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Bedrohte Sprachen

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<strong>Bedrohte</strong> <strong>Sprachen</strong>____________________________________________________________________________________________________Am engsten verwandt ist dasKaschubische mit dem Polnischen, mitdem es den Großteil desErbwortschatzes gemeinsam hat, vondem es aber auch später - vor allem inGrammatik und Wortbildung -Einflüsse aufgenommen hat.Die wichtigsten Unterschiede zum Polnischen sind Substratelemente aus demAltpreußischen, ein größerer Anteil an deutschen Lehnwörtern (ca. fünf Prozent),Vokalausfälle in unbetonten Silben sowie andere Betonungsregeln: Im Süden betont dasKaschubische auf der ersten Silbe, im Norden ist die Betonung beweglich. Ebensokennzeichnend für das Kaschubische ist die Vertauschung benachbarter Laute(gegenüber dem Altslawischen bzw. Polnischen): So steht das kaschubische Wort gard(befestigte Siedlung) der polnischen Vokabel gród gegenüber.Seit dem 15. Jahrhundert wird Kaschubisch - in lateinischer Schrift und nach demVorbild der polnischen Orthographie - geschrieben. Allerdings konnte sich nie eineeinheitliche Schriftsprache herausbilden, die Schriftsteller schreiben bis heute in ihrenjeweiligen Dialekten. Der wichtigste kaschubische Schriftsteller war im 19.JahrhundertFlorian Ceynowa, der die bis dahin für die geschriebene Sprache typische polnischeÜberformung stark reduziert hat.Heute ist Kaschubisch in Polen eine geförderte Minderheitensprache. Es wird an 60Grundschulen und einem Gymnasium (drei Stunden die Woche) unterrichtet und esexistieren Radio- und Fernsehsendungen auf Kaschubisch. Günter Grass beschreibt imRoman Die Blechtrommel, wie die Mutter und der Onkel des Protagonisten OskarKaschubisch quasi als Geheimsprache verwenden. Eine eigenständige Literatur wirdgefördert und vom polnischen Staat geschützt.Die Kaschuben, die heute in Polen leben, pflegen zwar ihre eigene Sprache undTradition, fühlen sich aber oft geschichtlich und ethnisch mit Polen verbunden. Seit dem19. Jahrhundert bis heute gab und gibt es verschiedene Strömungen innerhalb derKaschuben, welche die besondere Nähe der Kaschuben zu Polen und zum Polentumbetonen und sich selbst eher als ethnische Gruppe bezeichnen, sowie (weitausgeringere) Strömungen, die im Gegensatz dazu die eigenständige kaschubischeNationalität in den Mittelpunkt rücken, was manchmal von Seiten einiger Polen alsseparatistische Tendenz angesehen wird. Als Beispiel für diese zwei Strömungen könnenzwei bedeutende kaschubische Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts genannt werden,die sich beide um die kaschubische Sprache und deren Entwicklung verdient gemachthaben: Während der kaschubische Schriftsteller Hieronim Derdowski (1852-1902)schrieb: „Nie ma Kaszëb bez Polonii, a bez Kaszëb Polśczi“ („Es gibt kein Kaschubienohne Polen, und kein Polen ohne Kaschubien“), wandte sich Florian Ceynowa (1817-1881) sowohl gegen eine Germanisierung als auch gegen eine Polonisierung derKaschuben und kritisierte die polnische Geistlichkeit und den polnischen Adel.69

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