SUT_05_07_Screen_kom.. - Schiffahrt und Technik

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TECHNIK & SCHIFFFAHRT Neues Schiffskonzept für die Binnenschifffahrt in praktischer Erprobung Innovation "Futura-Carrier" Das unter dem Namen "Futura- Carrier" bekannt gewordene Binnen schiffs- und Fluss/Seeschiffs- Konzept – siehe hierzu z.B. [1] – sorgt in der Branche für einiges Aufsehen und wird offenbar äußerst kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite Apostrophie run - gen wie "Flop oder Top?" und "Schiffstyp der Zukunft?", letzteres mit unübersehbarem Fragezeichen, auf der anderen Seite erhebliche finanzielle Förderung durch ein Bundesministerium, das der Schifffahrt sonst eher kritisch gegen - übersteht, und ein deutliches Interesse der Schifffahrtspraxis, das im ersten Anlauf zu immerhin vier Neubauten, teils mit, teils ohne öffentliche Förderung, geführt hat. Öffentliches Aufsehen, publizistische Kontro - versen sind für die Branche allemal nützlich, insoweit vielleicht kein Grund zu besonderer Aufregung. Es erstaunt aber doch, wie hier ein Konzept aus der Ecke der etablierten Binnenschiffstechnik in einem Totalverriss von sehr ungewöhnlicher Breite und Ausführ - lichkeit zerfetzt und in extrem einseitiger Weise in Frage gestellt wird, ohne dass irgend welche Pluspunkte angemessen zur Sprache kommen [2]. Wenn schon Kritik geübt wird – jede ernst - zunehmende Neuentwicklung bietet Ansatz - punkte zur Kritik, und eine faire, offene, auf Wesentliches konzentrierte Kritik kann der technischen Weiterentwicklung nur nutzen –, dann sollten, bevor man untergeordnete Details ausbreitet und dabei "von Hölzchen auf Stöckchen kommt", grundlegend wich - tige Punkte erörtert werden. Da wäre z.B. positiv hervorzuheben, dass das Futura- Konzept eine Familie aktueller Schiffstypen und Schiffsgrößen repräsentiert, wie sie in Europa jetzt und in absehbarer Zukunft gebraucht werden, d.h. Trockenfrachtschiffe mit Container-, Massenschüttgut- und Massenstückgut-Orientierung ebenso wie Tankschiffe einschließt und dabei GMS- Dimensionen in den Vordergrund stellt, aber auch Größen unterhalb und oberhalb GMS berücksichtigt. Selbstverständlich könnte man dies mit anderen Entwürfen auch so machen, aber hier geschieht es tatsächlich in konsequenter Weise, und offenbar mit Erfolg. Dass sich z.B. die in Schwedt/Oder ansässige Industrie, die ihre Produkte – Papier, Mineralölerzeugnise, Bio-Fuel, Getrei de - 66 MAGAZIN FUR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK 5/2007 Prof. em. Horst Linde leitete viele Jahr zehn te das Institut für Land- und Seeverkehr an der Technischen Universität Berlin Bild: Tessmann produkte – auch mit Fluss/Seeschiffen direkt ins europäische Ausland exportieren möchte, für Entwicklungen wie den Futura-Carrier interessiert, hat einerseits mit dessen trans - porttechnischer Leistungsfähigkeit, anderer - seits aber damit zu tun, dass man jetzt schnell und effizient zu einem "Schwedt- Max"-Schiff kommen könnte, mit Abmes - sungen von etwa 100 m x 11,50 m x 2,50/3,20 m, wie es in der aktuellen Flotte europäischer Fluss/Seeschiffe kaum anzu - treffen ist. Damit kommt allerdings eine Zielsetzung des Futura-Systems ins Bild, die sich als nicht problemlos erweist und die der Mühe einer sachlichen Diskussion Wert wäre. Es geht um den Ansatz, Binnenschiffe ebenso wie Fluss/ Seeschiffe als Varianten aus demselben Gesamt-Konzept herzuleiten und nach Mög - lichkeit nur in konstruktiven Einzelheiten zu differenzieren. Beide Schiffstypen werden häufig genug miteinander verwechselt oder nicht klar voneinander abgegrenzt. Das Fluss/Seeschiff hat in der Tat etwas vom Binnenschiff, ist aber letztlich ein "richtiges" Seeschiff, wenn auch mit Fahrtgebiets ein - schränkungen. Das Binnenschiff ist auf jeden Fall kein Seeschiff, selbst wenn es, unter günstigen Bedingungen, in küstennahen Gewässern eingesetzt werden kann. Es ist hier die Gefahr nicht auszuschließen, dass sich beide Typen innerhalb eines beide um - fassenden Systems nicht ganz frei entfal ten können, dass sie sich wechselseitig in ihrer bestmöglichen Gestaltung behindern, mit dem Ergebnis nicht ganz glücklicher Kom - promisse – was sich auch dem bekannt gewordenen zögerlichen Verhalten der Auf - sichtsorgane gegenüber den Futura-Neu - bauten andeutete. Damit soll nicht gesagt werden, dass z.B. die Idee von vier Antriebs- und Manövrieror - ganen an den vier "Ecken" eines entspre - chend geformten Schiffskörpers nicht für beide Schiffstypen sinnvoll sein kann. Auf den ersten Blick mag die Anordnung von vier Anlagen unnötig aufwendig und vielleicht "overdesigned" erscheinen. Der Wegfall von Ruder(n), Rudermaschine(n), Bugstrahlruder und sonstigen Steuerorganen ist aber ein keinesfalls zu unterschätzender Vorteil. Vor allem ist aber das Ergebnis in Bezug auf Vortriebsoptimierung und Manövrier ver - halten, im Zusammenhang mit einem sehr