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FLUG REVUE 04/2017

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Raumfahrt<br />

SpaceShipTwo<br />

Seit September 2016 ist die VSS Unity<br />

wieder in der Luft, hier mit dem<br />

Trägerflugzeug VSM Eve gekoppelt.<br />

Fotos: Virgin Galactic, Reuters<br />

Kohlefaser-Verbundwerkstoffen. Wie die<br />

X-15, die Flüge in ähnlich große Höhen<br />

unternahm, wurde das SS2 mit kleinen<br />

Gasdüsen ausgestattet, um die Fluglage<br />

ohne Ruderkontrolle stabilisieren zu<br />

können. Beim Wiedereintritt mit mehrfacher<br />

Schallgeschwindigkeit kann das<br />

Flugzeug sonst ins Trudeln geraten. Um<br />

das zu verhindern, verfügt das neue SS2<br />

wie sein Vorgänger über einen Klappflügel.<br />

Er soll dafür sorgen, dass sich das<br />

Flugzeug trotz der dünnen Höhenluft<br />

wie ein Federball in eine stabile Lage für<br />

den Wiedereintritt begibt. Dazu werden<br />

die beiden Leitwerksträger einschließlich<br />

des Leitwerks um 90 Grad nach<br />

oben gedreht.<br />

EIN UNFALL WIE 2014 SOLL<br />

NICHT MEHR PASSIEREN<br />

Gebaut wurde das zweite, auf den Namen<br />

„VSS Unity“ getaufte Raketenflugzeug<br />

von der Virgin-Galactic-Tochter<br />

The Spaceship Company (TSC) und<br />

nicht mehr von Scaled Composites. Bei<br />

der VSS Unity setzen die Ingenieure zudem<br />

auf stärkere Automatisierung, denn<br />

in der Vorgängerversion war die Arbeitsbelastung<br />

der Piloten sehr hoch: So<br />

musste nach Zündung des Triebwerks<br />

nicht nur das Flugzeug stabil gehalten,<br />

sondern auch zwischen Mach 1.2 und<br />

1.4 der Federmechanismus des Klappflügels<br />

getestet werden. Am 31. Oktober<br />

2014 unterlief dem Copiloten Mike Alsbury<br />

dabei ein folgenschwerer Fehler.<br />

Kameraaufnahmen im Cockpit zeigen,<br />

wie er zu früh den Klappflügel entriegelte,<br />

noch vor Durchbrechen der Schallmauer.<br />

Zu diesem Zeitpunkt wird die<br />

Belastung der Scharniere besonders<br />

groß. Ohne die Arretierung klappte der<br />

Rumpf der VSS Enterprise nach unten<br />

ab, bevor er zerbrach. Alsbury starb bei<br />

dem Unglück, der Pilot Peter Siebold<br />

überlebte schwer verletzt. Im neuen SS2<br />

wurde dem Federmechanismus als Konsequenz<br />

ein kleines, aber entscheidendes<br />

Detail hinzugefügt: Die Sperre, die ein<br />

Schwenken des Leitwerksträgers verhindert,<br />

ist nun mit einem Stift gegen vorzeitiges<br />

Auslösen gesichert.<br />

Virgin Galactic strebt an, das neue<br />

Raumschiff bei der US-Flugsicherheitsbehörde<br />

FAA wie ein reguläres Flugzeug<br />

zuzulassen. Darauf hatte man beim Vorgänger<br />

im Sinne einer möglichst unbürokratischen<br />

Entwicklung verzichtet. Damals<br />

beschränkten sich die Regeln<br />

hauptsächlich auf die Sicherheit der Bevölkerung,<br />

nicht die der Piloten. Auch<br />

das hatte den Unfall 2014 begünstigt.<br />

Die VSS Unity absolvierte seit September<br />

2016 vier sogenannte Captive-<br />

Carry-Tests, bei denen sie mit dem Trägerflugzeug<br />

WhiteKnightTwo gekoppelt<br />

blieb. Im Dezember folgten zwei freie<br />

Gleitflüge. Für die Tests setzte das Trägerflugzeug<br />

die VSS Unity in rund 15<br />

Kilometern Höhe aus – von hier aus soll<br />

sie später einmal Richtung Weltraum<br />

starten. Das verkürzt nicht nur den Weg,<br />

der geringe Luftdruck macht auch das<br />

Raketentriebwerk effizienter und erlaubt<br />

so größere Gewichtsmargen bei der<br />

Konstruktion. Beim etwa zehn Minuten<br />

dauernden Test-Gleitflug zur Landebahn<br />

in der Mojave-Wüste erreichte die VSS<br />

Unity eine Geschwindigkeit von Mach<br />

0.6. Wie viele solcher Gleitflüge Virgin<br />

Galactic durchführen will, darüber hält<br />

sich das Unternehmen des britischen<br />

Milliardärs Richard Branson bedeckt. Es<br />

scheint, als wolle man nicht die Fehler<br />

der Vergangenheit wiederholen und die<br />

Erprobung durch einen zu straffen Zeitplan<br />

gefährden. Klar ist nur: Die nächste<br />

Phase im Testprogramm sieht raketengetriebene<br />

Flüge vor.<br />

Virgin Galactic vertraut auch bei der<br />

VSS Unity auf ein Hybridtriebwerk: Ein<br />

fester Treibstoff verbrennt mit einem<br />

eingespritzten Oxidator. Ohne den Oxi-<br />

78 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> April <strong>2017</strong><br />

www.flugrevue.de

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