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stahlmarkt 2.2015 (Februar)

Aus dem Inhalt: Steel International / Spektrum Werkstoffe / Stahlhandel & Stahl-Service-Center / Logistik & Handhabung / Edelstahl

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8 K Steel International<br />

Der niedrige Ölpreis drückt<br />

die US-Stahlindustrie<br />

Von Brigitte Nacos*<br />

New York (bln). Um ein Automobil aufzutanken, musste man auf Long<br />

Island nahe New York seit Jahr und Tag über 50 USD zahlen – und zwar in<br />

bar. Mit der Kreditkarte kostet es stets um die 15 Cents mehr. In der Woche<br />

vor Weihnachten füllte man seinen Tank für 39 USD. Wäre man ein paar<br />

Meilen weiter gefahren, hätte man noch ein paar Dollar weniger gezahlt.<br />

Im nahen New Jersey und in vielen<br />

anderen Teilen des Landes war der Benzinpreis<br />

noch weitaus niedriger als im New<br />

Yorker Gebiet. Für viele Amerikaner, vor<br />

allem Taxifahrer, war der Preissturz ein willkommenes<br />

Weihnachtsgeschenk. Aber<br />

nicht alle Personen und Unternehmen teilten<br />

den Jubel über die drastisch fallenden<br />

Ölpreise. Stattdessen bewahrheitete sich<br />

wieder einmal das weise Sprichwort, dass<br />

des einen Eule des anderen Nachtigall ist.<br />

In den amerikanischen Ölstaaten Alaska,<br />

Louisiana, New Mexiko, Nord-Dakota, Oklahoma<br />

und Texas, wo der Ölboom Wohlstand<br />

und höhere Steueraufkommen für Länder<br />

und Gemeinden mit sich brachte, gab es<br />

einen Stimmungswechsel: Plötzlich mussten<br />

die Arbeiter in den Ölhochburgen um ihre<br />

Arbeitsplätze bangen, während sich die<br />

Finanzexperten um Budgetdefizite Sorgen<br />

machten.<br />

US-Energieunternehmen halten<br />

ihre Investitionen zurück<br />

Betroffen war vor allem auch die Stahlindustrie.<br />

Obwohl die Automobilindustrie nach wie<br />

vor der größte Kunde der Stahlindustrie ist,<br />

erhöhte die Erdöl- und Erdgasindustrie ihre<br />

Stahlnachfrage in den vergangenen Jahren<br />

wie kein anderer Sektor. Die Bohrungen in<br />

den schieferreichen Regionen des Landes steigerten<br />

die Stahlverwendung dermaßen, dass<br />

im vergangenen Jahr (2014) 10 % der einheimischen<br />

Stahlproduktion an die Energieindustrie<br />

geliefert wurden. Optimisten rechneten<br />

fest mit einem stetigen Wachstum der<br />

Energieindustrie. Auch er wartete man rasch<br />

steigende Exporte von Erdöl und Erdgas.<br />

Dann, zum Ende des Jahres, machte der<br />

Preiseinbruch auf dem Erdölmarkt einen<br />

Strich durch die Rechnung der Optimisten,<br />

just zu einer Zeit, als die US-Wirtschaft allgemein<br />

und die Stahlindustrie speziell im<br />

Aufschwung waren. Während in den traditionellen<br />

Erdölstaaten wie Saudi Arabien die<br />

Förderung unkompliziert und relativ billig<br />

ist, kostet die Gewinnung aus Ölschiefer<br />

hier zehnmal so viel. Je mehr der Preis für<br />

Rohöl sinkt, desto niedriger ist der Gewinn.<br />

Im Dezember, als der Ölpreis in die Nähe<br />

der Förderkosten rückte, änderten große und<br />

kleinere Energieunternehmen ihre Ex plorations-<br />

und Expansionspläne und -ausgaben.<br />

Die niedrigen Preise rechtfertigten keine massiven<br />

Investitionen, hieß es. Conoco Phillips<br />

gab als erstes Unternehmen der größten<br />

amerikanischen Energieunternehmen einen<br />

