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Geschlechtsdifferenzierung und ihre Abweichungen - oapen

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Bericht über die Podiumsdiskussion<br />

regelvollzug oder in einem Gefängnis untergebracht werden sollten. Dies erschließe<br />

sich von der Pathologie her, <strong>und</strong> hier müsse man sich ernstlich fragen, wie<br />

„frei“ der Wille bei solchen Personen überhaupt noch sein könne.<br />

Herr Professor Dr. med. Jürgen L. Müller erwiderte, dass die dabei üblicherweise<br />

genannten Eigenschaften wie „Kaltblütigkeit“, „Furchtlosigkeit“ usw. natürlich<br />

auch jene Eigenschaften seien, die Menschen zu einer Führungsposition in der<br />

Gesellschaft prädisponierten. Herr Ackermann oder Michael Schuhmacher wären<br />

anders sicherlich nicht erfolgreich gewesen, so dass diese Eigenschaften allein noch<br />

nicht die Krankheit ausmachen dürften.<br />

Frau Professorin Dr. iur. Tatjana Hörnle wies mit Blick auf die Buchstaben des<br />

Gesetzes darauf hin, dass schwere dissoziale Persönlichkeitsstörungen eindeutig<br />

unter § 20 StGB zu subsumieren wären, wenn eine gewisse Erheblichkeit gegeben<br />

sei. Die Lösung, die Herr Privatdozent Dr. Hill andeute, wäre zwar ein gangbarer<br />

Weg, der im Moment jedoch außerhalb des Gesetzes liege. Der BGH tendiere<br />

zwar in diese Richtung, indem zwar nicht § 20, wohl aber § 21 StGB gelegentlich<br />

für solche Fälle angenommen werde.<br />

Herr Professor Dr. med. Jürgen L. Müller ergänzte, dass das einschlägige Referenzsystem<br />

für die Annahme des § 20 eine akute Psychose erfordere, so dass die von<br />

Herrn Privatdozent Dr. Hill in Bezug genommenen Personen hierunter i.d.R. nicht<br />

gefasst werden könnten, weil sie den erforderlichen Schweregrad nicht erreichen<br />

würden; denn diese Personen hätten noch einen wirksamen Bezug zur Wirklichkeit.<br />

Herr Professor Dr. med. Dr. h.c. Wolfgang Engel leitete nun über zu der Frage, wie<br />

es gerechtfertigt werden könne, dass bei einem intersexuellen Kind keine Operation<br />

zur Geschlechtsanpassung durchgeführt werden dürfe, bevor es 18 Jahre alt ist.<br />

Ein solches Kind würde sich in einer Situation befinden, in welcher es im schulischen<br />

Sport- oder Schwimmunterricht möglicherweise die ganze Zeit gehänselt<br />

<strong>und</strong> gemobbt werde. Damit könnten erhebliche Probleme sowie Entwicklungsstörungen<br />

einhergehen <strong>und</strong> es könne die Gefahr entstehen, dass diese Person zum<br />

Beispiel in irgendeiner Weise aufgr<strong>und</strong> dieser gesamten Erlebnissituation straffällig<br />

werde.<br />

Diese Fragestellung werde von der falschen Seite aufgeworfen, erwiderte daraufhin<br />

Frau Professorin Dr. iur. Konstanze Plett, LL.M.. Die Gr<strong>und</strong>frage sei nämlich,<br />

wie diese Operationen gerechtfertigt werden könnten, wenn sie nicht zum Erhalt<br />

des Lebens erforderlich seien. Menschen dürften nicht bereits deswegen operiert<br />

werden, weil die Gesellschaft sie nicht aushält. Ein Hänseln in der Schule sei<br />

schließlich auch bei anderen Diskriminierungen einschlägig. Es würden nur Aufklärung<br />

<strong>und</strong> Bemühungen dazu helfen, dass sich das Umfeld in der Schule <strong>und</strong> der<br />

sozialen Mitwelt ändere. Häufig werde diese Situation in den AWMF 3-Leitlinien<br />

aber als psychosozialer Notfall dargestellt. Jedoch sei nicht das neugeborene Kind<br />

als der psychosoziale Notfall zu begreifen, sondern vielmehr die Eltern <strong>und</strong> die<br />

3 Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften.<br />

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