porträt senioren - Herzlich Willkommen bei Quadrat
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durch und blieb dem Reitsport treu, obwohl er sich<br />
eigentlich viel mehr für die Ornithologie als für<br />
Pferde interessierte. Später stellte er fest, dass<br />
sich die Hobbys wunderbar verbinden ließen. „Ich<br />
habe mit meinem Pferd viele Stunden im Stadtwald<br />
verbracht und kenne dort jeden Weg.“<br />
Während seine Geschwister sich in Spring- und<br />
Dressurprüfungen einen Namen machten, stellte<br />
Otto Fricke die aktive Reiterei schon bald zurück,<br />
um sich der Organisation der Goslarer Reiter zu<br />
widmen. Unabhängig von der Reitgemeinschaft<br />
Goslar, die sich 1956 als Verein formierte, agierte<br />
der Reitstall Nordberg, der als eine Betriebsabteilung<br />
der Firma Prelle gegründet und später als Gesellschaft<br />
des Bürgerlichen Rechts unter Leitung<br />
Otto Frickes von 1952 bis 2009 existierte. Daneben<br />
übernahm Otto Fricke auch den Vereinsvorsitz<br />
der Reitgemeinschaft als Nachfolger seines Vaters.<br />
1973 gründete er mit drei weiteren Vereinen<br />
den Kreisreiterverband Goslar und übernahm als<br />
dessen Vorsitzender einen Beiratssitz im Pferdesportverband<br />
Hannover-Bremen. Diese mit vielen<br />
Aktivitäten gefüllte, 34 Jahre währende Verbandstätigkeit<br />
beendete Otto Fricke 2007. Die Deutsche<br />
Reiterliche Vereinigung belohnte ihn mit dem<br />
Deutschen Reiterkreuz in Silber und vom Pferdesportverband<br />
Hannover erhielt er die Ehrennadel<br />
in Gold. Doch über seine vielfältigen Ehrungen<br />
spricht der bescheidene Grandseigneur des Reitsportes<br />
sichtlich ungern. Viel lieber erzählt er von<br />
den Erfolgen seiner Schützlinge, insbesondere<br />
‚seiner’ Voltigiergruppe, die mit seiner Unterstützung<br />
– diese reichte von der aufwändigen Organisation<br />
sämtlicher Turnierfahrten, darunter auch<br />
vieler Auslandsreisen, bis hin zur Betreuung <strong>bei</strong><br />
jedem Wettkampf – zahlreiche Meisterschaftstitel<br />
mit in die Kaiserstadt brachte.<br />
BUNDESVERDIENSTKREUZ FÜR DIE DEUTSCH-<br />
ISRAELISCHE FREUNDSCHAFT<br />
Das Voltigieren, an dem Otto Fricke nach eigenem<br />
Bekunden ein bisweilen fanatisch großes Interesse<br />
hatte, brachte auch den ersten Kontakt mit Israel.<br />
„Angefangen hatte alles 1968, als eine Gruppe<br />
von Israelis für eine Vorführung unserer Voltigiergruppe<br />
zum Reitstall Nordberg kam. Wir waren<br />
gerade Deutscher Meister geworden und hatten<br />
was zu zeigen“, schmunzelt Fricke. Elegante Turnübungen<br />
auf einem galoppierenden Pferd hatten<br />
die israelischen Sportler aus Ra’anana nahe Tel<br />
Aviv bis dato noch nie gesehen. Die Begeisterung<br />
war so groß, dass eine Gegeneinladung für die gesamte<br />
Voltigiergruppe folgte. Als die jungen Goslarer<br />
Reiter ein Jahr später mitsamt einem Geschenk<br />
– nämlich Voltigierpferd ‚Bianca’ – nach<br />
Ra’anana starteten, hatten sie sogar Grüße von<br />
Willy Brandt im Gepäck. Die Bundesrepublik<br />
Deutschland, die erst wenige Jahre zuvor diplomatische<br />
Beziehungen zu Israel aufgenommen hatte,<br />
unterstützte den Gegenbesuch mit einem Zuschuss<br />
von 10.000 DM. Die Deutschen Voltigiermeister<br />
traten auf dieser Reise unter anderem in<br />
Ramat Gan auf, wo sie von Ariel Sharon, dem späteren<br />
Ministerpräsidenten Israels, persönlich begrüßt<br />
wurden. Später bescheinigte zunächst eine<br />
einfache Urkunde die Partnerschaft zwischen der<br />
Reitgemeinschaft Goslar und der Sportvereinigung<br />
Hapoel Ra’anana, 2006 wurde daraus ein offizieller<br />
Freundschaftsvertrag. Insgesamt kam es in den<br />
folgenden Jahren zu 43 Begegnungen zwischen<br />
der Reitgemeinschaft Goslar und dem Sportverein<br />
Hapoel Ra‘anana. Natürlich begleitete Otto Fricke<br />
profile � quadrat 06 / 2011 45<br />
Otto Frickes Fachwerkvilla im Herzen der Altstadt<br />
die Goslarer Jugendgruppen stets, so dass er zusammengenommen<br />
elf Monate seines Lebens in<br />
Israel verbrachte.<br />
Im Jahre 2007 übergab die Reitgemeinschaft Goslar<br />
den Stab der Verantwortung an die Stadtjugendpflege,<br />
die den Jugendaustausch nunmehr<br />
weiterführt. Gerade kehrten wieder 16 Jugendliche<br />
aus Goslar und Umgebung von einer Israelreise<br />
zurück. „Den Erfolg dieses Austauschprogramms<br />
mit Israel rechne ich zu den wichtigsten<br />
Ergebnissen meiner Tätigkeit als Vereinsvorsitzender“,<br />
sagt Otto Fricke, dem 1998 für sein Engagement<br />
um die Deutsch-Israelische Freundschaft<br />
das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen<br />
wurde.<br />
RUHESTAND UND NEUANFANG<br />
Es gibt nicht viele Reitvereine, die sich durch eine<br />
so langjährige und beständige Leistungsdichte<br />
auszeichneten, wie die Reitgemeinschaft Goslar.<br />
So ist es zu verstehen, dass der Verkauf des Reitstalles<br />
Nordberg, der die Reitgemeinschaft heimatlos<br />
machte, Otto Fricke arg zusetzte. Es kostete<br />
ihn viel Kraft, viele Wege und unzählige Gespräche,<br />
sicherzustellen, dass der einst so erfolgreiche<br />
Goslarer Verein am Leben blieb.<br />
Nach einem Zwischenaufenthalt in Wolfshagen<br />
und einem Kooperationsangebot aus Braunschweig<br />
kamen die vereinseigenen Voltigierpferde im Reitund<br />
Trainingszentrum Bad Harzburg in Westerode<br />
unter, wo die Voltigiersparte nunmehr in kleinerem<br />
Rahmen weitergeführt werden kann. Ein Neuanfang,<br />
den Otto Fricke als Beobachter ohne Amt,<br />
aber dennoch mit großem Interesse begleiten wird.<br />
Ihm verbleibt noch, einige 100 Akten der RG Goslar<br />
zu archivieren und zu ordnen. „Ich könnte hier<br />
ein Museum des Voltigiersportes einrichten“,<br />
schmunzelt Fricke. Doch das tut er nicht, er lässt<br />
es ruhig angehen. Seit dem 1. Januar 2011 hat<br />
der 78-Jährige erstmals kein einziges Amt mehr.<br />
Stattdessen genießt er das emsige Vogelgezwitscher<br />
in seinem Garten und bekennt: „Es ist ein<br />
gutes Gefühl!“ (ck)