02.12.2012 Aufrufe

Kriegsende und Nachkriegsjahre

Kriegsende und Nachkriegsjahre

Kriegsende und Nachkriegsjahre

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Eine besondere Hamsterfahrt<br />

von Tim Prenzel<br />

Die folgende Geschichte hat mir mein 80jähriger Großvater erzählt, als ich<br />

ihn nach einem Nachkriegserlebnis fragte, das ihm besonders viel bedeutet.<br />

Um sie zu verstehen, muss man wissen, dass die Lebensmittel nach Kriegs-<br />

ende knapp waren <strong>und</strong> die Lebensmittelmarken oft nicht für eine große Fami-<br />

lie wie die meines Großvaters ausreichten. Deshalb musste er häufig mit dem<br />

Fahrrad aufs Land fahren, um Geschirr, Kleidung oder andere nützliche Din-<br />

ge gegen Nahrung einzutauschen. Jedoch war dieses sogenannte „Hams-<br />

tern“ ausdrücklich verboten <strong>und</strong> man musste aufpassen, dass man nicht in<br />

eine Kontrolle geriet, bei der die „erhamsterte“ Ware eingezogen wurde.<br />

An eine dieser Hamsterfahrten erinnert sich mein Großvater ganz besonders:<br />

„Nachdem ich 30 km mit dem Fahrrad gefahren war <strong>und</strong> in mehreren Dörfern<br />

vergeblich versucht hatte, Lebensmittel zu ertauschen, erreichte ich schließ-<br />

lich den kleinen Ort Dierscheid. Auch hier wollte ich probieren, den Schmuck<br />

meiner Mutter <strong>und</strong> die Hefe, die ich von Bekannten erhalten hatte, bei einer<br />

Bauernfamilie gegen Nahrungsmittel <strong>und</strong> ein wenig Milch einzutauschen.<br />

Während meiner Suche nach einem Bauernhof, in dem noch Licht brannte,<br />

wurde ich jedoch zunächst nur als Bettler beschimpft. Ich gab nicht auf <strong>und</strong><br />

kam letztendlich zu einem großen Bauernhaus vor dem ich eine Bäuerin sah.<br />

Ich war mir nicht sicher, ob auch sie mich wegschicken würde, deshalb fragte<br />

ich die Frau vorsichtig, ob sie bereit wäre mir zu helfen <strong>und</strong> meine Waren im<br />

Tausch gegen etwas zu essen annehmen würde. Zu meiner großen Überra-<br />

schung <strong>und</strong> Freude lud sie mich ohne zu zögern in ihr Haus ein <strong>und</strong> rief ihren<br />

Mann. Auch dieser begrüßte mich sehr fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> bot mir Butter zum<br />

Tausch an <strong>und</strong> sagte zugleich, dass er erst am nächsten Morgen wieder<br />

Milch habe. Da ich aufgr<strong>und</strong> der Dunkelheit nicht mehr am gleichen Abend<br />

zurück nach Trier fahren konnte, bot mir der Bauer an, auf dem Bauernhof zu<br />

übernachten. Und damit nicht genug: Die Bäuerin gab mir sogar einen Teller<br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!