<strong>Theoretische</strong> <strong>Physik</strong> <strong>Ia</strong>, 10. Juli 2003 12Beispiel 1: Drei Teilchen sind durch drei Stangen wechselseitig miteinander verbunden. Diessind 3 unabhängige holonome, skleronome Zwangsbedingung. Das System hat f = 3 ∗ 3 − 3 = 6Freiheitsgrade. Dies ist die Bewegung des Schwerpunktes (3 Freiheitsgrade) sowie die Rotationenum alle drei Raumachsen.Beispiel 2: Man betrachte ein Pendel, bei dem die Fadenlänge l(t) mit der Zeit verkürzt wird.Die holonome, rheonome Zwangsbedingung lautet B(r, t) = |r| − l(t) = 0.Beispiel 3: Die Position eines Fahrrades wird durch die beiden Aufsatzpunkte der Reifen r 1 , r 2bestimmt. Wir haben folgende Nebenbedingungen:1. Das Fahrrad fährt in der Ebene z 1 = z 2 = 0 (zwei holonome, skleronome Zwangsbedingungen)2. Der Achsenabstand |r 1 − r 2 | = l ist konstant (eine holonome, skleronome Zwangsbedingung)3. Das Hinterrad bewegt sich in Richtung auf das Vorderrad, d.h. ṙ 2 × (r 1 − r 2 ) = 0 (eineweitere nichtholonome, skleronome Zwangsbedingung)Das Fahrrad hat also lokal zwei Freiheitsgrade der Bewegung: Die Geradeausfahrt und dasLenken. Dennoch kann man durch Rangieren das Fahrrad an alle Orte in der Ebene bringen, solange |r 1 − r 2 | = l gilt. Damit findet die Bewegung auf einer 3-dimensionalen Mannigfaltigkeitstatt.Im Folgenden beschränken wir uns auf holonome Zwangsbedingungen, die sich in der FormB α (r 1 , . . . r N , t) = 0 schreiben lassen.2.2.2 Das d’Alembert’sche PrinzipIn der Newtonschen Bewegungsgleichung spaltet man die Gesamtkraft F i = K i + Z i in diedynamische Kraft K i , die auch ohne Zwangsbedingungen wirkt, und die Zwangskraft Z i , die dieErhaltung der Zwangsbedingung sichert, auf.Wir fordern nun, dass die Zwangskräfte das Prinzip der virtuellen Arbeit ∑ i Z i·δr i = 0 erfüllen,wobei δr i ein beliebiger Satz virtueller (d.h. instantaner) Verrückungen darstellt, die mit allenZwangsbedingungen verträglich sind 2 .Dies machen wir uns mit einer Plausibilitäts-Begründung klar:1. Für das Fadenpendel ist Z ‖ r. Ist die Gesamtlänge konstant, so erfolgen alle Bewegungen(sowohl real dr als auch virtuell δr) tangential zum Kreis |r| = l. Somit ist Z·δr = Z·dr =0.2. Für das Fadenpendel mit veränderlicher Länge l(t) zeigt zu jedem Zeitpunkt t die virtuelleVerrückung δr tangential zum momentan zulässigen Kreis |r| = l(t). Dagegen hat dr eineKomponente ˙l(t)e r dt. Somit gilt Z · δr = 0 und Z · dr ≠ 0.2 Es gibt auch Arten von (nichtholonomen) Zwangsbedingungen, die das Prinzip der virtuellen Arbeit nichterfüllen. Von diesen wollen wir hier absehen. Ein allgemeineres Prinzip ist z.B. das Gauß’sche Prinzip deskleinsten Zwanges, das auch geschwindigkeits-abhängige Zwangsbedingungen beschreibt (siehe z.B. Sommerfeld)
<strong>Theoretische</strong> <strong>Physik</strong> <strong>Ia</strong>, 10. Juli 2003 133. Zwei Teilchen sind durch eine Stange verbunden → B(r 1 , r 2 ) = |r 1 − r 2 | − l = 0. DieZwangskraft wirkt längs der Stange, also Z 1 = λ(t)(r 1 − r 2 ) = −Z 2 wegen Actio gleichReactio. Damit haben wir die Arbeitleistung der Zwangskräfte:[ ] [ ]1 1δA = Z 1 · δr 1 + Z 2 · δr 2 = λ(t)(r 1 − r 2 )(δr 1 − δr 2 ) = λ(t)δ2 (r 1 − r 2 ) 2 = λ(t)δ2 l2 = 0Setzt man das Prinzip der virtuellen Arbeit in die Newton’sche Bewegungsgleichung ein, sofolgt dasd’Alembertsche PrinzipN∑(K i − m i¨r i ) · δr i = 0i=1<strong>für</strong> alle zulässigen virtuellen Verrückungen δr i2.2.3 Lagrange’sche Methode 1. ArtAus dem Prinzip der virtuellen Verrückung folgt <strong>für</strong> holonome Zwangsbedingungen 3 , dass sichdie Zwangskräfte in der Forms∑Z i = λ α (t) ∂ B α (r 1 , . . . r N , t) (2.3)∂r iα=1mit den skalaren Funktionen λ α (t) darstellen lassen.Dies folgt aus folgender Überlegung: Zum Zeitpunkt t sei das System am Ort (r 1 , . . . r N ) desKonfigurationsraums, der mit allen Zwangsbedingungen B α (r 1 , . . . r N , t) = 0 verträglich ist. Diezulässigen virtuellen Verrückungen erfüllen0 = δB α (r 1 , . . . r N , t) = ∑ ∂∂r iB α (r 1 , . . . r N , t) · δr i<strong>für</strong> alle α = 1, 2, . . . sDamit steht jede beliebige zulässige virtuelle Verrückung (δr 1 , δr 2 , . . . δr N ) im Konfigurationsraumsenkrecht zu allen Vektoren ( ∂ ∂∂r 1B α ,∂r 2B α , . . . ∂ B ∂r N α), die somit das orthogonale Komplementzu den virtuellen Verrückungen aufspannen. Da die Zwangskräfte gemäß des Prinzips dervirtuellen Arbeit ebenfalls senkrecht zu allen zulässigen virtuelle Verrückung stehen, gehörensie zu deren orthogonalen Komplement und sind somit in dem von ( ∂ ∂∂r 1B α ,∂r 2B α , . . . ∂ B ∂r N α)aufgespannten Unterraum. Damit ergibt sich sofort die Darstellung (2.3).Damit erhalten wir die 3N Bewegungsgleichungens∑m i¨r i = K i + λ α (t) ∂ B α (r 1 , . . . r N , t)∂r iα=1die zusammen mit den s ZwangsbedingungenB α (r 1 , . . . r N , t)<strong>für</strong> α = 1, 2, . . . s3N + s Gleichungen <strong>für</strong> die 3N + s Variablen r i (t), λ α (t) bilden.<strong>für</strong> i = 1, 2, . . . N3 Die Bedeutung der Lagrange’sche Methode 1. Art liegt darin, dass man sie ebenso <strong>für</strong> nichtholonomeZwangsbedingungen formulieren kann, siehe z.B. Sommerfeld.
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