung

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Diese prinzipielle „Gleichgültigkeit“ <strong>beste</strong>ht<br />

auch dann weiter, wenn <strong>und</strong> obwohl<br />

<strong>„Bild“</strong> sich zum Beteiligten des Ereignisses<br />

macht, wenn das Ereignis für <strong>„Bild“</strong> also nicht<br />

nur ein Thema, sondern ein eigener Fall ist, ein<br />

Ereignis, in das sie sich <strong>–</strong> bewusst <strong>und</strong> gezielt <strong>–</strong><br />

selbst verstrickt.<br />

Zwischenspiel. Was passiert nun, wenn <strong>„Bild“</strong><br />

als Akteur auf das Spielfeld tritt, auf dem sich<br />

die anderen Akteure wie <strong>Wulff</strong>, Merkel <strong>und</strong><br />

Gabriel bereits befinden <strong>–</strong> <strong>und</strong> r<strong>und</strong>um lagern<br />

die journalistischen Medien, um das Spiel zu<br />

beobachten, zu analysieren <strong>und</strong> anschließend<br />

darüber zu berichten? Wir haben den<br />

Eindruck, dass es zunächst einmal zu Irritationen,<br />

Missverständnissen <strong>und</strong> Fehleinschätzungen<br />

bei allen anderen kommt <strong>–</strong> nur nicht<br />

bei <strong>„Bild“</strong>. Denn <strong>„Bild“</strong> allein weiß, in welcher<br />

Rolle sie heute auftritt. In welcher Rolle<br />

sie morgen auftritt, weiß sie heute noch nicht,<br />

das entscheidet sie erst morgen. <strong>„Bild“</strong> nimmt<br />

für sich in Anspruch, sich an keine Regeln zu<br />

halten <strong>und</strong> sich aus dem kompletten Rollen-<br />

Repertoire zu bedienen.<br />

Was heißt das konkret: <strong>„Bild“</strong> stand jahrelang<br />

mit <strong>Wulff</strong> zusammen auf diesem Spielfeld <strong>und</strong><br />

hat aktiv mitgearbeitet, dass er zur Erfolgsmarke,<br />

schließlich zum B<strong>und</strong>espräsidenten<br />

wurde. Dann verlässt <strong>„Bild“</strong> auf einmal das<br />

Spielfeld, setzt sich zu den anderen journalistischen<br />

Medien an den Spielfeldrand <strong>und</strong> berichtet<br />

sachlich-kritisch in journalistischer<br />

Manier, sogar in der Rolle des journalistischen<br />

Aufklärers über vermutete Verfehlungen<br />

des bisherigen Mitspielers <strong>Wulff</strong>. Dabei<br />

DER GUTE UND BÖSE WULFF ALS BUNDESPRÄSIDENT <strong>–</strong> „BILD“-KOSTPROBEN<br />

nimmt sich <strong>„Bild“</strong> interessanterweise noch<br />

einen Schritt zurück, ist auf der Vorderbühne<br />

gar nicht mehr aktiv, sondern berichtet nur<br />

noch über das, was die Akteure auf dem Spielfeld<br />

sagen <strong>und</strong> tun. Zugleich berichtet sie ausführlichst<br />

darüber, was die am Spielfeldrand<br />

lagernden journalistischen Medien publizieren.<br />

Zwischendrin wechselt <strong>„Bild“</strong> jedoch erneut<br />

die Rolle: Sie betritt erneut das Spielfeld<br />

<strong>und</strong> wird sogar zu einem zentralen Akteur,<br />

streut sie doch an journalistische Medien Teile<br />

des Anrufs des B<strong>und</strong>espräsidenten <strong>Wulff</strong><br />

auf die Mailbox von Kai Diekmann <strong>–</strong> es ist wie<br />

eine Art Raubtierfütterung, hier ein Satz gegenüber<br />

der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“,<br />

dort fünf Sätze zur „Süddeutschen“.<br />

Dann verlässt <strong>„Bild“</strong> das Spielfeld<br />

wieder <strong>und</strong> berichtet über viele Tage erneut<br />

nur, was die auf dem Spielfeld Verbliebenen<br />

<strong>und</strong> die am Spielfeldrand lagernden journalistischen<br />

Medien so tun <strong>und</strong> veröffentlichen.<br />

In diesen Tagen werden beispielsweise die<br />

Interviews mit dem Akteur Sigmar Gabriel geführt.<br />

Vermutlich ist Gabriel der festen Überzeugung,<br />

er spanne <strong>„Bild“</strong> für seine Zwecke<br />

ein, indem er <strong>„Bild“</strong> dazu bringt, seine Botschaften<br />

über <strong>Wulff</strong> zu transportieren. <strong>„Bild“</strong><br />

sieht es genau umgekehrt.<br />

Wenn es einen gibt, der spielerisch mal diese<br />

<strong>und</strong> mal jene Rolle einnimmt, mal dieses <strong>und</strong><br />

mal jenes Handwerk anwendet <strong>und</strong> einsetzt,<br />

dann muss er gar nicht so viel besser sein als<br />

alle anderen; er ist trotzdem strukturell <strong>und</strong><br />

gr<strong>und</strong>sätzlich ständig überlegen <strong>–</strong> weil alle<br />

anderen sich an die jeweiligen Regeln halten,<br />

in ihrer Rolle verhaftet bleiben <strong>und</strong> immer nur<br />

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