FilmChronik: Nordfriesland / Nordfriislon ... - Nordfriisk Instituut
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Belebung des Fremdenverkehrs, sodass die<br />
Zahlen der von Schlüttsiel aus beförderten<br />
Gäste stiegen.<br />
Ein bisschen Statistik: Im ersten regulären<br />
Jahr 1961 wurden in Schlüttsiel 26 401<br />
Fahrgäste und 525 Kraftwagen gezählt. 1983<br />
waren es bereits 100 942 Menschen und<br />
4 690 Autos. Im Jahr 2004 lag die Zahl der<br />
Fahrgäste bei 168 654, die der Kraftwagen<br />
bei knapp 4 000.<br />
Seit 2002 fährt von Schlüttsiel aus die<br />
1985 gebaute, zunächst zwischen Strucklahnungshörn<br />
und Pellworm eingesetzte<br />
„Hilligenlei I“, die allerdings nicht allen<br />
Wünschen gerecht wird. Im Sommer bietet<br />
sie bis zu 300 Fahrgästen und für 20 Autos<br />
Platz. Nach der sagenumwobenen Halligwarft<br />
auf Langeneß wurden auch schon früher<br />
Schiffe im Halligverkehr benannt. Nicht<br />
weniger traditionsreich sind die Namen der<br />
von Schlüttsiel fahrenden Ausflugsschiffe:<br />
MS „Rungholt“ von Uwe Petersen, MS „Seeadler“<br />
von Heinrich von Holdt, MS „Hauke<br />
Haien“ von Bernd Diedrichsen; die „Hauke<br />
Haien“ ist übrigens die erste „Amrum“ und<br />
spätere „Stadt Husum“, also fast von Anfang<br />
an mit Schlüttsiel verbunden. In den Namen<br />
der Schiffsführer spiegelt sich ebenfalls<br />
Tradition, denn hier vererbte sich die Halligschifferei<br />
zum Teil jeweils vom Vater auf<br />
den Sohn. Von Schlüttsiel aus fährt auch ein<br />
Krabbenkutter auf Fang aus, und hier liegen<br />
Schiffe des Amts für ländliche Räume.<br />
Die Halligen Hooge, Langeneß, Oland,<br />
Gröde und Habel wurden von hier aus mit<br />
Post versorgt. Diese Aufgabe erfüllte bis 1971<br />
Erich Matthiesen aus Ockholm, der seinem<br />
Vater Ernst und Großvater Wirk Matthiesen<br />
nachgefolgt war. Insgesamt 25 Jahre lang<br />
fuhr er als Postschiffer ins Wattenmeer, genau<br />
83 Haushaltungen gehörten zu seinem<br />
Bezirk. Sein Boot „Seenymphe“, das 66 Jahre<br />
lang die Post zu den Halligen gefahren hatte,<br />
wurde 1964 allerdings von einem Sturm an<br />
der Kaimauer von Schlüttsiel zerschlagen<br />
und sodann durch die größere zweite „Seenymphe“<br />
ersetzt. Nach Matthiesens plötzlichem<br />
Tod verlagerte sich der Standort des<br />
Postboots zunächst nach Oland und 1977<br />
nach Langeneß. Von dort aus versieht seitdem<br />
der allseits bekannte Postschiffer Hans<br />
Friedrich („Fiede“) Nissen den Dienst und<br />
holt sich die Post mit seinem Boot „Störtebekker“<br />
natürlich in Schlüttsiel, oder er fährt<br />
mit der Lore über den Damm.<br />
Die Anlegestelle Schlüttsiel wurde zunächst<br />
von einem Zweckverband mit den<br />
Kreisen Husum und Südtondern getragen.<br />
Die Grenze zwischen beiden Kreisen verlief<br />
am Bongsieler Kanal. Schlüttsiel lag am<br />
Schnittpunkt, es gehörte zur Gemeinde Ockholm<br />
und damit zum Kreis Husum. Im Jahre<br />
1970 übernahm sodann der neue Kreis <strong>Nordfriesland</strong><br />
die Trägerschaft. Die Land- und<br />
Wasserflächen sind Eigentum des Landes<br />
Schleswig-Holstein. Der Hafen erhielt 1969<br />
eine Fährbühne und ist mehrfach modernisiert<br />
worden. Seit April 2004 betreibt das Amt<br />
Pellworm, zu dem ja die Halligen gehören,<br />
die Anlegestelle – eine zweckmäßige Lösung,<br />
denn so entscheiden die Halligbürgermeister<br />
über das Wohl und Wehe des wichtigsten<br />
Hafens für die Halligwelt mit.<br />
Was hat es nun mit dem Namen<br />
„Schlüttsiel“ auf sich? Er leitet<br />
sich von dem Wattenstrom<br />
„Schlütt“ ab, der zwei-, dreihundert<br />
Meter westlich verläuft. Das geht<br />
auf das Friesische zurück und meint einen<br />
großen Marschgraben – im Bökingharder<br />
Friesisch ��������, im Ockholmer Friesisch<br />
�������, im Halligfriesisch ��������. Schlüttsiel<br />
bedeutet also: Siel am Graben. Ähnliche<br />
Bildungen kennen wir auch andernorts in<br />
<strong>Nordfriesland</strong>, zum Beispiel auf Pellworm,<br />
Tammensiel, aber auch in Ostfriesland, man<br />
denke an Greetsiel. Der friesische Name lautet<br />
wohl am besten: �������.<br />
Allein über das kleine Wort „Schlütt“<br />
könnte man lange philosophieren. Denn<br />
aus dem Graben, wie er eben im Friesischen<br />
genannt wird, ist ein veritabler Wattstrom<br />
geworden, der seine Lage im Laufe der Jahrhunderte<br />
stark veränderte und sich einst mit<br />
dem Bottschlott verband. Auf alten Karten<br />
heißt er auch „Slodt“ oder „Schluth“. Er verläuft<br />
heute mehrere Kilometer nach Westen<br />
und mündet in die Süderaue. So zeigt der<br />
„Schlütt“ das Grundgesetz der nordfriesischen<br />
Watten- und Marschenlandschaft:<br />
den steten Wandel.<br />
Haben in dem Gebiet, das heute Schlüttsiel<br />
heißt, in früheren Zeiten Menschen<br />
gesiedelt? Wir wissen es nicht genau. Vor<br />
tausend Jahren kamen die Friesen ins<br />
Land. Diese Gegend lag im Grenzbereich<br />
zwischen der mittelalterlichen Wirichs-<br />
und der Beltringharde. Mindestens seit der<br />
ersten großen Mandränke des Jahres 1362<br />
24 NORDFRIESLAND 152 – Dezember 2005