30.07.2015 Aufrufe

Broschüre: Pflegesensible Arbeitszeitgestaltung - Familie - DGB

Broschüre: Pflegesensible Arbeitszeitgestaltung - Familie - DGB

Broschüre: Pflegesensible Arbeitszeitgestaltung - Familie - DGB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

seitens der Unternehmensleitung erfolgen oder über gegen seitigenInformationsaustausch unter den Beschäftigten. Auch dieserkollegiale Austausch kann vom Betrieb unterstützt werden, z. B.in Form eines „Pfl egestammtisches“. Je offener innerhalb einesUnternehmens über das Thema Pfl ege kommuniziert wird, destoleichter fällt es den Beschäftigten, sich als Pfl egende zu ‚outen‘ undmit anderen Betroffenen in einen Informations- und Erfahrungsaustauschzu treten.„Die meisten Unternehmen wissen eigentlich gar nicht,was bei ihren Beschäftigten los ist, gerade zum ThemaPfl ege. Das läuft irgendwie, die machen das irgendwie.Und dann kommt eine Kündigung oder jemand ist häufi geroder andauernd krank, ohne dass man weiß, warum. Wennich weiß, da ist eine permanente Überforderungssituation,dann kann ich gucken, welche Möglichkeiten ich überhaupthabe. Ich will ja auch gute Mitarbeiter halten, die mir sonstirgendwann ausfallen würden.“(Referentin eines Wohlfahrtsverbandes)Entgegenkommen und VerständnisUnmittelbare Vorgesetzte und Kollegen/innen können eine zentraleStütze für Beschäftigte mit privater Pfl egeverantwortung darstellen,wenn sie adäquat mit den pfl egebedingten Belangen und Bedarfender Betroffenen umgehen. Dies bedeutet einerseits, offen zu seinfür die besondere Situation, also beratend und unterstützend zurSeite zu stehen. Andererseits bedeutet es, die Betroffenen als‚normale‘ Beschäftigte zu behandeln und nicht als ‚Sonderling‘ imBetrieb zu betrachten.Spezifi sche MaßnahmenNeben den genannten Entlastungsangeboten kann der Betriebweitere spezifi sche Maßnahmen anbieten, die der Etablierung einerpfl egesensiblen Betriebskultur dienen. Eine dieser Maßnahmenwäre eine betriebliche Sozialberatung für Pfl egende. Das Angebotkann sowohl fachlicher Art sein (rechtliche Aspekte, Erbschaftsfragen,Informationen über das formale Vorgehen bei Eintritt einerPfl egesituation). Entsprechende Angebote werden erfahrungsgemäßauch von Beschäftigten wahrgenommen, bei denen aktuell(noch) keine Pfl egesituation vorliegt. Diese Prophylaxe führt dazu,dass die Beschäftigten im ‚Ernstfall‘ besser vorbreitet sind undder Stress zu Beginn einer Pfl egesituation deutlich verringert wird.Pfl egerelevante Informationen zu streuen, kann in vielerlei Hinsichtgeschehen.„Wir haben so ein Shuttle für unsere Beschäftigten, derzwischen den betrieblichen Dienststellen hin und her fährt.In dem Shuttlebus haben wir einen Bildschirm eingebaut,der die ganzen Anlaufstellen für pfl egende Beschäftigteaufl istet, z. B. häuslicher Notfalldienst und ambulantePfl ege dienste. Die Zeit im Shuttlebus nutzen unsereMit arbeiter so, um sich zu informieren.“(Betriebsrätin und Pfl egeverantwortliche in einemDaten verarbeitungs unternehmen)Darüber hinaus stoßen Seminare zur eigenen Gesunderhaltungsowie zur eigenen Work-Life-Balance auf großes Interesse derZielgruppe. Insbesondere solche Seminare führen dazu, dass dieBeschäftigten weniger häufi g krankheitsbedingt ausfallen.Weitergehende spezifi sche Maßnahmen können sein: Ein Wäscheservice,die Möglichkeit zur Essensmitnahme aus der Kantine,vergünstigte Mitgliedschaft in einem Sportcenter oder eine (fi nanzielle)Unterstützung bei der Betreuung der pfl egebedürftigenPerson etc.3.4 Die Pflegephasen –passende Gestaltungselemente zur richtigen ZeitPfl ege verläuft – stark schematisiert – zumeist in drei zeitlichenPhasen, die sich hinsichtlich der Pfl egeaufgaben und des Pfl egeaufwandesunterscheiden und damit jeweils andere Anforderungenan die Pfl egeperson stellen.„Den berufl ichen Ausstieg fi nde ich in der fi nalen Pfl egephase,wenn also klar ist, ein Angehöriger wird versterben,sehr interessant. Es ist eine tolle Möglichkeit zu sagen,mein Arbeitsplatz ist mir sicher und jetzt ist einfach dieserMensch wichtig und ich bin vier Monate raus. Aber inder Regel dauern die Pfl egesituationen sehr viel längerund da benötigt man längerfristige Regelungen.Ich denke, für diese Zeiten sind andere Dinge wichtiger alsein berufl icher Ausstieg.“(Beraterin in einer öffentlichen Pfl egeberatungsstelle)Eine pfl egesensible <strong>Arbeitszeitgestaltung</strong> berücksichtigt, dass jedePfl egephase ihre eigenen arbeitszeitlichen und -organisatorischenRegelungen benötigt. Die folgenden Abschnitte liefern einenÜberblick darüber, welche Maßnahmen in welcher der drei Phasenbesondere Bedeutung erfahren.Beginn der Pfl egesituation – Organisation der Pfl egesituationAnders als Elternschaft ist der Beginn einer Pfl egesituation nichtplanbar und kann plötzlich daher kommen. Aber auch eine schleichendeÜbernahme von immer mehr Unterstützungs- und Pfl egeleistungenfür andere Menschen erleben viele. Handlungen undEntscheidungen stehen dann unter mehr oder weniger großemZeitdruck. In dieser Phase geht es vordergründig um einen Aufbauund eine (Neu-)Organisation der Pfl egesituation. Dazu sind vielfältige,zeitaufwändige Organisationsarbeiten zu leisten: Informationeneinholen, mit der pfl egebedürftigen Person interagierenund Konsens in vielfältiger Hinsicht herstellen, Lösungsmustererarbeiten, Kooperationsbeziehungen herstellen, soziales Kapitalmobilisieren, sich selbst mit der Rolle als Pfl egende(r) identifi zieren,Behördengänge erledigen, die eigene <strong>Familie</strong> darauf einstellen,Umzüge durchführen, Umbauten realisieren und nicht zuletztEntscheidungen über die eigene Rolle im Verhältnis von Pfl egeund Beruf mit Angehörigen diskutieren und zu Entscheidungengelangen.17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!