Der mündige Patient (PDF) - Mukoviszidose e.V.
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Spektrum-Thema: <strong>Der</strong> <strong>mündige</strong> <strong>Patient</strong><br />
Die Alarmglocken müssen klingeln<br />
Tja, mit der Mündigkeit des erwachsenen<br />
<strong>Patient</strong>en ist das so eine Sache. Ich plaudere<br />
da jetzt mal aus dem Nähkästchen<br />
– sehr wohl wissend, dass ich den erwachsenen<br />
<strong>Patient</strong>en meiner Ambulanz mit<br />
Sicherheit aus der Seele spreche.<br />
Wenn wir wirklich das Erwachsenenalter<br />
erreicht haben und als Muko nicht als<br />
„das ewige Kind“ bei unseren Eltern versackt<br />
sind, sondern unser Leben selbständig<br />
in die Hand nehmen, dann sind wir<br />
also mündig. Schade nur, dass genau diese<br />
Mündigkeit in meiner Ambulanz nicht<br />
nur nicht gefragt ist – nein, sie ist ganz<br />
klar unerwünscht. In meiner Ambulanz<br />
funktioniert das erste Gebot der Bibel<br />
ganz hervorragend: „Ich bin Dein Gott, Du<br />
sollst keine anderen Götter haben neben<br />
mir.“ Auch wenn die Herrschaften auf den<br />
Kongressen immer wieder formulieren,<br />
wie sehr sie die Mitbestimmung und die<br />
Selbstbestimmtheit des <strong>Patient</strong>en schät-<br />
zen: alles gelogen. Man wird mit uns nicht<br />
fertig, weil wir uns eben selbst bestimmen<br />
wollen. Kinder bzw. deren unerfahrene<br />
Eltern lassen sich da viel besser gängeln.<br />
Unsere mehr als nur geschätzte Ärztin<br />
ging – weil sie eine Gefahr darstellte bezogen<br />
auf das erste Gebot. Unsereiner ist<br />
mittlerweile so dermaßen ermüdet vom<br />
Arztwechsel und Kompetenzgerangel, dass<br />
man sich überlegt, ob das Erreichen des Erwachsenenalters<br />
echt noch erstrebenswert<br />
ist. Es ist nämlich verdammt anstrengend,<br />
sich neben Existenzängsten und mangelhafter<br />
Lungenfunktion und Leber und<br />
Nierenwerte auch noch mit Ärzten auseinanderzusetzen,<br />
die – zugegeben – fachlich<br />
kompetent, aber menschlich leider nicht<br />
ausreichend sind. Ein Muko-Arzt muss jedoch<br />
genau diese zwei Züge drauf haben.<br />
Und in der Vergangenheit gab es ja auch<br />
solche: niedergelassen UND in der Uni.<br />
Suche ich mir einen Hausarzt, dann muss<br />
ich versprechen, nicht wirklich in Er-<br />
scheinung zu treten, ich will ja nur eine<br />
Unterschrift auf eine Überweisung und<br />
nicht sein mickriges Budget sprengen.<br />
Gehe ich beispielsweise zu einem Gynäkologen,<br />
ist man über solch einen „Exoten“<br />
wie mich erfreut, aber leider nicht handlungsfähig.<br />
„Da hat ja keiner mit gerechnet,<br />
dass Sie so alt werden“ oder „Die Spätfolgen<br />
des Diabetes muss ich Ihnen ja nicht erklären<br />
– so alt werden Sie ja eh nicht.“<br />
Ja, solche Phrasen muss man sich (nicht<br />
unkommentiert meinerseits wohlgemerkt<br />
– ich habe es ja an der Lunge und nicht am<br />
Kopf) gefallen lassen. Und ich habe echt<br />
keine Lust, meine Geschichte schon wieder<br />
einem neuen Arzt zu erzählen (wenn<br />
denn einer bis Oktober gefunden wird).<br />
Meine Uni zieht nun in Betracht,<br />
40 erwachsene! <strong>Mukoviszidose</strong>-<strong>Patient</strong>en<br />
zurück in die Kinderklinik zu holen. Mit<br />
zwei Belegbetten immerhin. Das möchte<br />
ich nicht, Herr Dr. Rietschel oder Frau<br />
Dr. van Koningsbruggen-Rietschel. Und<br />
meine Mitstreiter wollen das auch nicht.<br />
Wir sind nicht erwachsen geworden, um<br />
uns jetzt „back to the roots“ zu bewegen.<br />
Wenn wir in die Uni gehen, dann weil es<br />
uns schlecht geht. Da brauchen wir kein<br />
Kindergeschrei, sondern unsere Ruhe.<br />
Und ich habe auch keine Lust mehr, mir<br />
die Apotheke für die Heiminfusion vorschreiben<br />
zu lassen. Das ist laut Auskunft<br />
der Ärztekammer auch unzulässig.<br />
Wenn ich es mir recht überlege: Leute,<br />
ich bin jetzt schon über 44 Jahre in<br />
diesem anstrengenden Business. Und<br />
ich mache meine Hausaufgaben: im<br />
Netz, über Muko e.V. oder sonstwie.<br />
Aber, so wie ich (und meine Mitleidenden)<br />
behandelt werde, bekomme ich es echt mit<br />
der Angst zu tun. Wir sollen von Juli bis<br />
Oktober nur im Notfall kommen. Es gibt<br />
keine Routinetermine bis dahin. Geht’s<br />
noch? Ach, und wo wir schon mal dabei