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FilmChronik: Nordfriesland / Nordfriislon ... - Nordfriisk Instituut

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Unser mittlerweile 50 Jahre altes Friesisches<br />

Manifest ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswertes<br />

Dokument. Es ist für seine Zeit<br />

europäisch vorausschauend. Es manifestiert<br />

eine grenzübergreifende europäische und<br />

friesische Identität im Europa der Nationalstaaten<br />

und ist für Friesen ungewöhnlich<br />

zukunftsorientiert. Aber es ist auch ein Kind<br />

seiner Zeit, das wie alles im Leben ab und an<br />

eine neue Form braucht, seinen Inhalt aktualisieren<br />

und sich neuen kulturell-politischen<br />

Rahmenbedingungen anpassen muss. Der<br />

Wortlaut muss mit dem Sprachverständnis<br />

der heutigen Zeit übereinstimmen und der<br />

Inhalt präziser formuliert werden. Vor 50<br />

Jahren steckte die europäische Union noch<br />

in den Kinderschuhen. Im Manifest von<br />

1955 heißt es: „Die Zeit drängt nach größeren<br />

Zusammenschlüssen.“ Inzwischen ist<br />

die EU seit langem politische Realität.<br />

Vor 50 Jahren mag es nötig gewesen sein,<br />

die plattdeutsche Sprache mit einzubeziehen.<br />

Im Manifest von 1955 heißt es noch:<br />

„Muttersprache, sei sie friesisch oder plattdeutsch!“<br />

Das niederdeutsche Element des<br />

Manifestes hat sich seither zu einer eigenen<br />

Größe entwickelt und kann heute für sich alleine<br />

stehen; es ist ein berechtigtes Anliegen<br />

aller Niederdeutschen in Europa geworden,<br />

wohingegen die friesische Sprache und<br />

Kultur als gemeinsames Identifikationsmerkmal<br />

aller Friesen in Europa und allen<br />

anderen Ländern dieser Welt heute deutlicher<br />

hervorgehoben wird.<br />

Ein Mitglied des Friesenrates aus Ostfriesland<br />

formulierte es so: „Ich bin selber<br />

muttersprachlich plattdeutsch, gleichwohl<br />

meine ich, dass der Interfriesische Rat sein<br />

Profil hinsichtlich der friesischen Sprache<br />

schärfen sollte. Darum geht es mir: Um<br />

eine stärkere Akzentuierung auf das Friesische,<br />

nicht aber um eine Ausgrenzung der<br />

Plattdeutschen. Wer will sich schon selber<br />

ausgrenzen? ... Und darüber lohnt sich<br />

Jörgen Jensen Hahn leitet<br />

die ����� ����� � ������<br />

������ in Risum. Seit 1995<br />

ist er Vorsitzender der ������<br />

���������. (Adresse: Dorfstr.<br />

91, 25920 Risem-Lunham /<br />

Risum-Lindholm, NF.)<br />

meines Erachtens auch ein Meinungsstreit<br />

(meinetwegen auch ein Kulturstreit); dieser<br />

kann und sollte so geführt werden, dass das<br />

gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verloren<br />

wird.“<br />

Damit bringt er die Sache auf den Punkt.<br />

Denn weder die niederdeutsche Sprache<br />

noch ihre Sprecher sollen ausgegrenzt werden.<br />

Aber wie bereits erwähnt, haben sich<br />

für diese Gruppe inzwischen besonders in<br />

Norddeutschland eigene Strukturen mit<br />

entsprechenden Organisationen entwickelt,<br />

mit denen eine Zusammenarbeit nicht nur<br />

denkbar, sondern auch wünschenswert ist.<br />

Ebenso ist es eine Tatsache, dass die<br />

Friesen in den letzten Jahrzehnten als anerkannte<br />

Minderheit gesondert herausgehoben<br />

und abgesichert worden sind. Dies<br />

wird u. a. in der Landesverfassung, im Friesisch-Gesetz,<br />

in der Sprachencharta und im<br />

Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler<br />

Minderheiten deutlich. Hier wurden<br />

ganz neue Rahmenbedingungen für die<br />

Friesen und das Friesische geschaffen.<br />

Dieser Entwicklung müssen wir uns auch<br />

bei der Betrachtung des Friesischen Manifestes<br />

von 1955 stellen. Das ist verständlich<br />

in �������, im Saterland und auch bei den<br />

Ostfriesen – und müsste es auch im Sprachenland<br />

<strong>Nordfriesland</strong> sein.<br />

Es macht also Sinn, unser gemeinsames<br />

Manifest zu aktualisieren, und das in den<br />

drei erwähnten Bereichen: Wortlaut, Inhalt<br />

und Rahmenbedingungen. Die Redewendungen<br />

und Ausdrücke des alten Manifestes<br />

mögen für die damalige Zeit die richtigen<br />

gewesen sein. Ob allerdings unsere heutigen<br />

Adressaten für moderne Sprach- und<br />

Kulturarbeit sich als Angehörige eines<br />

„Stammes“ fühlen, dessen Kultur „in den<br />

Tiefen des Volkstums“ wurzelt, das gleichsam<br />

als Deich gegen die gleichmachende<br />

Flut der Massen Schutz bietet, ist nicht anzunehmen.<br />

Ob diese Formulierungen heute<br />

noch greifen, kann bezweifelt werden. Eher<br />

stärken sie wohl die altbekannten Klischees<br />

über Friesen, wie sie oft in den Medien zur<br />

Anwendung kommen. Hier entsteht dann<br />

das Bild eines eher vergangenheitsbezogenen<br />

und rückständigen Menschen.<br />

Das genaue Gegenteil ist der Fall: Friesen<br />

sind moderne Menschen mit viel Kompetenz<br />

für das Leben in einer mehrsprachigen,<br />

europäischen Welt, ohne dabei ihre eigene<br />

sprachliche-kulturelle Identität zu verlieren.<br />

Das muss auch in unserem gemeinsamen<br />

Manifest zum Ausdruck kommen!<br />

Dass die EU sich in den letzten 50 Jahren<br />

von einem losen Staatenbund zu einer<br />

Union und wirtschaftlichen Weltmacht<br />

16 NORDFRIESLAND 152 – Dezember 2005

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