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gangart 08

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Sind wir Ärzte<br />

NOCH ZU RETTEN?<br />

Und: vor wem?<br />

Ein Beitrag von Dr. Norbert Stöckl<br />

Dr. Norbert Stöckl bei seiner „Arbeit“...<br />

Vor Polit(ignorant)ikern, die leugnen, was eh<br />

jeder, sonst eh nix, sagt, Gesundheit sei das<br />

Wichtigste? Allein, die Mehrheit der Minderheit<br />

der praktizierenden Urnengymnastiker will von<br />

gsund oder krank nichts hören, fühlt sich weder<br />

noch, lieber gar nicht. Taugen wir wenigstens zu<br />

Feindbildern? Vielversprechende Tennengauer<br />

Ansätze: Seite 1 der Kronenzeitung, bürgermeisterlich<br />

formulierte Unmutsbezeugungen<br />

in „Salzburg Heute“, „berechtigte Ängste der<br />

Bevölkerung“, wenn wir nicht mehr da sind,<br />

ha! Recht geschieht Euch, Ihr Aktiv- und Passiv-<br />

Demokra(statis)ten, „das Schweigen der Lämmer“<br />

in nämlichem Tal, wären wir fast verleitet zu<br />

denken, hättet Ihr doch unsere Kassandrarufe<br />

nicht allzu lange ungehört im monokultürlich<br />

weiten Alpenwald verhallen lassen: Ein Drittel der<br />

Hausärzte wird in den nächsten zehn Jahren in<br />

Pension migrieren, ganz ohne „Tür mit Seitenteilen“.<br />

Beispielhaft firmiert der 56-Lenz-methusalemische<br />

Autor dieser Zeilen als Tennenbergbaderbenjamin,<br />

während unser topfitter Nestor „der<br />

Siegreiche“ bereits einige Überjährchen hinterund<br />

hoffentlich vor sich hat.<br />

Vor unserem eigenen Nachwuchs? Ganz andre<br />

Flausen im Kopf als nur Hackeln. Kinderkriegen<br />

zum Beispiel. 12 Jahre Schule, mindestens 6 Jahre<br />

Studium, mindestens 4 Jahre Krankenhaus und<br />

Lehrpraxis, und dann, den richtigen Mann schon<br />

erkoren, unsere ganz überwiegend weiblichen AllgemeinmedizinnachwüchsigInnen,<br />

will der, also<br />

der richtige und doch falsche Mann, noch lange<br />

nicht ins „Finstre Tal“ wegwohnen, und wenn<br />

doch, sollten die Abkömmlinge frühestens 10<br />

Jahre später die elterlichen Karrieren behindern.<br />

Lebensentscheidungen fällt die gesuchte Akademikerin<br />

von heute ebendiese 10 Irdenrunden<br />

später, als mutterseine, flüggestens also nach 35<br />

derselben. Ausgerechnet in der postkakanischen<br />

Republik zu verweilen, wird hingegen gleich nach<br />

dem Studium abverlangt. Sagen bereits ein Drittel unserer Med-<br />

AbsolventInnen (Med, also mittlere Reife?), des heimatlichen<br />

Idioms eben noch mächtig: „Pfiatenk!“ – Germanistan lockt mit<br />

besseren Ausbildungen, freundlicheren Umgangsschalmeien,<br />

höherer Wertschätzung und stapelsmehr Buntpapier. Vom<br />

rheinreichen Helvetien ganz zu schweigen: Dortzunachbars<br />

wurde schon halb Hinternarlberg entarztet, mögen die Austro-<br />

Alemannen noch so bodenlo-See-Gagen zahlen.<br />

Vor Universitäten, die topmotivierte, topintelligente reinrassigeinheimische<br />

Medizinfrau-Ambitionierte (ganz ehrlich, ich<br />

kenne da eine blonde Abtenauer Veget-Arierin....!) mit stupiden<br />

Pseudointelligenztests ins Ausland abzuschieben kleingespart<br />

sind? Jawoll, für Saarbrückens numerus clausus hat's gereicht!<br />

Vor Uni-Kliniken, den jungen Leuten desto angesehenere<br />

Äskulapritterorden verheißend, je größer deren Wissens-<br />

Scheuklappen, pardon, je höher ihre Spezialisierung erwüchse?<br />

Nicht genug mit der generalstabsmäßig angelegten Ausrottung<br />

der Allgemeinmedizin, jener fachärztlich wohl auf der ganzen<br />

zivilisierten Welt hochgeachteten, aber österkronzuminderen<br />

Disziplin, hiezustan bestenfalls den „Gscherten“ angemessen,<br />

unsere Wiener AKH-gebrieften Zukunftsdenker reformieren<br />

gründlicher: Auch der Allgemeininternist wurde schon abgeschafft,<br />

auf dass der Onkologe das Stethoskop mit dem Klistier<br />

verwechsle, der Hämatologe nur das Blut, nicht mehr dessen<br />

Gefäße kenne, und weiter, auf dass auch das Wissen vom Blut<br />

noch dessen Großhirn überfordere – Nur ein Blut-Gerinnungs-<br />

Spezialist dürfe noch Dozent werden, und dürstete er gar nach<br />

einer Professur, kenne er sich höchstens noch mit einem einzigen<br />

Blutgerinnungsfaktor aus – dann aber dann flugs ab ins<br />

Primariat! Überkäme einen solch Hochdekorierten, einer seltenen<br />

philosophischen Heimsuchung verfallen, ob ein Mensch<br />

atmen solle oder nicht, dialektisch-akademische Unsicherheit<br />

– Er frage seinen Nachbarprofessor Pulmologen!<br />

Die resultierende Qualität des Handwerks entspricht jener<br />

eines Tischlers, der ein Schlosser-Konzil zur Erforschung der<br />

Schraubendrehrichtung einberuft.<br />

Wundert Euch nicht, wenn bald die Sebastianskirche einstürzt:<br />

Es hat sich ein Großer umgedreht.<br />

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