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50 DRACHEN|März 2017<br />

Erich Sedlak<br />

Letzte Worte an einen Hausdrachen<br />

Prosa<br />

Jetzt sei bitte nicht kindisch, Franziska! Wer sagt dir denn,<br />

dass ich dir böse bin? Keine Rede davon! Zugegeben, du hast<br />

in deinem Leben einen entscheidenden Fehler gemacht. Und<br />

der war, dass du mich kennen gelernt hast. Wir zwei haben<br />

ja nie richtig zusammen gepasst. Und darum darfst du dich<br />

auch nicht wundern, Franziska: Das Küchenmesser, das hätt<br />

ich dir schon vor fünf Jahren, nicht erst heute … schon vor<br />

fünf Jahren hätt ich dich abstechen sollen! Die fünf Jahre waren<br />

ein Geschenk, Franziska! Vergiss das bitte nicht! Schon<br />

seit fünf Jahren spiel ich mich mit dem Gedanken und mit<br />

dem Küchenmesser. Und jeden Monat hab ich es wieder<br />

verschoben.<br />

Kannst nicht ein bisserl leiser stöhnen? Ich mein … wegen<br />

der Nachbarn. Stöhn einmal in deinem Leben wie ein normaler<br />

Mensch! Aber normal … das warst du nie, Franziska.<br />

Immer mit deiner aufblasbaren Trockenhauben auf dem<br />

Schädel und die Rahmgurken auf deinem runzligen Gesicht.<br />

Jetzt schaust wenigstens halbwegs vernünftig aus. Nur um<br />

das Seidennachthemd ist es ewig schad. Aber vielleicht kann<br />

man es kunststopfen lassen?<br />

Was meinst du, Franziska? Siehst, jetzt gibst du mir schon<br />

wieder keine gescheite Antwort! Immer hast du mich ignoriert.<br />

Was war ich schon für dich? Höchstens ein Finanzier<br />

für deinen ausufernden Lebenswandel. Ausgepresst hast du<br />

mich wie deine Grapefruit. Die haben dir aber auch nichts<br />

genützt. Bist trotzdem Tag für Tag nur noch blader geworden.<br />

Dein Gewicht, das kann dir jetzt auch egal sein. Vielleicht,<br />

dass die Totengräber deswegen fluchen, wenn sie deinen<br />

Sarg hochstemmen müssen. Irgendwann wird nämlich alles<br />

unwichtig, Franziska! Sogar deine Parfüms und deine Sprays.<br />

Sogar deine Lieblingsbluse, weißt eh, die mit dem lila Segelschiff<br />

aus Dubrovnik. Die werde ich auch ins Pfandl tragen.<br />

Nichts, aber schon gar nichts wird von dir übrig bleiben, wie<br />

vielleicht ein paar blöde Fotos … wenn ich sie nicht verbrenn.<br />

Bitte, sollen sie mich halt einsperren! Lieber setz ich mich<br />

lebenslang in den Häfn oder in den Guglhupf, wie mit dir<br />

noch einen Abend länger vor den Fernseher. Das war ja kein<br />

Leben mehr mit dir, Franziska! Jeden Tag die sinnlosen Streitereien<br />

… und warum? Weil ich ab und zu ein bisserl was<br />

Alkoholisches zu mir genommen hab. Aber hab ich nicht saufen<br />

müssen, dass du wenigstens ein bisserl schöner wirst vor<br />

meinem geistigen Auge? Und dann … deine fortwährenden<br />

Stänkereien … die sind ja auf keine Hutschnur mehr gegangen.<br />

Da bemüht man sich … gesellschaftlich zumindest …<br />

besucht Abendkurse in der Volkshochschule … bildet sich<br />

weiter … und was machst du? Du sagst Trottel zu mir! Aber<br />

auch ein Gaskassier hat einen Charakter, Franziska. Solltest<br />

die Leut einmal sehn, wenn ich wo hinein komm den Zähler<br />

ablesen. Ein Schnapserl und Wohlsein, Herr Inspektor. Und<br />

nehmen Sie doch bitte Platz. Hast du zu mir einmal gesagt,<br />

dass ich Platz nehmen soll? Den Küchenhocker hast du mir<br />

her geschoben. Und eine jede von deinen aufgeputzten<br />

Weibern war dir wichtiger als ich. Da hat es ja zu einschneidenden<br />

Maßnahmen kommen müssen! Jahrzehntelang hab<br />

ich alles hinuntergeschluckt … nicht nur den Slibowitz. Im<br />

Bett hab ich mich neben dir schlaflos gewälzt … zutiefst besoffen<br />

… ah … betroffen … von deiner spitzen Zunge. Du hast<br />

ja nur darauf gewartet, dass du mich bloßstellen kannst vor<br />

aller Welt. Wissen Sie, hast du gesagt, er wollte in seiner Jugend<br />

immer Offizier werden, aber auch als Gaskassier hat er<br />

eine wunderschöne Uniform! Oder vor den Kindern: Schaut<br />

euch euren Vater nur gut an. Weit hat er es gebracht, euer<br />

Vater, der Versager. Eines dürft ihr nie werden … so wie er!<br />

Und wenn ich im Bett manchmal ein bisserl indisponiert war,<br />

was ja kein Wunder gewesen ist bei deinem abschreckenden<br />

Anblick: Du armseliger Impotenzler, hast du geplärrt, dass es<br />

das ganze Haus gehört hat.<br />

Du frigider Hausdrachen, du! Hat dir irgendwer angeschafft,<br />

dass du ausgerechnet mich heiraten musst? Ich hab ja damals<br />

gleich … noch bei deinen herzensguten Eltern … zweiunddreißig<br />

warst und fast nicht mehr anzubringen. Gewehrt<br />

hab ich mich mit Händ und Füß. Aber du hast mich ja vor den<br />

Altar förmlich gezerrt! Wärst lieber in ein Kloster gegangen<br />

oder in einen Zirkus … als Dame ohne Unterleib! Aber nein,<br />

mich hast dir unbedingt eingebildet. Justament mein Leben<br />

hast auch noch zerstören müssen, weil deines eh schon hin<br />

war! Dabei Franziska! Ehrlich … nicht einmal anschauen hab<br />

ich dich damals können, geschweige denn anrühren. Aber<br />

mit deinen dreitausend Quadratmetern Baugrund in Wöllersdorf<br />

… mit denen hast du mich eingefangen.<br />

Ich hab ja die letzten Jahre schon unter hochgradigen Abnützungserscheinungen<br />

gelitten. So geht es nicht mehr länger<br />

weiter mit uns, Franziska, hätt ich sagen müssen. Wenn du<br />

neben mir wie ein Gorilla geschnarcht hast und im Schlaf

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