Geschlechtsdifferenzierung und ihre Abweichungen - oapen
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5. Integrative Erklärungsmodelle<br />
Andreas Hill<br />
Letztlich gehen mittlerweile auch viele Theorien über die psychologischen <strong>und</strong><br />
sozialen Einflüsse auf die Entwicklung der sexuellen Orientierung davon aus, dass<br />
es eine biologisch – z.B. genetisch – bedingte Disposition dafür gibt, die dann zu<br />
weiteren Interaktionen zwischen dem Individuum <strong>und</strong> seiner Umwelt führt <strong>und</strong><br />
dadurch gefördert oder abgeschwächt wird. So gehen Sexualwissenschaftler wie<br />
Isay (1989) <strong>und</strong> Dannecker (2006) von folgendem Entwicklungsmodell – exemplarisch<br />
für homosexuelle Männer bzw. Jungen – aus (Abb. 4): Ein – wie auch immer<br />
– biologisch verankertes homosexuelles Begehren richtet sich zunächst auf die<br />
primäre männliche Bezugsperson, i.d.R. also auf den Vater. Der (prä-<br />
)homosexuelle Sohn entwickelt ein geschlechtsrollenatypisches, feminines Verhalten,<br />
um den (in der Regel) heterosexuellen Vater im Sinne der ödipalen Entwicklung<br />
„zu verführen“. Der Vater (<strong>und</strong> oft ein Großteil der Umwelt) reagieren darauf<br />
mit Ablehnung oder zumindest Distanzierung; zudem tritt der Junge in Rivalität<br />
mit der Mutter. Aus dieser Konstellation resultiert ein oft tiefgreifendes Gefühl des<br />
Andersseins – im Vergleich zu anderen Jungen bzw. Männern.<br />
Abbildung 4: Modell der psychischen Entwicklung (prä-)homosexueller Jungen<br />
(nach Isay 1990 <strong>und</strong> Dannecker 1996)<br />
Auch ein weiteres sozial-psychologisches Entwicklungsmodell der Homosexualität<br />
rekurriert auf zugr<strong>und</strong>eliegende biologische Dispositionen. Bem (1996, vgl. Abb. 5)<br />
sah biologische Faktoren als Gr<strong>und</strong>lage eines bestimmten kindlichen Temperaments,<br />
das wiederum zu einer Geschlechts-Nonkonformität führt <strong>und</strong> schließlich<br />
ein Gefühl der Fremdheit gegenüber den gleichgeschlechtlichen Peers erzeugt<br />
(diese wurden für den prä-homosexuellen Jungen damit „exotisch“). Dieses<br />
Fremdheitsgefühl resultiere laut Bem in einer nicht-spezifischen Erregung <strong>und</strong>