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Sind wir Ärzte<br />
NOCH ZU RETTEN?<br />
Und: vor wem?<br />
Ein Beitrag von Dr. Norbert Stöckl<br />
Dr. Norbert Stöckl bei seiner „Arbeit“...<br />
Vor Polit(ignorant)ikern, die leugnen, was eh<br />
jeder, sonst eh nix, sagt, Gesundheit sei das<br />
Wichtigste? Allein, die Mehrheit der Minderheit<br />
der praktizierenden Urnengymnastiker will von<br />
gsund oder krank nichts hören, fühlt sich weder<br />
noch, lieber gar nicht. Taugen wir wenigstens zu<br />
Feindbildern? Vielversprechende Tennengauer<br />
Ansätze: Seite 1 der Kronenzeitung, bürgermeisterlich<br />
formulierte Unmutsbezeugungen<br />
in „Salzburg Heute“, „berechtigte Ängste der<br />
Bevölkerung“, wenn wir nicht mehr da sind,<br />
ha! Recht geschieht Euch, Ihr Aktiv- und Passiv-<br />
Demokra(statis)ten, „das Schweigen der Lämmer“<br />
in nämlichem Tal, wären wir fast verleitet zu<br />
denken, hättet Ihr doch unsere Kassandrarufe<br />
nicht allzu lange ungehört im monokultürlich<br />
weiten Alpenwald verhallen lassen: Ein Drittel der<br />
Hausärzte wird in den nächsten zehn Jahren in<br />
Pension migrieren, ganz ohne „Tür mit Seitenteilen“.<br />
Beispielhaft firmiert der 56-Lenz-methusalemische<br />
Autor dieser Zeilen als Tennenbergbaderbenjamin,<br />
während unser topfitter Nestor „der<br />
Siegreiche“ bereits einige Überjährchen hinterund<br />
hoffentlich vor sich hat.<br />
Vor unserem eigenen Nachwuchs? Ganz andre<br />
Flausen im Kopf als nur Hackeln. Kinderkriegen<br />
zum Beispiel. 12 Jahre Schule, mindestens 6 Jahre<br />
Studium, mindestens 4 Jahre Krankenhaus und<br />
Lehrpraxis, und dann, den richtigen Mann schon<br />
erkoren, unsere ganz überwiegend weiblichen AllgemeinmedizinnachwüchsigInnen,<br />
will der, also<br />
der richtige und doch falsche Mann, noch lange<br />
nicht ins „Finstre Tal“ wegwohnen, und wenn<br />
doch, sollten die Abkömmlinge frühestens 10<br />
Jahre später die elterlichen Karrieren behindern.<br />
Lebensentscheidungen fällt die gesuchte Akademikerin<br />
von heute ebendiese 10 Irdenrunden<br />
später, als mutterseine, flüggestens also nach 35<br />
derselben. Ausgerechnet in der postkakanischen<br />
Republik zu verweilen, wird hingegen gleich nach<br />
dem Studium abverlangt. Sagen bereits ein Drittel unserer Med-<br />
AbsolventInnen (Med, also mittlere Reife?), des heimatlichen<br />
Idioms eben noch mächtig: „Pfiatenk!“ – Germanistan lockt mit<br />
besseren Ausbildungen, freundlicheren Umgangsschalmeien,<br />
höherer Wertschätzung und stapelsmehr Buntpapier. Vom<br />
rheinreichen Helvetien ganz zu schweigen: Dortzunachbars<br />
wurde schon halb Hinternarlberg entarztet, mögen die Austro-<br />
Alemannen noch so bodenlo-See-Gagen zahlen.<br />
Vor Universitäten, die topmotivierte, topintelligente reinrassigeinheimische<br />
Medizinfrau-Ambitionierte (ganz ehrlich, ich<br />
kenne da eine blonde Abtenauer Veget-Arierin....!) mit stupiden<br />
Pseudointelligenztests ins Ausland abzuschieben kleingespart<br />
sind? Jawoll, für Saarbrückens numerus clausus hat's gereicht!<br />
Vor Uni-Kliniken, den jungen Leuten desto angesehenere<br />
Äskulapritterorden verheißend, je größer deren Wissens-<br />
Scheuklappen, pardon, je höher ihre Spezialisierung erwüchse?<br />
Nicht genug mit der generalstabsmäßig angelegten Ausrottung<br />
der Allgemeinmedizin, jener fachärztlich wohl auf der ganzen<br />
zivilisierten Welt hochgeachteten, aber österkronzuminderen<br />
Disziplin, hiezustan bestenfalls den „Gscherten“ angemessen,<br />
unsere Wiener AKH-gebrieften Zukunftsdenker reformieren<br />
gründlicher: Auch der Allgemeininternist wurde schon abgeschafft,<br />
auf dass der Onkologe das Stethoskop mit dem Klistier<br />
verwechsle, der Hämatologe nur das Blut, nicht mehr dessen<br />
Gefäße kenne, und weiter, auf dass auch das Wissen vom Blut<br />
noch dessen Großhirn überfordere – Nur ein Blut-Gerinnungs-<br />
Spezialist dürfe noch Dozent werden, und dürstete er gar nach<br />
einer Professur, kenne er sich höchstens noch mit einem einzigen<br />
Blutgerinnungsfaktor aus – dann aber dann flugs ab ins<br />
Primariat! Überkäme einen solch Hochdekorierten, einer seltenen<br />
philosophischen Heimsuchung verfallen, ob ein Mensch<br />
atmen solle oder nicht, dialektisch-akademische Unsicherheit<br />
– Er frage seinen Nachbarprofessor Pulmologen!<br />
Die resultierende Qualität des Handwerks entspricht jener<br />
eines Tischlers, der ein Schlosser-Konzil zur Erforschung der<br />
Schraubendrehrichtung einberuft.<br />
Wundert Euch nicht, wenn bald die Sebastianskirche einstürzt:<br />
Es hat sich ein Großer umgedreht.<br />
40 <strong>gangart</strong><br />
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