leistungsfähigen EDV-gestützten Steuersys - tem, offenbar verblüffend. Hohe manövrier - technische Anforderungen kommen in der Binnen- und Küstenschifffahrt bekanntlich nicht so selten vor, und die Anpassung an Seegangsbedingungen ist für relativ kleine, eher mäßig motorisierte Fluss/Seeschiffe durchaus nicht trivial. Die von den Kritikern anscheinend hoch bewertete Gefahr, dass sich ein kleines Fahrzeug oder gar ein Schwim mer neben einem mit Querschub manövrierenden Futura-Carrier befindet, dürfte doch wohl kräftig überzeichnet sein; denn Schiffe, die dies auf die eine oder andere Art können, gibt es bekanntlich schon länger, und selbstverständlich wird jeder Schiffsführer in seiner Nähe befindliche Fahrzeuge zu beachten haben. Es sei aber z.B. an große Seehäfen erinnert, die als Flussoder Kanalhäfen auch Binnenhäfen sein wollen und sein müssen, es aber nicht wirk - lich sind, sondern Binnenschiffen und Fluss/ Seeschiffen einige manövriertechnische Schwierigkeiten machen, ihre Ladung in der Nachbarschaft großer Seeschiffe aufzuneh - men oder abzugeben. Es ist in der Tat bemerkenswert, dass das BMU Futura-Neubauten in beträchtlichem Umfang finanziell unterstützt hat. Selbst wenn die dortigen Erwartungen im Hinblick auf erzielbare ökologische Effekte etwas zu hoch sein mögen, ist alles in allem der innovative Gehalt des Konzeptes doch so hoch einzuschätzen, dass diese Förderung, auch als Impuls für die dringend erforderliche Erneuerung der deutschen Binnenflotte, durchaus gerechtfertigt erscheint. Nicht überraschend ist hierbei, dass die Unter - stützung mit umweltschutzspezifischen Auflagen verbunden wurde, die zu Kosten -
Der Futuratanker TILL DEYMANN in Fahrt auf dem Dortmund-Ems-Kanal Bild: Garrelmann steigerungen und betrieblichen Anfangs schwie rigkeiten führten. Wenn den Autoren der eingangs zitierten Negativbeurteilung gerade von denjenigen applaudiert wird, die schon immer wussten, dass Steuer - gelder verschwendet und die "richtigen Fachleute" nicht gefragt werden, so kann man diese Autoren nur darauf aufmerksam machen, dass sie sich ihren Beifall von der falschen Seite holen. Eine objektive Beurteilung der Brauchbarkeit des Futura-Konzeptes wird letztlich vor allem aus praktischen Betriebserfahrungen im realen Einsatz der Schiffe zu gewinnen sein. Hierüber wird in Kürze noch Nähe res be richtet werden können. Prof. em. Horst Linde, Berlin ❑ Literaturhinweise: [1] Udo Wulf: Das System Futura – Futura-Carrier und Futura-Tanker, Zehntes Internationales Oder-Colloquium 2006, Bericht, Berlin 2007 [2] Volker Renner: Der "Futura-Carrier" – Schiffstyp der Zukunft? Binnenschifffahrt Nr. 4, 2007 Binnenschiffsflotte voran im Klimaschutz Im Zuge des Klimaschutzes werden auch im Schiffsbau innovative Konzepte zur Reduktion der CO2-Emissionen verwirklicht. In Haren an der Ems taufte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundes - umweltministerium (BMU) Astrid Klug am 1. Juni ein emissions - armes und flussverträgliches Binnentankschiff. Den Bau des nach dem „Futura“-Konzept konstruierten Tankers hatte das BMU mit 1,6 Mio. € aus dem Umweltinnovationsprogramm unterstützt. „Der ‚Futura’-Tanker bietet überzeugende Lösungen für Luftreinhaltung, Flussverträglichkeit und Unfallverhütung in der Binnenschifffahrt. Er zeigt beispielhaft, wie die notwendige Flottenmodernisierung vorangebracht und das Binnenschiff seinem Ruf als umwelt freund - licher Verkehrsträger wieder gerecht werden kann“, sagte Klug. Das „Futura“-Konzept – entwickelt von der Kieler Firma New Logistics – ist eine Art innovatives Schiffs-Baukastenprinzip, das dem jeweiligen Einsatzzweck der Schiffe angepasst werden kann. So wurden neben dem „Futura-Tanker“ bereits ein Erzfrachter sowie das ebenfalls vom BMU geförderte besonders umweltfreundliche Küstenmotorschiff „Futura Carrier“ fertig gestellt. Gemeinsam ist den „Futura“-Schiffen, dass sie besonders flussverträglich sind. Sie demonstrieren, wie Schiffe den Flüssen anzupassen sind, statt umgekehrt. Darüber hinaus zeichnen sie sich durch eine besondere Manövrierfähigkeit dank ihres Vier-Motoren-Konzepts aus. Das verringert die Wellenbildung und schont die Ufer. Durch eine Luftfilmschmierung wird zudem eine Treibstoffersparnis erwartet. Tanker und Carrier sind darüber hinaus mit moderner Abgas - reinigungstechnik wie Rußpartikelfilter und Stickoxidminderungs - technik ausgestattet. Sie schließen in punkto Luftreinhaltung damit zu modernen LKW-Standards auf. Der Ausstoß gesundheits ge - fährdender Feinstaubpartikel wird nahezu vollständig, der von Stickoxiden um bis zu 70 % reduziert. Der Tanker wird außerdem künftig ausschließlich schwefelfreien Schiffsdiesel tanken. Damit trägt er zusätzlich zur notwendigen Verbesserung der Luftqualität auch in Binnenhäfen bei BMU ❑ 67 MAGAZIN FUR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK 5/2007
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