aktuell - AGV Bau Saar
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KOMMENTAR<br />
226<br />
Sozialpolitik bekennt sich die neue<br />
Bundesregierung erfreulicherweise<br />
ausdrücklich zum Entsendegesetz<br />
und den damit verbundenen Mindestlohnregelungen<br />
im <strong>Bau</strong>- und<br />
Ausbaubereich. Eine grundsätzliche<br />
Reform der Unfallversicherung wird<br />
in Aussicht gestellt. Darüber hinaus<br />
hat sich die Bundesregierung die<br />
Verlängerung der Übergangsfristen<br />
bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit<br />
und der Dienstleistungsfreiheit im<br />
Rahmen der EU-Osterweiterung sowie<br />
die Überarbeitung der Dienstleistungsrichtlinie<br />
auf die Fahne geschrieben.<br />
Schließlich soll das gesamte<br />
Instrumentarium der Arbeitsmarktpolitik<br />
der Bundesagentur für<br />
Arbeit auf den Prüfstand gestellt<br />
werden mit der Folge der – wenn<br />
auch zu zögerlichen – Abschaffung<br />
der unseligen Ich-AGen.<br />
Zuletzt soll in der Gesamtbetrachtung<br />
nicht vernachlässigt werden,<br />
dass die Bundesregierung das Programm<br />
zur energetischen Sanierung<br />
öffentlicher Gebäude in Höhe<br />
von 1,5 Mrd. Euro aufstockt. Eine<br />
Maßnahme, von der insbesondere<br />
auch die gewerblichen Ausbaubetriebe<br />
profitieren werden.<br />
Bei der Gewichtung von Licht und<br />
Schatten, also alles in allem zu viel<br />
Schatten, insbesondere für den Bereich<br />
des Wohnungsbaus, in dem<br />
überwiegend die kleineren und mittleren<br />
<strong>Bau</strong>- und Ausbaubetriebe tätig<br />
sind. Der <strong>Bau</strong>wirtschaft und vor allem<br />
dem <strong>Bau</strong>gewerbe wurden wieder<br />
einmal über Gebühr Opfer abverlangt.<br />
Dennoch bleibt aus übergeordneten<br />
Gesichtspunkten gesamtvolkswirtschaftlich<br />
zu hoffen, dass die geplanten<br />
Maßnahmen überwiegend<br />
positive Wirkung zeigen. Stillstand<br />
hätte sich Deutschland am wenigsten<br />
leisten können.<br />
Wenn die Koalition die Gemeinsamkeiten<br />
verbraucht, die konsensfähigen<br />
Reformen abgearbeitet sind,<br />
müssen die Karten neu gemischt<br />
werden. Der Reformstau ist und<br />
bleibt noch lange gewaltig.<br />
(RA Karl Hannig)<br />
Strukturreform im<br />
Handwerk –<br />
Ein Jahr Bewährung!<br />
Die Organisationsstrukturen im<br />
Handwerk sind nicht optimal. Anders<br />
als im <strong>Saar</strong>land existieren in<br />
anderen Bundesländern vielfach<br />
noch Kleinstinnungen; die dort nach<br />
wie vor tätigen Kreishandwerkerschaften<br />
dämpfen häufig die Informationsflüsse<br />
von den Spitzenfachverbänden<br />
zu den einzelnen Mitgliedern.<br />
Kammern, Innungen und<br />
Verbände leisten häufig Doppelarbeit,<br />
treten in Konkurrenz zueinander<br />
oder behindern sich gar bei<br />
ihren Aufgaben. Pflichtmitgliedschaft<br />
in Kammern erfordert bei Aufgabeüberschneidung<br />
einen Beitragsbonus<br />
für Innungsbetriebe.<br />
Diesem Ansinnen haben sich die<br />
Kammern bislang weitestgehend<br />
verschlossen.<br />
Angesichts der geschilderten Problemgemengelage<br />
unternimmt der<br />
Zentralverband des Deutschen<br />
Handwerks gegenwärtig den Versuch<br />
einer Neustrukturierung des<br />
Handwerks und insbesondere einer<br />
Neubestimmung des Verhältnisses<br />
von Fachverbänden zu Kammern.<br />
Dabei soll nach dem Verständnis<br />
der Kammern an der Pflichtmitgliedschaft<br />
bei den Kammern nicht<br />
gerüttelt werden. Allerdings soll eine<br />
klare Abgrenzung des Aufgabenkatalogs<br />
zwischen Handwerkskammern<br />
und Zentralfachverbänden<br />
vorgenommen werden.<br />
Die Vollversammlung des ZDH hat<br />
nun am 25. November mit großer<br />
Mehrheit entsprechende Beschlüsse<br />
zu den „Strukturfragen der Handwerksorganisation“<br />
gefasst. Der Beschluss<br />
sieht des weiteren vor, dass<br />
in der Vollversammlung im Herbst<br />
2006 der Erfolg der Umsetzung auf<br />
den Prüfstand gestellt werden soll.<br />
Im Falle des Scheiterns der Umsetzung<br />
solle im nächsten Jahr der Gesetzgeber<br />
angerufen werden. Es<br />
kommt jetzt darauf an, vor Ort auch<br />
eine ernsthafte Umsetzung der ge-<br />
troffenen Abreden anzugeben.<br />
Bei dem bekannt guten, von Kooperation<br />
geprägten Verhältnis des<br />
‡ <strong>Bau</strong> <strong>Saar</strong> und der Handwerkskammer<br />
des <strong>Saar</strong>landes dürfte<br />
hier die Umsetzung realisierbar<br />
sein. Entsprechende Gespräche sind<br />
bereits vereinbart.<br />
Ob allerdings bundesweit die Reform<br />
von Erfolg gekrönt sein wird, ist<br />
offen. Allzu vielen Kammern fällt es<br />
schwer, sich auf ihre Rolle zu besinnen<br />
und sich auf die Erfüllung ihrer<br />
hoheitlichen Aufgaben zu beschränken.<br />
Sollte die Umsetzung im „Probejahr“<br />
nicht bundesweit gelingen,<br />
droht nicht nur die Anrufung des Gesetzgebers<br />
durch den ZDH.<br />
Der Zentralverband des Deutschen<br />
<strong>Bau</strong>gewerbes hat auf seiner Mitgliederversammlung<br />
anlässlich des<br />
Deutschen <strong>Bau</strong>gewerbetages im<br />
Oktober in Berlin beschlossen, bei<br />
einem Scheitern die Mitgliedschaft<br />
im ZDH zu kündigen. Die Folgen<br />
wären drastisch, bergen aber auch<br />
die Chance für die <strong>Bau</strong>fachspitzenverbände,<br />
sich als gewerbliche <strong>Bau</strong>branche<br />
völlig neu aufzustellen.<br />
(RA Karl Hannig)