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Geschlechtsdifferenzierung und ihre Abweichungen - oapen

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Gr<strong>und</strong>lagen der psychosexuellen Entwicklung <strong>und</strong> „<strong>ihre</strong>r Störungen“<br />

dahin die „Genitalzonen noch nicht in <strong>ihre</strong> vorherrschende Rolle eingetreten“<br />

seien (Freud, 1905/2004, S. 99). Er ging davon aus, dass sie bei allen<br />

Menschen im Wesentlichen gleich ablaufen. Eine geschlechtsspezifische<br />

Entwicklung würde erst mit der Feststellung der unterschiedlichen geschlechtlichen<br />

Anatomie bei Jungen <strong>und</strong> Mädchen beginnen, die Freud etwa<br />

ins 3. Lebensjahr datierte.<br />

− In der infantil genitalen Phase (4. bis 5. Lebensjahr) bekommt die Erk<strong>und</strong>ung<br />

der äußeren Genitalien mehr Bedeutung. Freud (1905/2004) bezeichnete<br />

diese Phase auch als phallische Organisationsstufe, weil sie „nur eine Art<br />

von Genitale, nämlich das männliche“ kenne (ebd., S. 101). Für diese phallozentrische<br />

Annahme erfuhr Freud innerhalb <strong>und</strong> außerhalb der Psychoanalyse<br />

viel Kritik <strong>und</strong> seine Annahmen wurden später revidiert <strong>und</strong> verändert.<br />

− Die folgende Latenzzeit (ab dem 6. Lebensjahr) „unterbricht“ die Sexualentwicklung<br />

des Kindes (Freud, 1924/1992, S. 154). Die Fortpflanzungsfunktionen<br />

sind in dieser Phase „aufgeschoben“ <strong>und</strong> die kindlichen sexuellen<br />

Strebungen werden vorübergehend verdrängt oder sublimiert. Doch Freud<br />

räumte ein, dass die „Latenzzeit“ nicht vollständig von Latenz geprägt sein<br />

muss. Zeitweise könne sich auch „ein Stück Sexualäußerung“ der Sublimierung<br />

entziehen, hervorbrechen <strong>und</strong> sich ggf. sogar durch die ganze Latenzzeit<br />

ziehen <strong>und</strong> mit der Pubertät dann verstärkt auftreten (Freud,<br />

1905/2004, S. 81).<br />

− Während der Pubertät bzw. Adoleszenz 4 gehe die „Sexualentwicklung“ beider<br />

Geschlechter weit auseinander. Die Lust suche sich ein neues „Sexualziel“<br />

<strong>und</strong> alle erogenen Zonen würden sich dem „Primat der Genitalzone“<br />

unterordnen (ebd., S. 108).<br />

Wie fast jedes Modell zeigt auch dieses einen idealtypischen Verlauf; Freud (1905)<br />

selbst wies auf seinen hypothetischen Charakter hin. Zwei zentrale Annahmen<br />

Freuds zur Entwicklung der erwachsenen Geschlechtsidentität haben bis heute<br />

innerhalb der psychoanalytischen Tradition nicht an Bedeutung verloren: Wichtige<br />

Entwicklungsschritte basieren auf<br />

1. der Erkenntnis des sog. „anatomischen Unterschieds“ zwischen Jungen<br />

<strong>und</strong> Mädchen (Primat des Körperlichen) sowie auf<br />

2. Identifizierungsprozessen mit Vater <strong>und</strong> Mutter <strong>und</strong> anderen geschlechtlichen<br />

Personen.<br />

Die Feststellung des anatomischen Unterschieds <strong>und</strong> die unterschiedlichen Reaktionen<br />

des Kindes darauf hielt Freud für die weitere Entwicklung der unterschiedlichen<br />

Geschlechtlichkeit für ausschlaggebend. Er postulierte: „Anatomie ist das<br />

4 Sprachlich bezieht sich ‚Pubertät‘ auf die körperlichen Kriterien des sexuellen Reifungsprozesses.<br />

‚Adoleszenz‘ umfasst den gesamten Komplex psychologischer Entwicklungsaufgaben <strong>und</strong> Charakteristika<br />

zwischen dem 11. <strong>und</strong> 20. Lebensjahr.<br />

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