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Der WDR als Kulturakteur Anspruch - Deutscher Kulturrat

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382 Gespräche mit Künstlern und Kulturvermittlern<br />

einer Serienproduktion gleich. Durch Rationalisierungsprozesse erhielten die Redaktionen<br />

immer mehr Aufgaben, die Programme wurden formatiert. Wie ein Zulieferer<br />

bei der Autoindustrie muss heute auch ein Journalist „just in time“ liefern.<br />

Die Anforderungen sind nicht mehr künstlerischer oder journalistischer Natur.<br />

Vielmehr lautet der <strong>Anspruch</strong>: Alles muss glatt gehen. Die passende Dienstleistung<br />

zur vom Auftraggeber vorgegebenen Lieferzeit genau an die vorgegebene Schnittstelle<br />

des Medienunternehmens – so zum Beispiel die neue Anforderung an die freien<br />

Mitarbeiter, fast alle für die <strong>WDR</strong>-Verwaltung relevanten Daten der Leistung<br />

selbst in das <strong>WDR</strong>-Computernetzwerk einzugeben.<br />

Gibt es vor dem Hintergrund des Fortschreitens der Technik so etwas wie eine Amateurisierung<br />

in Ihrem Berufsbereich?<br />

Teils teils. Es ist eine Aufweichung bisheriger handwerklicher Grenzen. Kameraleute<br />

im Regionalen sollen „mal eben“ den Text für einen Nachrichtenfilm mitliefern.<br />

Journalistische Mitarbeiter sollen selbst die Nachrichtenbilder zu den Infos<br />

mitbringen. Wenn <strong>als</strong>o zu der Anforderung, das journalistische Handwerk zu beherrschen,<br />

noch die Anforderung hinzukommt, O-Töne selbst zu schneiden, ist das<br />

eher eine Erhöhung der Einstiegshürde.<br />

Quereinstieg und Qualifizierung erst während der Arbeit durch „learning by<br />

doing“ – das hat es immer gegeben. Entscheidend ist, wie hoch dann noch die journalistischen,<br />

technischen und gestalterischen Anforderungen sind. Und daran hapert<br />

es. Gefragt ist nicht mehr das tolle Produkt, sondern die Serienproduktion<br />

– das voraussehbare und am grünen Tisch vorher planbare Produkt. Diejenigen, die<br />

<strong>als</strong> freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine entsprechende Denke mitbringen,<br />

haben es leichter auf dem Markt zu bestehen. Das hat sich leider auch in den Köpfen<br />

der freien Mitarbeiterschaft festgesetzt, eine Bewusstseinsveränderung.<br />

Immer mehr Freie bieten sich einer Redaktion <strong>als</strong> „ständiger freier Mitarbeiter“<br />

an, in einem regelrechten Bewerbungsverfahren. Einerseits müssten die Kollegen,<br />

die so ein Bewerbungsverfahren bestehen, wissen, dass sie kein bisschen abgesichert<br />

sind, anders <strong>als</strong> feste Mitarbeiter. Trotzdem sind sie teilweise mächtig stolz auf ihren<br />

Status <strong>als</strong> „feste Freie“ mit eigener <strong>WDR</strong>-Mailadresse und Nennung auf der<br />

<strong>WDR</strong>-Website der betreffenden Abteilung. Sie sind teils geradezu empört, dass sie<br />

sich nicht auch das <strong>WDR</strong>-Logo auf ihre eigene Visitenkarte drucken dürfen. Dabei<br />

schieben sie beiseite, dass sie sich <strong>als</strong> „Feste Freie“ zu 100 Prozent von der jeweiligen<br />

Redaktion abhängig machen und sehr verletzlich sind.<br />

Von den Redaktionen ist das alles durchaus gewünscht, denn so sind diese Mitarbeiter<br />

immer auf Abruf verfügbar. Arbeit auf Abruf, von null auf hundert Prozent<br />

und wieder auf null. Die festen Freien machen es stets möglich. Prekarisierung – bei<br />

zum Teil nicht schlechtem Einkommen – ist die Begleiterscheinung. Das durch-

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