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Bedrohte Sprachen

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<strong>Bedrohte</strong> <strong>Sprachen</strong>____________________________________________________________________________________________________7. Jahrhunderts nach Christi Geburt nach dem Vorbild des in Kaschmir verbreitetenindischen Alphabets entwickelt. Traditionell unterscheidet man zwischen derUmgangssprache, die von den Tibetern gesprochen wird und dem literarischenTibetisch, das wiederum eine moderne und eine klassische Version kennt. Nur rund 25Prozent der in China lebenden Tibeter sind alphabetisiert.Schenkt man offiziellen chinesischen Veröffentlichungen Glauben, dann könnte manden Eindruck gewinnen, dass die tibetische Sprache jede erwünschte Förderung durchdie Behörden erhält. Chinas Regierung rühmt sich, dass 441 Bücher in tibetischerSprache seit 1989 veröffentlicht wurden und dass 14 Zeitschriften und zehn Zeitungenin der lokalen Sprache publiziert werden. 98 Prozent der Kinder in Tibet besuchtenregelmäßig die Schule, erklärt die chinesische Regierung. 2006 soll in 880 Grundschulenund 1.351 anderen Lehranstalten bilingualer Unterricht stattgefunden haben. Rund310.000 Schülerinnen und Schüler (95,6 Prozent der Kinder in Tibet) sollenzweisprachigen Unterricht besucht haben, behauptet Peking (China TibetologyResearch Center, Peking, Report on the Economic and Social Development of Tibet,30.3.2009). Auch 117 weiterführende Schulen würden solchen Unterricht für 138.000Schülerinnen und Schüler anbieten.Doch die Wirklichkeit in Tibet ist sehr viel düsterer als diese Zahlen vermuten lassen.Nur rund 57,4 Prozent der tibetischen Kinder und Jugendlichen besuchen überhaupteine Schule, stellt das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP)ernüchternd fest. Tibetische Schülerinnen und Schüler berichten von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in den Bildungseinrichtungen. Tibetische Schulen undUnterrichtsprogramme würden von Han-Chinesen weitestgehend gemieden. Oftwürden selbst tibetische Lehrer nur in Chinesisch unterrichten. Auch würden dieSprachkenntnisse unterschiedlich bewertet. Wer keine ausreichenden Chinesisch-Kenntnisse nachweisen könne, werde nicht in die nächstfolgende Klasse versetzt. DasTibetische wird in den Schulen immer mehr vom Chinesischen verdrängt. An den„guten Schulen“ Tibets wird ausschließlich Chinesisch unterrichtet. Exemplarisch ist derFall einer 17 Jahre alten Tibeterin. Sie berichtet, dass an ihrer Schule, die einen sehrguten Ruf hat, 40 tibetischen Schülern rund eintausend chinesische Jugendlichegegenüberstehen. Den 40 Tibetern sei es nicht erlaubt, ihre Muttersprache zu sprechen.Wenn sie es trotz des Verbots tun würden, stellten chinesische Mitschüler sie zur Redeund fragten sie, warum sie diese Schule besuchten, wenn sie Tibetisch sprechen wollten.Die Tibeter fühlen sich durch diese Diskriminierung erniedrigt.Auch jenseits der Schulausbildung wird die tibetische Sprache im öffentlichen Leben deschinesisch kontrollierten Tibet weitestgehend missachtet. Wer eine Anstellung findenwill oder sogar Karriere machen möchte, ist auf ausgezeichnete Chinesisch-Kenntnisseangewiesen.Der Dalai Lama wirft der chinesischen Regierung Ethnozid vor, das heißt die gezielteZerstörung der tibetischen Kultur. Ausdrücklich hat er diese Kritik auch auf diediskriminierende <strong>Sprachen</strong>politik bezogen, die sowohl das Autonomiestatut Tibets alsauch chinesische Gesetze und internationale Konventionen verletzt.26

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