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FilmChronik: Nordfriesland / Nordfriislon ... - Nordfriisk Instituut

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und schließen sich selbsttätig durch Wasserdruck.<br />

Steigendes Nordseewasser bei<br />

Flut drückt die beiden Tore gegen die Sielkammer.<br />

Bei Einsetzen der Ebbe fällt der<br />

Meeresspiegel, das Binnenwasser stößt die<br />

Sieltore auf und fließt in die Nordsee ab.<br />

Die Schleuse von Schlüttsiel verfügt über<br />

vier Öffnungen. Mächtige Torflügel aus<br />

widerstandsfähigem Hartholz trotzen auch<br />

schwersten Stürmen. Jeder wiegt sechs<br />

Tonnen. Als zweite Sicherung können<br />

Notverschlüsse in Form von Schütztafeln<br />

heruntergefahren werden. Für den Sielbau<br />

benötigte man 5 000 Kubikmeter Beton und<br />

600 Tonnen Stahl. Nach alter Weise wurde<br />

das Siel im August 1959 eingeweiht. Eine<br />

Blaskapelle spielte, und man tanzte, der<br />

damalige Landwirtschaftsminister voran,<br />

durch die Schleusenkammer.<br />

Wo ein Siel ist, da findet sich<br />

häufig ein �����, zumindest<br />

eine Anlegestelle. Denn ein Siel<br />

baute man zumeist dort, wo<br />

sich ein Priel befand. Darin konnte dann<br />

bei Ebbe das Binnenwasser abfließen. Und<br />

das durch das Siel strömende Binnenwasser<br />

seinerseits trug zur Bildung einer Fahrrinne<br />

im Watt bei.<br />

Häfen sind für jede Küste die Dreh- und<br />

Angelpunkte. Häfen <strong>Nordfriesland</strong>s haben<br />

auch in die Welt der Literatur Eingang gefunden.<br />

Der Husumer Hafen spielt eine Rolle<br />

in manchen Werken Theodor Storms. Und<br />

der dortige Dichter-Bürgermeister Emanuel<br />

Gurlitt schrieb über ihn, was auch für alle<br />

anderen Häfen an der Wattenküste gilt: „De<br />

harr all längstens Weltverkehr, wenn he en<br />

beten natter weer.“<br />

Ein Hafen bildet ein Bindeglied zwischen<br />

dem festem Land und der See. Das trifft<br />

auch auf Schlüttsiel zu, aber noch mehr.<br />

Schlüttsiel ist das Bindeglied zum Nordfriesischen<br />

Wattenmeer, und damit zur Perle<br />

des Wattenmeers, zum bedeutsamsten Teil<br />

des Nationalparks. Und es stellt die Verbindung<br />

her zu einer ganz besonderen, auf der<br />

Erde einzigartigen Welt: zu den Halligen.<br />

Die Besonderheit und auch die Bedeutung<br />

dieser kleinen Inseln, deren Land bei höheren<br />

Fluten überschwemmt wird, ist erst spät<br />

erkannt worden, im 19. Jahrhundert. Einer<br />

der ersten war der dänische Märchendichter<br />

H. C. Andersen, der während seines Besuchs<br />

beim dänischen Königspaar 1844 auf Föhr<br />

die Hallig Oland besuchte. Diese Schlüttsiel<br />

nächstgelegene Hallig steht im Mittelpunkt<br />

seines Romans ���� ���� ����������� (1848).<br />

Er nennt die Halligen die „stillen Inseln in<br />

der stürmischen Nordsee“ und schreibt:<br />

„Wie doch die großen Städte mit ihren Gesellschaften<br />

und Schauspielen … arm sind<br />

gegen das liebevolle Zusammenleben mitten<br />

in dieser Einsamkeit, gegen das Schauspiel,<br />

welches Meer und Himmel hier jeden<br />

Tag und jeden Abend vor uns aufrollen!“<br />

Theodor Storm thematisierte die kleinen<br />

Eilande in seiner Novelle ����� ������������<br />

(1871). Dem Erzähler kommt die Hallig vor<br />

wie ein „Märchen“. Sie bildet ein „Ländchen<br />

der Freiheit“, und hier können einem<br />

auch die „Räder der Staatsmaschine“ nichts<br />

anhaben. Detlev von Liliencron, kurzzeitig<br />

Hardesvogt auf Pellworm, ließ ebenfalls<br />

manche seiner Dichtungen auf einer Hallig<br />

spielen. Bald „entdeckten“ auch Kunstmaler<br />

diese ganz abseitige Welt: Jacob Alberts – er<br />

wurde ��� Maler der Halligen –, Otto H. Engel<br />

oder Hans Peter Feddersen.<br />

Dass es die einzigartigen Inseln heute<br />

überhaupt noch gibt (und dass Schlüttsiel<br />

als Hafen für die Halligen existiert), ist wohl<br />

vor allem einem Mann aus Posen zu verdanken.<br />

Der Museumsbibliothekar Dr. Eugen<br />

Traeger besuchte in den 1880er Jahren alle<br />

Halligen, zum Teil monatelang, und machte<br />

den Halligschutz zu seiner Lebensaufgabe.<br />

„Seit langen Jahren führt mich alljährlich<br />

mein Weg an die wunderbaren Gestade der<br />

Nordsee, die den meisten Menschen reizlos,<br />

traurig und unwirtlich erscheinen, die aber<br />

in Wahrheit zu den eigenartigsten Gebieten<br />

der Erde gehören“. Dabei wurde er Augenzeuge,<br />

„wie Stück für Stück von dem Lande<br />

abbröckelt und sich langsam in ruhelos<br />

umhertreibende Atome auflöst“. Auf Eugen<br />

Traegers Initiative setzte 1894 eine umfassende<br />

Halligsicherung ein. Mittlerweile hatte<br />

man die Bedeutung dieser Wellenbrecher<br />

für den Küstenschutz erkannt.<br />

Festlandshäfen für den Halligverkehr<br />

gibt es natürlich seit Jahrhunderten, und<br />

insofern kann Schlüttsiel, so jung es ist, auf<br />

eine lange Tradition zurückblicken. Von seinem<br />

Vorgängerhafen Bongsiel aus, angelegt<br />

nach dem Bau des ersten Bongsieler Kanals,<br />

fuhren mindestens seit 1744 Schiffe nach<br />

den Halligen. Diese Anlegestelle fand dann<br />

später Eingang in die Welt der Kunst. Viele<br />

Maler bezahlten ihre Zeche bei dem Kröger-<br />

NORDFRIESLAND 152 – Dezember 2005 21

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