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12 MONTESSORI IN ALLER WELT Wettbewerbe, die auf den Themen „Einheit der Welt“ und „Weltfrieden“ basieren, werden durchgeführt. Der Entwurf von Friedenspostern oder internationalen Freidensgrußkarten sind beispielhafte Aufgaben solcher Wettbewerbe. Eine der Schulen in Lucknow organisiert EXSPO, ein internationales Sporttreffen, um Frieden und Einigkeit zu fördern. Der Eckpunkt der Erziehungsphilosophie der CMS liegt darin, den Kindern einen internationalen Blickwinkel und eine globale Perspektive zu vermitteln. Dabei spielen die Feiern zum Tag der Vereinten Nationen eine besondere Rolle. Coexistence and Conflict Resolution: Die Erziehung an der CMS bewegt sich zwischen den Polen Glauben und Globalismus. Während tägliche Gebetstreffen die Kinder spirituell nähren, führen internationale Camps zu einer globalisierten Sichtweise. Dabei kommen Kinder aus unterschiedlichen Nationen zusammen und üben interkulturelle Kommunikation. So erleben die Kinder und Jugendlichen, dass Menschen überall auf der Welt gleiche Hoffnungen und Ängste sowie ähnliche Bedürfnisse und Ziele haben. Die CMS empfängt jährlich 300 Gäste aus dem Ausland zu diesen Camps. Friedensarbeit an der CMS bedeutet aber nicht nur in ruhigen Zeiten die Schüler durch Austausch, Erfahrung und symbolische Aktivitäten für Frieden und Einigkeit zu sensibilisieren. Am 6. Dezember 1992, einem der schwärzesten Tage in Indiens neuerer Geschichte, schlug ein Streit zwischen Hindus und Moslems um die Babri Moschee in Ayodhya in Gewalt um. Die Moschee, die angeblich auf dem Geburtsort des Gottes Ram, einer Inkarnation Vishnus, stand, wurde von radikalen Hindus völlig zerstört. Überall in Nordindien brachen daraufhin Unruhen aus. 20.000 Todesopfer waren zu beklagen. Ayodhya liegt nur unweit von Lucknow in Uttar Pradesh. Chowk Branch, eine Schule der CMS, liegt in einem Viertel mit einem annähernd gleichen Anteil an Hindus, Sikhs und Moslems. Prekär war die Lage in Lucknow auch deshalb, weil ein Großteil der Polizeikräfte der Stadt nach Ayodhya abkommandiert war. Am Tag nach dem Ausbruch der Unruhen wurden die Schüler von ihren Lehrern am Schultor in Empfang genommen und in beruhigender Rede über die Bedeutung von Gewaltlosigkeit informiert. Die Schule reagierte auch öffentlich sofort mit der Organisation von täglichen interreligiösen Versammlungen, Friedensgebeten, Friedensmärschen und öffentlichen Appellen. Schüler fuhren mit ihren Lehrern in Lautsprecherwagen durch die Stadt, riefen zu Ruhe auf und sangen Friedenslieder. So gelang es, ein Überspringen der Gewalt auf die Hauptstadt des von den Unruhen am meisten erschütterten Bundesstaates Uttar Pradesh zu verhindern. In der Öffentlichkeit wird dieser Erfolg hauptsächlich den Aktivitäten der City Montessori School in Lucknow zugeschrieben. Sich einmischen In einer Stadt wie Nürnberg, die weit von den internationalen Konfliktherden entfernt liegt, in einem Land, in dem ethnisch-religiöse Konflikte nur am Rande auftreten, in einer Gesellschaft, in der die Sozialsysteme – im Vergleich zu Indien und den meisten Ländern dieser Erde – noch intakt sind, ist die Situation eine ganz andere als in Lucknow. Dies zeigt gerade das zuletzt beschriebene Beispiel. Dennoch rückt die Welt in Zeiten der Globalisierung, des Internets und der immer rasanteren Beschleunigung enger zusammen. Konflikte und Armut in anderen Weltregionen schlagen immer stärker auch auf unser Leben durch. Der Terrorismus, der seine Ursachen auch in den vielen ungelösten Konflikten auf unserem Kontinent hat, beginnt, unsere persönlichen Freiheiten einzuschränken. Flüchtlingsströme aus Afrika und anderen Teilen der Welt drängen in das reiche Europa. Seit den späten 90er Jahren ist die Bundeswehr zuerst auf dem Balkan, inzwischen weltweit im Einsatz. Aktuell steht zum Beispiel die emotional geführte Auseinandersetzung um das Für und Wider des Baus einer Moschee im Zentrum Kölns auf der Tagesordnung. Es gelingt auch dem Einzelnen immer weniger, sich aus der Welt heraus zu halten. Diese Welt, die in ihrer Grausamkeit täglich über die Medien in unsere Privatsphäre eindringt, muss den Kindern erklärt werden. Unsere Kinder sehen diese Dinge klar und verdrängen sie nicht. Sie reagieren stark verunsichert. Sie