miha bodytec: Vielseitig – Effektiv – Ertragsstark!
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durch zu einer akzeptierten gesellschaftlichen<br />
Enklave geworden, in der die<br />
Bewährung einzelner Personen oder<br />
Gruppen vor den Augen Dritter dramatisch<br />
zur Aufführung und Entscheidung<br />
gebracht wird. Die gewollte Rivalität<br />
zwischen Sportlern um knappe Rangplätze<br />
führt zu extrem zugespitzten<br />
Situationen und schafft eine tragische<br />
Grundkonstellation, die archetypische<br />
Verwandlungen erwartbar macht.<br />
Neben der Heldengeburt und Heldenwerdung<br />
durch die positive Veränderung<br />
von Personen oder Gruppen sind es die<br />
Rückverwandlungen der Sporthelden in<br />
Nicht oder Antihelden, die in den<br />
Heldengeschichten des Sports immer<br />
wieder auftauchen. Diese zweite Form<br />
der Heldenvita erzählt vom Straucheln,<br />
Fallen und Scheitern der Akteure. Im<br />
Mittelpunkt stehen Sportler oder<br />
Mannschaften, die den hohen Erfolgserwartungen<br />
nicht entsprechen konnten,<br />
die unter dem Druck der Verhältnisse<br />
kollabierten und Abschied von<br />
ihrer bisherigen Identität als Gewinner<br />
nehmen mussten. Andere Rückverwandlungsgeschichten<br />
erzählen von<br />
Sportlern, die falsche Freunde hatten,<br />
ihr Geld fehlinvestierten, mit der Justiz<br />
aneinander gerieten, ihre automobilen<br />
Statussymbole nach durchzechter Nacht<br />
an die Wand fuhren, durch sexuelle<br />
Kontakte in Besenkammern Schlagzeilen<br />
machten oder ihre vormals glänzende<br />
Profikarriere als Pächter von<br />
LottoAnnahmestellen beenden mussten.<br />
Die in diesen Abstiegsgeschichten beschriebenen<br />
biographischen Wendungen<br />
thematisieren die Schattenseiten des<br />
sportlichen Erfolgs, die Rückverwandlung<br />
der Sieger in situative oder sogar<br />
permanente Verlierer. Man denke in<br />
diesem Zusammenhang nur an die vielen<br />
Geschichten, die bis heute über ehemalige<br />
Größen des Sports erzählt werden,<br />
und die von Mord, Totschlag, Alkohol<br />
und Drogenexzessen, dramatischen<br />
06<br />
08 medicalsports<br />
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08 network<br />
medicalsports<br />
network<br />
Scheidungen, Mafiakontakten und<br />
transformierten Körpern und Psychen<br />
handeln.<br />
In den letzten Jahren sorgt die Dopingproblematik<br />
immer wieder dafür,<br />
dass etablierte Sporthelden in der<br />
Öffentlichkeit dramatisch scheitern und<br />
ungewollte Metamorphosen erleben.<br />
Gefeierte Athleten verwandeln sich<br />
dann in Dopingsünder, für die man aufgrund<br />
ihrer hartnäckigen Lügen und<br />
Täuschungen häufig nur noch Mitleid<br />
übrig haben kann. Die Botschaft lautet:<br />
Wer sich illegitimer Mittel bedient, um<br />
in den Heldenhimmel zu kommen, kann<br />
mit Hilfe entsprechender Kontroll und<br />
Degradierungszeremonien aus demselben<br />
auch wieder entfernt werden.<br />
Sportlernamen werden dann von den<br />
Verbänden symbolisch aus Sieger und<br />
Rekordlisten gestrichen. Medaillen und<br />
Trikots müssen zurückgegeben werden.<br />
Die Dopingkontrolleure erhalten damit<br />
den Status professioneller Heldentöter,<br />
die mit Hilfe naturwissenschaftlicher<br />
Testverfahren in die Tiefen der Heldenkörper<br />
hineinschauen, um dort illegitime<br />
Abweichungen justitiabel festzustellen.<br />
In der Transformation von Sporthelden<br />
in tragische Helden oder Schurken<br />
bekommt das Publikum wichtige<br />
Inhalte des gutbürgerlichen Erziehungsprogramms<br />
zu sehen, nämlich die an<br />
Heranwachsende gerichtete Forderung,<br />
die allgemein akzeptierten sozialen<br />
Regeln einzuhalten, sich permanent zu<br />
bemühen, an die Zukunft zu denken<br />
und sich nicht für die falschen Ziele zu<br />
verausgaben. Diese aus dem Versagen<br />
von Sportlern abgeleiteten impliziten<br />
Geschichten von einer „richtigen“ Lebensführung<br />
haben neben ihrer Anleitungs<br />
und Vorbildfunktion wohl auch<br />
die Aufgabe, das Aufkommen sozialer<br />
Neidgefühle durch das Erzählen der<br />
negativen Konsequenzen des Erfolgs zu<br />
reduzieren, und zwar in einer Gesell<br />
schaft, die nach wie vor von starker<br />
sozialer Ungleichheit geprägt ist. Indem<br />
man die bedenklichen Seiten des sozialen<br />
Aufstiegs drastisch schildert, erklingt<br />
das Hohelied sozialer Normalität.<br />
Wenn Helden erwischt werden, können<br />
die Nichthelden sich zufrieden zurücklehnen<br />
und ihre Durchschnittlichkeit<br />
und Normtreue feiern. Eigenständige<br />
Zweige des Journalismus, die Papparazi<br />
und Enthüllungsjournalisten, sind inzwischen<br />
auch im Sport darauf spezialisiert,<br />
Helden zu entlarven, um der<br />
breiten Mehrheit Gefühle der Zufriedenheit<br />
in der Normalität zu vermitteln.<br />
Man erwischt die Außeralltäglichen in<br />
Alltagssituationen und zeigt dem Publikum<br />
mit voyeuristischen Bildern die<br />
Differenz zwischen Vorder und Hinterbühne.<br />
Eine dritte Kategorie der Heldenvita<br />
ergänzt die Darstellungen vom Auf<br />
und Abstieg bekannter Sportgrößen. Es<br />
handelt sich hierbei um Geschichten<br />
von der Läuterung und Wiederauferstehung<br />
vormaliger Sporthelden. Die<br />
Grundstruktur dieser Erzählung knüpft<br />
an die Berichte vom Misserfolg und<br />
Scheitern des Helden direkt an, nutzt<br />
diese Beschreibung aber als Ausgangspunkt<br />
für die Darstellung einer positiven<br />
Rückveränderung: Einzelne Sportler,<br />
aber auch ganze Mannschaften<br />
ziehen sich am eigenen Schopf aus dem<br />
Sumpf ihrer Niederlagen und negativen<br />
Verstrickungen heraus. Indem sie hart<br />
arbeiten und sich auf ihre frühere Leistungsfähigkeit<br />
besinnen, überwinden sie<br />
den symbolischen Tod der sportlichen<br />
Niederlage. Sie verwandeln sich zurück<br />
in Helden und werden durch diese<br />
Transformation wieder verehrungswürdig.<br />
Ulrike Meyfarth und Franziska<br />
van Almsick beispielsweise wurden im<br />
Teenageralter HochsprungOlympiasiegerin<br />
bzw. SchwimmWeltmeisterin<br />
und hatten anschließend eine lange<br />
Durststrecke in ihren Karrieren zu über<br />
Foto: © panthermedia | Jörg Röse-Oberreich<br />
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