Mit dem Biber leben - Schweizer Informationssystem Biodiversität
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<strong>Mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>Biber</strong> <strong>leben</strong>. Bestandeserhebung 2008 BAFU 2010 92<br />
Lebensraum nur begrenzte Ressourcen bietet, flacht das Wachstum wieder ab wenn<br />
sich die Populationsgrösse der Kapazitätsgrenze nähert. Das Wachstum kann dann<br />
auch negativ werden, falls alle potentiellen Reviere besetzt sind oder wenn die Nahrungsressourcen<br />
knapp oder gar übernutzt werden.<br />
Die <strong>Schweizer</strong> <strong>Biber</strong>populationen haben sich bis jetzt lehrbuchmässig an dieses logistische<br />
Wachstum gehalten. Zu Beginn nahmen in den verschiedenen Subpopulationen<br />
die Bestände nur sehr langsam zu. Im Rhone-Einzugsgebiet scheint der <strong>Biber</strong> die<br />
geeigneten Lebensräume mehr oder weniger besiedelt und sich der Kapazitätsgrenze<br />
angenähert zu haben. 1993 wurde dieser Bestand auf rund 220 Tiere geschätzt. Heute<br />
sind es 280 Individuen, was einer Zunahme von 27 % innerhalb von 15 Jahren entspricht.<br />
Die Population im Rhein-Einzugsgebiet befindet sich dagegen wahrscheinlich immer<br />
noch in der exponentiellen Wachstumsphase. 1993 besiedelten nur gerade 124 Tiere<br />
dieses Gebiet. Heute sind es rund 1300 Individuen. Dies entspricht einer jährlichen<br />
Zuwachsrate von 17 %, was jedoch immer noch weit unter den Zuwachsraten in anderen<br />
Gegenden Europas liegt (Zander et al. 2009).<br />
Wo sich die <strong>Biber</strong> im Rhein-Einzugsgebiet auf der Kurve des logistischen Wachstums<br />
befinden ist unbekannt, da wir die Kapazitätsgrenze nicht kennen. Dieser Wert ist nicht<br />
absolut, sondern hängt von der Qualität des Lebensraums in einem zusammenhängenden<br />
Gewässersystem ab. Es wäre also müssig, darüber zu spekulieren wie hoch dieser<br />
Wert sein könnte, da wir viele dieser Faktoren nicht kennen. Sicher wäre das Potenzial<br />
im Rhein-Einzugsgebiet aber rein auf Grund des Gewässernetzes noch gross (siehe<br />
oben). Viele dieser Gewässer sind aber in einem sehr unnatürlichen Zustand, oder<br />
weisen zu wenig Ufervegetation auf, so dass sie für den <strong>Biber</strong> im aktuellen Zustand<br />
nicht langfristig besiedelbar sind. Dies wäre aber sehr wichtig, damit abwandernde<br />
Jungbiber, getrieben durch den momentan hohen Populationsdruck, von den grossen<br />
Hauptflüssen her die Seitengewässer besiedeln können. Geschieht dies nicht, können<br />
die heute noch guten Bestände an den grossen Flüssen ebenfalls abnehmen. In Schweden<br />
wurde in zwei Untersuchungsgebieten das Populationswachstum der in der ersten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder angesiedelten Population nach 34 bzw. 25 Jahren<br />
negativ (Hartmann 1994). Einen ähnlichen Populationsverlauf konnte auch in Ostdeutschland<br />
beobachtet werden (Pagel & Recker 1992).<br />
Damit eine solche Entwicklung frühzeitig erkannt werden kann und allenfalls Gegenmassnahmen<br />
getroffen werden können, ist ein regelmässiges Monitoring Voraussetzung.<br />
Will man <strong>dem</strong> <strong>Biber</strong> in Zukunft weitere Möglichkeiten zur Ausbreitung bieten, sind<br />
Bund und Kantone gefordert, zukünftig Gewässer in einen natürlicheren Zustand zu<br />
bringen und zu revitalisieren (siehe Kap. 7).