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Bedrohte Sprachen

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<strong>Bedrohte</strong> <strong>Sprachen</strong>____________________________________________________________________________________________________König Mohamed VI., der nach dem Tod seines Vaters 1999 die Amtsgeschäfteübernahm, musste angesichts der stärker werdenden Masiren-Bewegung schließlichZugeständnisse gegenüber den Masiren machen. Er wollte ihre Unterstützunggewinnen, denn die Rufe von Oppositionspolitikern nach mehr Demokratie und vonIslamisten nach einer stärkeren Islamisierung des Landes wurden so laut, dass sie seineHerrschaft zu gefährden drohten. Am 17. Oktober 2001 bekannte sich der Monarcherstmals in einer öffentlichen Ansprache im Rif-Gebirge zur masirischen IdentitätMarokkos und bekräftigte den Wunsch, die masirische Sprache zu pflegen und an denSchulen des Landes zu unterrichten.Auf Anordnung Mohamed VI. wurde im Januar 2002 das „Königliche Institut für dieMasirische Kultur“ (Institut Royal de la Culture Amazighe, IRCAM) gegründet. Es sollden König beraten bei allen Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung der masirischenSprache. Es hat allerdings keine Entscheidungskompetenzen und wird von Marokko vorallem als Aushängeschild für den vermeintlich guten Willen des Königshauses benutzt.Nachdem Masiren viele Jahre lang vergeblich gefordert hatten, dass ihre <strong>Sprachen</strong> auchin den Medien mehr Niederschlag finden müssten, nahm am 7. Januar 2010 deröffentlichrechtliche Fernsehsender „Tamazight“ in Marokko seinen Betrieb auf, der abMärz 2010 zu 70 Prozent Sendungen in den drei masirischen <strong>Sprachen</strong> ausstrahlt.Wie schwer sich das offizielle Marokko trotz dieses symbolischen Bekenntnisses mitseiner masirischen Identität tut, wurde bei einer Volkszählung im Jahr 2004 deutlich.Gemäß der Erhebung sollen nur 8,4 der 31,5 Millionen Marokkaner eine derBerbersprachen regelmäßig gebrauchen. Viele masirische Organisationen undPersönlichkeiten protestierten gegen die Ergebnisse der Volkszählung, weil die Zahl derfestgestellten Masiren nicht realistisch sei. Jahrzehnte hatte es gedauert, bis diemarokkanischen Behörden auf Druck von masirischen Organisationen erstmals bei derVolkszählung im Jahr 1994 nach der Zahl der berbersprachigen Einwohner fragten.Immer wieder gibt es Streit in Marokko um die Einführung der masirischen <strong>Sprachen</strong> imSchulsystem. Zwar kündigte König Hassan II. schon am 20. August 1994 an, dass das„Tamazight“ zumindest in der Grundschule gelehrt werden solle, aber es sollte noch biszum Jahr 2003 dauern, bis endlich ein Pilotversuch zur Einführung der Sprache imGrundschulbereich gestartet wurde. Seither wird an 317 Grundschulen des Königreichsdie Unterrichtung in Tamazight erprobt. Von 2013 an soll sie landesweit anGrundschulen eingeführt werden.Doch es gibt immer wieder Rückschläge für die masirische Bewegung in Marokko. Sowird eine verfassungsrechtliche Besserstellung der Berber-<strong>Sprachen</strong> noch immer vomKönigshaus abgelehnt. Gemäß der Verfassung des Landes wird das Arabische alseinzige und offizielle Sprache Marokkos anerkannt. Auf Anordnung desInnenministeriums wurden Ende des Jahres 2002 in der nordmarokkanischen StadtNador Straßenschilder in Tifinagh-Schrift abmontiert, die von der Stadtverwaltungangebracht worden waren. Im öffentlichen Dienst dürfen masirische <strong>Sprachen</strong> nochimmer nicht verwendet werden. Außerdem wird Berbern das Recht verweigert, ihrenKindern bei der Geburt masirische Namen zu geben. Heftig kritisierten Masiren auch dieEntscheidung des bedeutendsten Bildungsgremiums, des „Höheren Rates für Bildung“(Conseil Supérieur de l’Enseignement, CSE), vom Jahr 2012 an das Arabische und nichtdas Tifinagh zur Transkription von masirischen <strong>Sprachen</strong> vorzuschreiben.17

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