Die Kirchensteuer – Eine kurze Information - Evangelische Kirche in ...
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<strong>Die</strong> <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong> <strong>–</strong> <strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>kurze</strong> <strong>Information</strong><br />
© Dr. Jens Petersen<br />
Voraussetzungen geknüpft, zweiteres ist z.B. durch das <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong>gesetz für die Prov<strong>in</strong>z Hannover<br />
vom 10.3.1906 58 abgeschafft worden.<br />
Grundlagen<br />
Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen und<br />
bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden, wenn deren E<strong>in</strong>ziehung nach Lage<br />
des e<strong>in</strong>zelnen Falles sachlich unbillig wäre. In den <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong>gesetzen wird bestimmt, dass sich e<strong>in</strong><br />
Erlass oder auch e<strong>in</strong>e andere Maßnahme der abweichenden E<strong>in</strong>kommensteuerfestsetzung auch auf<br />
die <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong> erstreckt.<br />
Unabhängig von Billigkeitsmaßnahmen im Rahmen der Festsetzung der Maßstabsteuer eröffnen die<br />
<strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong>gesetze der Ländern den <strong>Kirche</strong>n den Gestaltungsrahmen, über Anträge auf Erlass aus<br />
Billigkeitsgründen (sowie Anträge auf Stundung, Niederschlagung oder Erstattung), die nur die<br />
<strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong> betreffen, unabhängig von der Maßstabsteuer zu entscheiden. Hierdurch werden<br />
kirchenspezifische Billigkeitsgründe anerkannt und abstrakt-gesetzlich normiert.<br />
Zu beachten ist aber, dass der Grundsatz der Gesetz- und Tatbestandsmäßigkeit des Steuerrechts<br />
auch für den Erlass der <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong> aus kirchenspezifischen Gründen e<strong>in</strong>e ausreichende normative<br />
Grundlage zum<strong>in</strong>dest auf kirchenrechtlicher Ebene verlangt 59 . Der kirchliche Gesetz- und<br />
Verordnungsgeber kann <strong>in</strong>nerhalb der Grenzen des staatlichen <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong>gesetzes nicht nur über<br />
die Art und Höhe der <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong> entscheiden, sondern auch über etwaige Modifizierungen.<br />
Dergestaltige verb<strong>in</strong>dliche Regelungen müssen wenigstens <strong>in</strong> der Form von Erlassrichtl<strong>in</strong>ien<br />
vorliegen, <strong>in</strong> denen die Voraussetzungen bezüglich e<strong>in</strong>er Reduzierung e<strong>in</strong>schließlich des<br />
Entscheidungsspielraum benannt s<strong>in</strong>d. Ihre Verwendung <strong>in</strong> der Praxis verleiht ihnen<br />
B<strong>in</strong>dungswirkung für den Bereich dieser <strong>Kirche</strong>; der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) ist zu<br />
beachten und die E<strong>in</strong>haltung kann gerichtlich überprüft werden 60 .<br />
Aufgrund der Mitgliederbezogenheit darf die <strong>Kirche</strong>nzugehörigkeit nicht nur für die Steuerpflicht als<br />
solche, sondern auch für deren Reduzierung maßgebend se<strong>in</strong>. Deshalb kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kirchlichen<br />
Rechtsgrundlage geregelt werden, dass kirchenspezifische Gründe mit e<strong>in</strong>em von § 227 AO<br />
abweichendem Inhalt für die Gewährung e<strong>in</strong>es Erlasses ausschlaggebend s<strong>in</strong>d. So kann e<strong>in</strong> Erlass mit<br />
der Zwecksetzung e<strong>in</strong>er Festigung der B<strong>in</strong>dung zwischen <strong>Kirche</strong>nmitglied und <strong>Kirche</strong> begründet<br />
werden. E<strong>in</strong> solcher Teilverzicht der festgesetzten <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong> wird von der Rechtsprechung 61<br />
<strong>in</strong>soweit als geeignete Maßnahme angesehen. Da diese Zielsetzung nur bei <strong>Kirche</strong>nmitgliedern zu<br />
erreichen ist, kommt nur bei ihnen e<strong>in</strong>e Ermäßigung der <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong>schuld als<br />
Billigkeitsmaßnahme <strong>in</strong> Betracht. <strong>Die</strong> <strong>in</strong>haltliche Präzisierung des unbestimmten<br />
Tatbestandsmerkmals der Festigung der Beziehung des <strong>Kirche</strong>nmitglieds zur <strong>Kirche</strong> ist allerd<strong>in</strong>gs<br />
vorzunehmen.<br />
Beispiel: E<strong>in</strong> Steuerpflichtiger erzielt E<strong>in</strong>künfte aus Vermietung und Verpachtung <strong>in</strong> Höhe von 100<br />
sowie außerordentliche E<strong>in</strong>künfte (Abf<strong>in</strong>dung) <strong>in</strong> Höhe von 600 wegen Verlust se<strong>in</strong>es Arbeitsplatzes.<br />
Zur Vermeidung von Belastung mit <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong> tritt er im Jahr der Zahlung der Abf<strong>in</strong>dung aus der<br />
<strong>Kirche</strong> aus. Im Folgejahr stellt er den Antrag, die auf die Abf<strong>in</strong>dung entfallende <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong> um 50%<br />
58 <strong>Kirche</strong>ngesetz betreffend die Erhebung von <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong>n <strong>in</strong> den <strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>den und<br />
Gesamtverbänden der evangelisch-lutherischen <strong>Kirche</strong> der Prov<strong>in</strong>z Hannover, v. 10.3.1906, KABl. 1906, 25;<br />
Gesetz, betreffend die Erhebung von <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong>n <strong>in</strong> den <strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>den und Gesamt- (Parochial-)<br />
Verbänden der evangelisch-lutherischen <strong>Kirche</strong>n der Prov<strong>in</strong>zen Hannover und Schleswig-Holste<strong>in</strong>, sowie <strong>in</strong><br />
den <strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>den der evangelisch-reformierten <strong>Kirche</strong> der Prov<strong>in</strong>z Hannover, vom 22.3.1906, KABl.<br />
1906, 36; nach der alten Ordnung konnte über die Höhe der zu entrichtenden <strong><strong>Kirche</strong>nsteuer</strong> verhandelt<br />
werden (Paktierung).<br />
59 BVerwG, 21.5.2003, 9 C 12.02, BVerwGE 118, 201; NJW 2003, 3001<br />
60 BVerwG, 21.5.2003, 9 C 12.02, BVerwGE 118, 201; NJW 2003, 3001; FG Nürnberg, 2.2.1995, VI 41/91,<br />
BB 1995, 1223, EFG 1995, 691<br />
61 BVwerG, a.a.O.