SUT_05_07_Screen_kom.. - Schiffahrt und Technik
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HAFEN &<br />
TRANSPORT INTERMODAL<br />
RFID-<strong>Technik</strong> macht Transportlogistik per Schiff <strong>und</strong> Bahn schneller<br />
Identifikation ohne Sichtkontakt<br />
Ein Computer fragt über Funk einen<br />
Stahlblock, woher er <strong>kom</strong>mt <strong>und</strong> wo<br />
er hin möchte. Der antwortet sofort:<br />
Aus Brasilien, nach Bochum, mit dem<br />
Zug. Und der Computer gibt die Info<br />
weiter an den Kranführer. Keine<br />
Zukunftsmusik, Realität bei Thyssen -<br />
Krupp Steel, möglich durch „Radio<br />
Frequency Identification“, kurz RFID.<br />
Das Duisburger Unternehmen wird<br />
RFID ab 2009 dauerhaft anwenden.<br />
Denn zu diesem Zeitpunkt wird das<br />
neue Stahlwerk in der Bucht von<br />
Sepetiba in Brasilien fertig sein. Microchips<br />
sorgen dann dafür, dass die Stahlblöcke,<br />
auch Brammen genannt, während ihrer<br />
langen Reise von Brasilien nach Deutschland<br />
<strong>und</strong> Nordamerika nicht vom rechten Weg<br />
ab<strong>kom</strong>men. Vor kurzem hat das Unterneh -<br />
men dazu einen Pilotversuch erfolgreich<br />
abgeschlossen, der vor etwas mehr als einem<br />
Jahr gestartet wurde. Bei dem Versuch<br />
wurden 1000 in Brasilien gekaufte Brammen<br />
mit RFID-Chips versehen, die in der Fach -<br />
sprache „Tags“ genannt werden, <strong>und</strong> nach<br />
Deutschland transportiert. ThyssenKrupp<br />
Steel wollte so ermitteln, ob sich die <strong>Technik</strong><br />
in der Brammenlogistik lohnt <strong>und</strong> ob die<br />
Chips widerstandsfähig genug sind, um den<br />
rauen Transportbedingungen auf See <strong>und</strong> im<br />
Hafen stand zu halten. „Wir haben die RFID-<br />
Tags sogar über mehrere Wochen in Salz -<br />
wasser eingelegt, um zu sehen, ob sich der<br />
Klebstoff löst“, sagt Loïc Feinbier, Leiter des<br />
Kompetenzzentrums RFID bei ThyssenKrupp<br />
Steel.<br />
Mit RFID ist es möglich, über mehrere Meter<br />
hinweg per Funk einen Chip auszulesen, <strong>und</strong><br />
das ohne Sichtkontakt <strong>und</strong> ohne Berührung.<br />
Auf dem Chip ist ein zehnstelliger Nummern -<br />
code gespeichert, über den ermittelt werden<br />
kann, in welchem Stahlwerk eine Bramme<br />
hergestellt wurde <strong>und</strong> wohin sie transportiert<br />
werden muss. Programmiert werden die<br />
Funk etiketten in Brasilien im Hafen von<br />
Sepetiba. Die spätere Identifikation der Stahl -<br />
blöcke übernimmt ein RFID-Lesegerät. Und<br />
das funktioniert so: Ein Sender funkt elek -<br />
tromagnetische Wellen zum RFID-Chip an der<br />
Bramme. Im Chip ist eine Spule, die durch die<br />
elektromagnetischen Wellen angeregt wird<br />
<strong>und</strong> dadurch Strom erzeugt. Dieser Strom<br />
wird dann vom Chip genutzt, um einen<br />
Zahlen code an das Lesegerät am Kran zu -<br />
rück zufunken. Von hier aus gehen die Daten<br />
54 MAGAZIN FUR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK<br />
5/20<strong>07</strong><br />
Mit Eselsohr: Das spezielle „Flag-Tag“ macht<br />
RFID auch auf massivem Stahl möglich<br />
weiter an die Zentrale, in der die Informa tio -<br />
nen zu Stahlsorte, Abmessungen, Besteller<br />
<strong>und</strong> Bestimmungsort der jeweiligen Bramme<br />
hinterlegt sind.<br />
Dieser ganze Vorgang dauert weniger als<br />
eine Sek<strong>und</strong>e. So be<strong>kom</strong>mt der Kranfahrer in<br />
der Zeit eines Wimpernschlags alle nötigen<br />
Informationen. Der größte Vorteil des RFID-<br />
Systems ist jedoch seine Reichweite. In den<br />
Häfen erkennt es die Blöcke noch während<br />
sie in r<strong>und</strong> drei Meter Höhe an den Portal -<br />
kranen hängen. Die Lesegeräte sind hierfür<br />
fest an Kranen installiert. So be<strong>kom</strong>mt nicht<br />
nur der Kranführer in Millisek<strong>und</strong>en die Infor -<br />
mation, wo er die Bramme abladen soll. Auch<br />
bei der letzten Kontrolle unmittelbar vor den<br />
Öfen der Warmbandwalzwerke prüfen fest<br />
installierte RFID-Lesegeräte, ob die richtige<br />
Bramme in die Weiterverarbeitung geht. Auf<br />
ihrem Weg in die Walzwerke müssen die<br />
Brammen mehrfach identifiziert werden. RFID<br />
erledigt das vollautomatisch, zuverlässig <strong>und</strong><br />
vor allem schnell. Das ist der Gr<strong>und</strong>, warum<br />
alternative <strong>Technik</strong>en in der Brammenlogistik<br />
bei der Entscheidung für die Logistikab wick -<br />
lung des Werks in Brasilien von Thyssen -<br />
Krupp Steel ausgeschieden sind: Ein Strich -<br />
code-System beispielsweise wäre viel zu<br />
anfällig. Denn Strichcodes müssen optisch<br />
erkennbar sein, ein wenig Schmutz auf den<br />
Etiketten macht das ganze System schon<br />
zunichte. RFID hat diese Probleme nicht <strong>und</strong><br />
ist deswegen effizienter. Zum Beispiel im<br />
Seehafen, in dem die Frachter mit dem Stahl<br />
für Deutschland an<strong>kom</strong>men: Weniger als drei<br />
Minuten Zeit stehen hier pro Bramme zur<br />
Verfügung, um sie aufzunehmen, richtig zu -<br />
zuordnen <strong>und</strong> auf Trailer, Binnenschiffe oder<br />
Eisenbahnwaggons zu verladen. Per Eisen -<br />
bahn geht ein Teil des Stahls direkt in das<br />
Warmbandwerk von ThyssenKrupp Steel in<br />
Bochum, die übrigen Stahlblöcke transpor -<br />
tieren Binnenschiffe über den Rhein zum<br />
Werkshafen in Duisburg-Walsum.<br />
Brammenlogistik ist ein völlig neuer<br />
Anwendungsbereich für RFID. Erst seit gut<br />
zwei Jahren kann die <strong>Technik</strong> auf metalli -<br />
schen Objekten mit der benötigten Reich -<br />
weite zuverlässig eingesetzt werden. Zuvor<br />
war die starke Reflexion der elektromag -<br />
netischen Wellen von der Metalloberfläche<br />
ein Problem. Die Lösung ist ein so genanntes<br />
Brammenumschlag im Seehafen. Woher <strong>und</strong> Wohin? RFID-<strong>Technik</strong> beantwortet beides in weniger als<br />
einer Sek<strong>und</strong>e