spüren schon, dass sie es sein werden, die die Folgen des Klimawandels und die damit entstehenden neuen Konflikte am eigenen Leib erleben werden. Mit der City Montessori School wollten wir ein positives Beispiel aufzeigen, das dazu ermuntern kann, mutige Aktionen zu entfalten und uns sowie unseren Kindern das Bewusstsein erhalten, dass wir uns einmischen und zu einer Verbesserung der Situation beitragen können. Dazu ist die Schule, insbesondere die Montessorischule der richtige Ort. Sie kann wie das Kinderhaus positiv auf die Welt einwirken. Sie kann als Leuchtturm, als Wegweiser, für die Gesellschaft agieren – und jedes Kind kann das potenzielle Licht der Welt sein: als zukünftiges Gewissen und aktives Mitglied der Gesellschaft. Jay Jagat sozusagen. Christian Haberland
NOCH 21 INTERNATIONALE VERANSTALTUNGEN 2007 Interview mit Raj Shekar Chandola von der City Montessori School in Lucknow (Indien) Herr Chandola, welchen Platz nimmt die City Montessori School in Lucknow (CMS) in der pädagogischen Landschaft Indiens ein? Chandola: Die akademischen Ergebnisse der CMS können sich mit denen der besten Schulen Indiens messen, wenn sie sie nicht sogar noch übertreffen. Überall in Indien, insbesondere im Schulsektor, ist die CMS bekannt – und wenn es nur daran liegt, dass viele Schulen Gruppen gesandt haben, um wenigstens an einer unserer 24 internationalen Veranstaltungen, die wir regelmäßig durchführen, teilzunehmen. Aus welchen sozialen Schichten kommen Ihre Schüler? Chandola: Die meisten Kinder entstammen Mittelschichtfamilien – was sowohl die untere wie auch die obere Mittelschicht einschließt. Reiche Familien ziehen es meist vor, ihre Kinder in ein Internat in den Bergen zu schicken, wie Mussoori oder Nainital. Über 6 000 der 32 000 Schüler bekommen 20 bis 40 Prozent Nachlass auf das Schulgeld, das heißt, dieser Anteil entstammt der unteren Mittelschicht. Wie wird die CMS von der Gesellschaft als Ganzes wahrgenommen? Chandola: Ich würde sagen, dass die große Mehrheit der Eltern sowie die Gesellschaft als Ganzes einige recht nette Dinge über die CMS sagen können. Einige Leute beklagen, dass die CMS nichts für die Armen tut, die sich überhaupt kein Schulgeld leisten können. Für Kommentare von Besuchern, Erziehern und Lehrern, Teilnehmern von internationalen CMS-Events und Zuschauern unserer Fernsehsendungen – ja, wir verfügen über zwei Sendestationen und unsere eigene Filmabteilung produziert für verschiedene Sender Schulprogramme – besuchen Sie bitte unsere Homepage www.cmseducation.org/testimonials. Welcher Anteil des Lehrplans wird von Friedensthemen belegt? Chandola: Nach den staatlichen Vorschriften können wir die Lehrpläne für die verschiedenen Klassen nicht verändern. Friedenserziehung ist aber eingebettet im täglichen Ablauf unseres Unterrichts. Beispielsweise sind Rezitationen aus den heiligen Schriften der großen Weltreligionen Teil unseres 30-minütigen Gebetstreffens an allen CMS-Schulen. Dieses All-Religionen- Gebet, das Friedensgebet und das Kinder- Weltparlament sind integraler Bestandteil jeder Veranstaltung unserer Schulen. MONTESSORI IN ALLER WELT 13 Können Sie uns kurz den Ablauf eines Friedenscamps beschreiben? Chandola: Neben den beschriebenen Aktivitäten gibt es Wettbewerbe in Zeichnen, Gesprächsführung oder Collagen zu friedensrelevanten Themen. Andere beinhalten Kooperationsspiele, die mehr als die Wettbewerbe den Geist der Zusammenarbeit fördern. Finden derzeit Projekte statt, die das Augenmerk auf Friedensthemen richten, oder sind welche geplant? Chandola: Eine besondere Freude war die erste Internationale Konferenz zur Vorschulerziehung an der CMS, in der auch unser Ansatz zur Friedenserziehung und seine Umsetzung bei den Vorschulkindern thematisiert wurde. Wir haben ab August bis Ende des Jahres noch 21 internationale Veranstaltungen an der CMS. Die 3. International Student Science Fair findet nach Thailand und Südkorea an unsrer Schule im August statt. In Vorbereitung sind bereits das 9. Internationale Friedensfestival sowie das 5. Internationale Jugendfest im November. Wettbewerbe zu den verschiedenen Wissenschaftsbereichen, zu Literatur und Weltmusik sind ebenso in Planung. Interview und Übersetzung: Christian und Fiona Haberland
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