Die sandte ihre Boten zu dem Prinzen:Na<strong>ch</strong>tmar, Alb und Fledermaus.Um seine blosse Brust s<strong>ch</strong>liesst si<strong>ch</strong> ein Band aus Eisen.Es war einmal ein Prinzder hatte s<strong>ch</strong>öne Locken und ein S<strong>ch</strong>lossho<strong>ch</strong> oben auf dem Berg mit Blickauf Land, Gesang, Getier und Volk.Frühmorgens stand er aufund legte Hand an sein Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t(voll Zärtli<strong>ch</strong>keit) und an den Baum.Der streute heftig Windebot man<strong>ch</strong>mal Antwort,selten Rats<strong>ch</strong>lagmeistens S<strong>ch</strong>weigenniemals Lösungimmer Ruhe.Zwei Atemzüge zwis<strong>ch</strong>en Tag und Traumum si<strong>ch</strong> zu wappnen vor dem Sturzhinunter in die Stadtin Mens<strong>ch</strong>enflut und Wartezeit.So lang der Weg, viel länger als er Kilometer hat.Dort angekommen: eingefangen.Au<strong>ch</strong> das mit Lei<strong>ch</strong>tigkeit bewältigt;Berg, Blick und Baum sind Freunde hinterm Auge.Bei Dämmerung zog er die S<strong>ch</strong>uhe an,vermummte si<strong>ch</strong> mit S<strong>ch</strong>al und Mütze,vers<strong>ch</strong>loss das Zimmer seiner Kindheitund nahm den Weg hinunter an den See.Der war gefroren mitten im Sommermit feinstem S<strong>ch</strong>nee bedecktlud ein, auf seinem Eis zu s<strong>ch</strong>webenmit Kufen Bilder zu s<strong>ch</strong>lagenund niemals zu fragen na<strong>ch</strong> seines Eises Si<strong>ch</strong>erheit.Drüben am Horizont des übergrossen Seess<strong>ch</strong>lug die Prinzessin Pirouetten.Ihr Rücken s<strong>ch</strong>neebedecktkreisend um AntwortRats<strong>ch</strong>lagS<strong>ch</strong>weigenniemals Ruhe.Es war einmal eine Königindie hatte s<strong>ch</strong>öne Hände mit Fingernlang wie eine Sommerna<strong>ch</strong>tund wohnte ho<strong>ch</strong> auf einem Bergin einem kleinen Himmelrei<strong>ch</strong>.Frühmorgens stand sie aufund legte Hand an ihr Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t(voll Wissbegier) und träumte si<strong>ch</strong> in eine fremde Haut.Die stellte sie si<strong>ch</strong> samten vor und dunkelganz ohne Widerhaken. Und bereit.Am Abend zog sie ihren Mantel anund stapfte dur<strong>ch</strong> den tiefen S<strong>ch</strong>nees<strong>ch</strong>rieb stundenlangmit ihren blossen Füssenund mit EngelszungenGedi<strong>ch</strong>te an den Träger der ersehnten Haut.Kam sie am Gipfel eines Hügels anso s<strong>ch</strong>ärfte sie die Sinnenahm Witterung auf und la<strong>ch</strong>te in die Ferneund stapfte weiter dur<strong>ch</strong> die Na<strong>ch</strong>tund dur<strong>ch</strong> den tiefen S<strong>ch</strong>needer s<strong>ch</strong>molz dur<strong>ch</strong> ihre warmen Füsseund gurgelte als Bä<strong>ch</strong>lein tief ins Talund gab die Wiesen frei.Aus ihnen kro<strong>ch</strong>en Grillendie blind die Fährte ihrer Königin befolgten,sie überflügelten und s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> sie an ihrem Haarganz ho<strong>ch</strong> hinauf in andere Lüfte trugenwo fremde Haut ganz ohne Widerhaken auf sie wartetesamten, dunkel und bereit.Im Tal verzehrte si<strong>ch</strong> der Prinzna<strong>ch</strong> seiner Königinund trank in tiefen S<strong>ch</strong>luckenvom kalten Wasserdas donnernd von den Bergen kambenetzte si<strong>ch</strong> damit die Brauenund die langen Wimpernund legte Hand an sein Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t(voll Zärtli<strong>ch</strong>keit).93