Kurswechsel bekannt: Die für 2015 geplanten<br />

Investitionen wurden um 2,5 Mrd. USD<br />

gekürzt. Anstatt neue Bohrplattformen zu<br />

errichten und die Exploration nach neuen<br />

Feldern voranzutreiben, warteten Conoco-<br />

Phillips und die anderen Unternehmen ab,<br />

wie sich der Erdölweltmarkt weiterentwickelt.<br />

Als Folge purzelten nicht nur die Aktienpreise<br />

der Energieunternehmen, sondern<br />

auch die der Zulieferersektoren, allen voran<br />

die Stahlindustrie.<br />

Stahlunternehmen schrauben<br />

ihre Produktion zurück<br />

Eine Reihe von Stahlunternehmen stellt Produkte<br />

her, die für die Konstruktion von neuen<br />

Bohrinseln benötigt werden. Doch die<br />

erwarteten Bestellungen blieben aus. Am<br />

schwersten betroffen war dabei U.S. Steel.<br />

Als die Inlandförderung von Rohöl in den<br />

letzten fünf Jahren um über 50 % anstieg,<br />

wuchsen bei U.S. Steel die Herstellung und<br />

der Absatz von Stahlrohrprodukten in ähnlichen<br />

Dimensionen. Hinzu kommt, dass die<br />

Gewinnspanne für Stahlrohre bedeutend<br />

höher liegt als für flach gewalzte und andere<br />

Produkte. Weil Rohrprodukte seit etlichen<br />

Jahren einen bedeutenden Teil zu den U.S.-<br />

Steel-Gewinnen beitrugen, reflektierten die<br />

drastisch fallenden Aktienpreise des Unternehmens<br />

die negativen Entwicklungen auf<br />

dem Ölmarkt besonders stark.<br />

Auch ArcelorMittal, AK Steel und Nucor<br />

beliefern die Energieindustrie und mussten<br />

ihre Aktivitäten Ende des Jahres plötzlich für<br />

einen unbestimmten Zeitraum zurückschrauben.<br />

Nucor erwarb kürzlich das frühere<br />

Arcelor Mittal-Werk Gallatin Steel, um eine<br />

größere Rolle in der Belieferung des bis vor<br />

Kurzem blühenden Energiesektors zu spielen.<br />

Der Kampf gegen Dumpingpreise<br />

geht weiter<br />

Vor dem Jahresende gab es allerdings auch<br />

einen Lichtblick für die Stahlbranche; die<br />

International Trade Commission (ITC), eine<br />

Behörde der US-Regierung, bestätigte die<br />

Feststellung des US-Handelsministeriums,<br />

wonach subventionierte legierte Walzdrahtimporte<br />

aus China auf dem US-Markt unter<br />

Preis verkauft werden. Einfuhren aus China<br />

machen den bei Weitem größten Teil relevanter<br />

Lieferungen aus dem Ausland aus.<br />

Von 144.000 t im Jahr 2011 stiegen die<br />

Importe auf 600.000 t im Jahre 2013. Amerikanische<br />

Hersteller dieser Walzdrahtprodukte<br />

– unter ihnen Charter Steel, Arcelor-<br />

Mittal, Evraz Pueblo, Keystone Consolidated<br />

und Gerdau Ameristeel – hatten Anfang<br />

2014 Beschwerde gegen die chinesischen<br />

Importe eingelegt. Nun obliegt es dem Handelsministerium,<br />

die Höhe der Strafzölle<br />

gegen diese Produkte aus China festzulegen.<br />

Bis das geschieht, müssen Importeure<br />

für entsprechende Produkte die erwarteten<br />

Strafzölle hinterlegen. Wie immer die endgültigen<br />

Strafzölle ausfallen, sie werden<br />

mindestens für die nächsten fünf Jahre in<br />

Kraft bleiben und können dann für jeweils<br />

weitere fünf Jahre verlängert werden.<br />

(sm 150201704)<br />

* Prof. Brigitte Nacos ist seit etlichen Jahren die US-Korrespondentin<br />

des »<strong>stahlmarkt</strong>« und lebt in New York.<br />

<strong>stahlmarkt</strong> 0<strong>2.2015</strong>

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