Fresh Start! - Landessportverband für das Saarland
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56 KANUSPORT<br />
Fotos: Neidhardt<br />
Eskimotieren<br />
Die Lebensversicherung<br />
des Kanuten<br />
Rollen oder besser bekannt unter dem Begriff eskimotieren gehört zum Paddler Einmaleins dazu. Zumindest diejenigen, die<br />
es auf schnelle Gewässer zieht oder auf dem Meer paddeln, sollten <strong>das</strong> Eskimotieren beherrschen.<br />
Text: Armin Neidhardt<br />
Bekanntlich scheut der Paddler nichts<br />
mehr als <strong>das</strong> Wasser. Doch Spaß beiseite:<br />
<strong>das</strong> Beherrschen der Kenterrolle im Wildwasser,<br />
auf dem Meer oder bei einer Seeüberquerung<br />
ist eine kleine Lebensversicherung<br />
<strong>für</strong> den Kanuten. Vor allem bei<br />
kalten Wassertemperaturen kühlt der Körper<br />
bei einer Kenterung rasant schnell aus<br />
und die Kräfte schwinden enorm, bis <strong>das</strong><br />
rettende Ufer je nach Entfernung schwimmend<br />
überhaupt erreicht wird. Wer alleine<br />
auf dem Wasser unterwegs ist, bei einer<br />
Kenterung keine fremde Hilfe hat und<br />
schlecht ausgerüstet ist – keine Schwimmweste<br />
und kein Neoprenanzug beispielsweise-,<br />
<strong>für</strong> den kann es eng werden. Leider<br />
Informationen<br />
Das Eskimotieren kommt wie der Name<br />
schon sagt von den Eskimos bzw. Inuit.<br />
Für sie war die Kenterrolle überlebenswichtig,<br />
denn ein Aussteigen in <strong>das</strong> eiskalte<br />
Wasser der Meere hätte den sicheren<br />
Tod bedeutet. Es gibt kaum ein<br />
Volk, <strong>das</strong> diese Technik so ausgefeilt<br />
beherrscht. Wer beispielsweise an den<br />
grönländischen Kajakmeisterschaften<br />
teilnehmen möchte, muss ca. 30 Techniken<br />
des Eskimotierens oder besser<br />
gesagt des Sichwiederaufrichtens aus<br />
dem Wasser beherrschen. Wer sich einige<br />
Techniken vor dem Ausprobieren<br />
anschauen möchte, ist unter www.youtube.com<br />
richtig.<br />
Weitere Infos: www.kanu-saar.de<br />
2/2012<br />
ereignen sich immer wieder solche tragischen<br />
Unfälle.<br />
Der Saarländische Kanu-Bund bietet daher<br />
jeden Winter an drei Samstagabenden seinen<br />
Mitgliedern ein Eskimotiertraining im<br />
Schwimmbad an. Auch wenn es <strong>für</strong> die Verantwortlichen<br />
von mal zu mal schwieriger<br />
wird, ein geeignetes Schwimmbad im Winter<br />
zu bekommen. Ein Dank daher an die<br />
Stadt Saarlouis, die ihr Hallenbad zum<br />
wichtigen Eskimotiertraining zur Verfügung<br />
gestellt hat.<br />
Unter fachkundiger Anleitung lernen die<br />
Kanuten die Rolle. Für die Anfänger geht<br />
es in <strong>das</strong> Nichtschwimmerbecken mit rd.<br />
80 cm Wassertiefe. Die Könner gehen mit<br />
ihren Kajaks gleich ins tiefe Wasser und<br />
drehen sogar ohne Paddel. Zumindest ist<br />
<strong>das</strong> Wasser im Hallenbad rd. 24°C warm.<br />
Und <strong>das</strong> sind ideale Voraussetzungen, um<br />
<strong>das</strong> Eskimotieren zu üben. Vor allem <strong>für</strong> die<br />
Jugend.<br />
Rein in <strong>das</strong> zuvor geschrubbte Boot, die<br />
Spritzdecke draufgemacht und dann die<br />
Anweisungen. Paddel auf die Seite legen,<br />
mit den Händen gut festhalten, die Oberschenkel<br />
fest unter den Süllrand des Bootes<br />
gepresst, leicht gebeugt, einmal Luft<br />
holen und schwupp, die erste Hälfte der<br />
Rolle geht wie von alleine. 180°-Drehung,<br />
die Wasserwelt auf dem Kopf sieht ganz<br />
anders aus, lauter Beine, jetzt noch <strong>das</strong><br />
Paddel richtig einsetzen, kräftig ziehen<br />
und dann den Hüftschwung ansetzen. Das<br />
Boot dreht nicht richtig auf und pendelt<br />
wieder zurück. Noch einmal, letzte Kräfte<br />
mobilisieren, leicht gebeugt und dann: ja,<br />
<strong>das</strong> Boot hat sich gedreht, aber die beiden<br />
Helfer an den beiden Enden des Kajaks<br />
haben kräftig unterstützt und am Paddel<br />
hat auch noch jemand gezogen. So könnte<br />
es gehen. Das Gefühl da<strong>für</strong> ist zumindest<br />
schon mal da. Das ganze Spiel noch einmal<br />
und noch einmal. Dann kommt der nächste<br />
an die Reihe. Nach drei oder vier Mal ist<br />
genug Wasser in den Ohren und der letzte<br />
Versuch war völlig miserabel. Der Griff zur<br />
Spritzdecke war instinktiv vorprogrammiert<br />
und der Ausstieg ebenso. Jetzt heißt<br />
es wieder Boot aus dem Wasser holen, leeren<br />
und den nächsten reinlassen. Das hat<br />
Kraft gekostet wie bei einer echten Kenterung<br />
auf dem Fluss, wenn <strong>das</strong> Boot voll<br />
Wasser ist und an Land muss. Die zweite<br />
Runde klappt schon besser. Trotzdem will<br />
<strong>das</strong> Paddel unter Wasser nicht so richtig<br />
zum Einsatz kommen. Vielleicht ist es gar<br />
nicht so schlecht, den Schwung der ersten<br />
halben Drehung mitzunehmen und sofort<br />
aufzudrehen. Naja, so einigermaßen und<br />
mit ein wenig Hilfe der anderen hat <strong>das</strong><br />
Training heute funktioniert. Zumindest <strong>das</strong><br />
Gefühl ist weg, bei einer Kenterung sofort<br />
aussteigen zu müssen. Auch wenn die Rolle<br />
nicht auf Anhieb klappt, so ist die Angst<br />
vor einer Kenterung ein wenig gewichen.<br />
Schon deshalb hat sich <strong>das</strong> Training<br />
gelohnt. Im Sommer, <strong>das</strong> ist schon ausgemacht,<br />
wird auch mal in freier Natur geübt.<br />
Wenn <strong>das</strong> Wasser warm ist und zum Baden<br />
einlädt. In der Gruppe macht’s dann<br />
zudem noch Spaß und man kann die Rolle<br />
spielerisch erlernen.<br />
Es gibt Kanuten, die setzen sich ins Boot,<br />
eskimotieren an einem Trainingsabend <strong>das</strong><br />
erste Mal und können es auf Anhieb.<br />
Naturtalent eben. Zu viel nachdenken und<br />
sich theoretisch vorstellen, wie es gehen<br />
könnte, ist meist der falsche Ansatz. Aber<br />
<strong>das</strong> ist individuell ganz unterschiedlich,<br />
genauso wie die vielen Facetten des Eskimotierens.<br />
Jeder Trainer hat andere<br />
Methoden und letztendlich geht Probieren<br />
über Studieren. Beim Eskimotieren allemal.