Der mündige Patient (PDF) - Mukoviszidose e.V.
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Persönliche Begegnung bevorzugt<br />
Im Rahmen der Diskussionen und Ana-<br />
lysen der Behandlungssituation in den<br />
<strong>Mukoviszidose</strong>-Ambulanzen wird immer<br />
wieder über eine Verbesserung der Personalschlüssel,<br />
der Strukturen und der kostendeckenden<br />
Abrechungsmodalitäten gesprochen.<br />
So wichtig und zentral das auch<br />
ist: Ein Aspekt ist in der bisherigen Situation<br />
jedoch untergegangen. Ein wesentlicher<br />
Faktor für eine gute Behandlung ist meines<br />
Erachtens ein positives Arzt-<strong>Patient</strong>en-<br />
Verhältnis. Kennzeichnend dafür ist insbesondere<br />
die Eigenverantwortung des <strong>Patient</strong>en,<br />
der mitdenkt – der nicht leidet (so<br />
die Übersetzung des lateinischen Wortes<br />
<strong>Patient</strong>), sondern mitgestaltet. Als Leitbild<br />
sollte der <strong>mündige</strong> <strong>Patient</strong> dienen. So weit<br />
die Theorie.<br />
Wie sieht aber die Realität aus?<br />
Wer Informationen sucht, begibt sich heute<br />
zunehmend ins Internet, sucht Kontakt in<br />
Mailing-Listen, Chats und Internetforen<br />
oder bewegt sich in der Facebook-Welt.<br />
<strong>Der</strong> persönliche Kontakt, sei es telefonisch,<br />
durch die Teilnahme an Selbsthilfe-<br />
gruppen oder den Besuch von Seminaren,<br />
nimmt immer mehr ab. Die Mündigkeit<br />
des <strong>Patient</strong>en hängt aber ganz wesentlich<br />
von seiner Informiertheit ab. Kompetent<br />
mit seinem Arzt diskutieren kann man<br />
nur, wenn man sich vorher selbst eine Meinung<br />
gebildet hat.<br />
Reicht dazu wirklich das gelegentliche Surfen<br />
und virtuelle Informieren im Internet<br />
aus? Ich bezweifele das, und zahlreiche<br />
Gespräche mit „virtuellen“ <strong>Patient</strong>en bestätigen<br />
mir dies. Erstaunliche Wissensdefizite<br />
werden offenbar. Das beginnt bei der<br />
Unkenntnis, was Lungenfunktionswerte<br />
aussagen, geht über die Ahnungslosigkeit,<br />
welche Bedeutung die hochkalorische Ernährung<br />
auch für den Verlauf der bronchopulmonalen<br />
Situation hat, und endet<br />
bei Gerüchten und Vermutungen, was die<br />
Wirkungen und Nebenwirkungen von Antibiotika<br />
sind. Da behandeln sich mitunter<br />
über Jahre <strong>Patient</strong>en selbst ausschließlich<br />
mit Homöopathie – die Folgen können dramatisch<br />
sein. Mir scheint der informierte<br />
<strong>Patient</strong> umso wichtiger, um entscheidende<br />
- Medizinprodukt -<br />
Spektrum-Thema: <strong>Der</strong> <strong>mündige</strong> <strong>Patient</strong><br />
Fragen während des<br />
kurzen Ambulanzbesuchs<br />
diskutieren<br />
und klären zu können<br />
und auf diese Weise<br />
die Therapie zu optimieren. Denn auf eine<br />
Verschlechterung der gesundheitlichen<br />
Situation kann immer mit verschiedenen<br />
Therapiemaßnahmen reagiert werden, die<br />
alle ihre Vor- und Nachteile haben. Ist eine<br />
Reha sinnvoll? Oder verbesserte Physiotherapie?<br />
Oder ein Wechsel des Antibiotikums?<br />
Das Risiko, eine nicht optimale Behandlung<br />
auszuwählen, nimmt zu, wenn der<br />
<strong>mündige</strong> <strong>Patient</strong> seinem Arzt nicht gleichberechtigt,<br />
auch als Korrektiv, gegenübertreten<br />
kann. Auf Facebook kann man zwar<br />
seinen 103 so genannten Freunden trefflich<br />
einen „Guten Morgen“ wünschen, zur<br />
Meinungsbildung trägt das aber nicht bei.<br />
Schöne neue, schöne heile Welt?<br />
Thomas Malenke<br />
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