Geschlechtsdifferenzierung und ihre Abweichungen - oapen
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Strafrechtliche Sanktionierung sexueller <strong>Abweichungen</strong><br />
Gliedes vor einer anderen Person, um sich durch dieses Vorzeigen sexuell zu erregen.<br />
5<br />
Bei anderen Sexualdelikten trägt allerdings der Blick auf den sexuellen Vorgang<br />
in seinem äußeren Ablauf nicht in vergleichsweise unkomplizierter Weise das Urteil<br />
„sexuell abweichend“. Charakteristisch für die meisten Tatbestände ist, dass der<br />
Täter eine Macht-, Autoritäts- oder Vertrauensposition ausnutzt, um das Opfer zu<br />
einer Duldung oder zu aktiven Handlungen zu bewegen. Eine solche Macht-,<br />
Autoritäts- oder Vertrauensposition kann in Form von Macht vorliegen, die durch<br />
den Einsatz von Gewalt oder Drohungen erlangt wurde (§ 177 Abs. 1 Nr. 1, 2<br />
StGB), in Form von Autorität aufgr<strong>und</strong> sozialer Rollen (etwa als Lehrer gegenüber<br />
Schülern, § 174 Abs. 1 Nr. 1, 2 StGB <strong>und</strong> als Polizist gegenüber Beschuldigten,<br />
§ 174 a StGB) oder in Form von Vertrauensverhältnissen (etwa von Eltern <strong>und</strong><br />
Kindern, § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Die sexuelle Komponente als solche ist oft nicht<br />
als Abweichung von „gewöhnlicher“ Sexualbetätigung erkennbar. Selbst bei Delikten<br />
wie sexuelle Nötigung <strong>und</strong> Vergewaltigung zeigt sich im Sexualakt nicht<br />
zwangsläufig, dass hier von „normalem“ Sexualverhalten abgewichen wird. Dies<br />
kann zwar bei gewalttätigem Vorgehen der Fall sein, wenn die Gewaltanwendung<br />
<strong>und</strong> die sexuellen Handlungen ineinanderfließen. Da aber nach geltendem Recht<br />
z.B. auch die Ausnutzung der Furcht des Opfers genügt (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB),<br />
ist nicht jede Vergewaltigung im sexuellen Vorgang als Abweichung zu identifizieren.<br />
Der Beischlaf oder andere Formen der von § 177 StGB erfassten sexuellen<br />
Betätigung müssen nicht als ungewöhnlich auffallen. Dasselbe gilt für sexuelle<br />
Handlungen, die sogenannte Missbrauchsdelikte sind. Das StGB enthält eine Reihe<br />
von Missbrauchsdelikten, die an jugendlichen, aber auch an erwachsenen Opfern<br />
begangen werden können, z.B. neben den bereits erwähnten Delikten sexuelle<br />
Handlungen von Psychotherapeuten mit Patienten (§ 174 c Abs. 2 StGB) oder<br />
sexuelle Übergriffe zu Lasten von Betrunkenen (§ 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Der<br />
Sexualkontakt als solcher bleibt hier meist im Rahmen des „Normalen“. Auch bei<br />
anderen Delikten, die Minderjährige schützen (etwa das Verbot von Minderjährigenprostitution,<br />
das seit kurzem den „Freiern“ minderjähriger Prostituierter gilt,<br />
§ 182 Abs. 2 StGB) 6, sind es die sozialen Rahmenbedingungen, die relevant werden,<br />
nicht aber eine Besonderheit in der Art <strong>und</strong> Weise, wie Sexualität praktiziert<br />
wird.<br />
Noch weniger offensichtlich ist ein Zusammenhang mit sexueller Abweichung,<br />
wenn man nicht tatbezogen die Art <strong>und</strong> Weise des Sexualaktes betrachtet, sondern<br />
täterbezogen fragt, ob sich darin eine abweichende Haltung des Täters manifestiert.<br />
Es gibt nur wenige Delikte, bei denen man sagen kann, dass dahinter typischerweise<br />
eine abweichende <strong>und</strong> einigermaßen stabile sexuelle Orientierung der Täter<br />
steht. Zu diesen Delikten dürften exhibitionistische Handlungen gehören. Auch<br />
5 S. zur Definition von exhibitionistischen Handlungen Laufhütte/Roggenbuck, in: Leipziger Kommentar<br />
zum StGB (LK), 12. Aufl. 2010, § 183 Rn. 2; Hörnle, in: Münchener Kommentar zum StGB (MK),<br />
Bd. 2/2, 2005, § 183 Rn. 6.<br />
6 S. zur Gesetzgebungsgeschichte Hörnle, NJW 2008, S. 3521 ff.<br />
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