ISABEL ZÜRCHER | BASELDer Tag fängt unten anEin Erfahrungsberi<strong>ch</strong>tDer Tag fängt unten an. Dort, wo du beim Erwa<strong>ch</strong>enherkommst. Heute aus dem wüsten Gewittersturm, derdur<strong>ch</strong> eine Ausstellung fegt, die du hättest ans<strong>ch</strong>auenwollen mit Bekannten. Aus einer Prüfung ausgere<strong>ch</strong>netin Geografie und aus der Begegnung mit einem Hund,der si<strong>ch</strong> hinter der Zimmertür gefreut hat über deinKommen und si<strong>ch</strong> dann, sobald du da bist, aufs Bett legtund dir neben si<strong>ch</strong> Platz ma<strong>ch</strong>t. Die Prüfung war mindestensso eigenartig wie die si<strong>ch</strong> zweimal kurz hintereinanderwiederholenden, regelre<strong>ch</strong>ten Flu<strong>ch</strong>tversu<strong>ch</strong>e,Hindernisläufe zu Flugzeugterminals ohne erkenntli<strong>ch</strong>eDestination. Während des Geografietests wusstestdu, dass du die Fragen ni<strong>ch</strong>t alle würdest beantwortenkönnen, und warst ungewohnt zuversi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>, dass dudi<strong>ch</strong> auf deine Fantasie verlassen kannst: Irgendetwasfällt dir dann s<strong>ch</strong>on ein, und es ist ni<strong>ch</strong>t auszus<strong>ch</strong>liessen,dass es lustiger wird als der pfli<strong>ch</strong>tbewusst angeeigneteStoff.Die Träume entlassen di<strong>ch</strong> in der untersten Talsohle,und von da bri<strong>ch</strong>st du auf und gehst deine Wege. Tägli<strong>ch</strong>hinauf. Jeder Tag ein na<strong>ch</strong> oben weisender Pfeil. Zufallist es ni<strong>ch</strong>t, dass das Bild für deinen wö<strong>ch</strong>entli<strong>ch</strong>siebenmal wiederkehrenden Appell zum Aufbru<strong>ch</strong>ausgere<strong>ch</strong>net in NAIRS so greifbar wird. Hier fangenalle Tage unten an. Tiefer geht’s ni<strong>ch</strong>t mehr, undzu allen Seiten gibt es Grenzen. So viele, dass du ankommstund denkst, das kann ni<strong>ch</strong>t sein, das Engadinist do<strong>ch</strong> eine offene Lands<strong>ch</strong>aft? Der Südfassade entlangder Inn. Immer kühl, man<strong>ch</strong>mal mit weniger‚Minze’, man<strong>ch</strong>mal mit mehr. Steil über dem Haus imNorden die S<strong>ch</strong>nellstrasse, die den Verkehr na<strong>ch</strong> Scuoloder ins Oberengadin mitnimmt. Dann die unmittelbareNa<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aft des Grand Hotel, wo die jüdis<strong>ch</strong>enGäste unter si<strong>ch</strong> bleiben und uns mit unserer provisoris<strong>ch</strong>enFeuerstelle wie Pfadfinder ers<strong>ch</strong>einen lassen.Ein biss<strong>ch</strong>en unbehagli<strong>ch</strong> findest du sie s<strong>ch</strong>on, dieseGrenzziehungen, jedenfalls so, dass du die im Vorausausgemalte Vorstellung eines behagli<strong>ch</strong>en Refugiumskorrigieren musst. Wenn du davon erzählst, dann sageneinige, sie mö<strong>ch</strong>ten da ni<strong>ch</strong>t hin, und wenn, dann in dieHöhe, wo die Tage au<strong>ch</strong> gegen Herbst länger lang sind.Andere wissen, dass du dir ni<strong>ch</strong>ts Besseres hättestauswählen können: Wo es S<strong>ch</strong>atten und Quellen gäbe,da fände die kreative Energie den besten Nährboden.Einmal ganz angekommen, ist dir das Reisen insUnterland fast zuwider. I<strong>ch</strong> sage das, Mitte August imZug Ri<strong>ch</strong>tung Basel, per Mobiltelefon zu Marie, und siedarauf: ,Es kann ja au<strong>ch</strong> sein, dass du anders zurückkommst.’94
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