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| SCHLOSS ZWERGAPFELKERN | KUNST + KULTUR | 43<br />
Märchenschloss „en miniature“<br />
Dauerhaft zu bewundern im Buchheim Museum<br />
Dank einer großzügigen Schenkung kann das Buchheim Museum in Bernried jetzt<br />
seinen Besuchern das Lebenswerk des deutsch-amerikanischen Bühnenbildners<br />
Herbert Scherreiks präsentieren: das fantastische Schoss Zwergapfelkern.<br />
Das zauberhafte Modellschloss im<br />
Maßstab 1: 25, mit seinen unzähligen,<br />
fein ausgearbeiteten Details<br />
hat jetzt, zehn Jahre nach dem Tod<br />
seines Schöpfers, im Buchheim Museum<br />
seine Heimat gefunden. 60 Jahre lang<br />
hatte der Bühnenbildner und Kostümdesigner<br />
Herbert Scherreiks in seiner Freizeit<br />
an dem Schloss gearbeitet. 1930 in<br />
New York geboren, hatte er schon mit<br />
fünfzehn Jahren begonnen, in seiner Heimatstadt<br />
Industriedesign und Grafik zu<br />
studieren. 1951 kam er als Soldat nach<br />
Bayern. Nach seiner Entlassung nahm er<br />
ein Kunststudium an der Akademie der<br />
Bildenden Künste in München mit den<br />
Schwerpunkten Bühnenbild und Kostümdesign<br />
auf. Anschließend arbeitete er für<br />
viele deutsche und schweizerische Theater<br />
und Opernhäuser. Von 1956 bis zu seinem<br />
Tod 2016 lebte er im Künstlerhof in<br />
München-Neuhausen.<br />
Im Rahmen seines Studiums hatte Herbert<br />
Scherreiks von seinem Professor<br />
Helmut Jürgens einst die bühnenbildnerische<br />
Aufgabe erhalten, Gewölbedecken<br />
zu entwerfen. Scherreiks entwickelte<br />
das Thema am Modell – und schuf<br />
damit die ersten Fragmente seines fantastischen<br />
Lebensprojektes „Schloss<br />
Zwergapfelkern“, das die verschiedensten<br />
Gewölbeformen beherbergt. Inspirationen<br />
zur Belebung des Bauwerks<br />
empfing Scherreiks durch alte Puppenhäuser,<br />
die er immer wieder im Münchner<br />
Stadtmuseum betrachtete. Dank<br />
tiefer kunsthistorischer Kenntnisse und<br />
zügelloser Spielfreude gelang es ihm,<br />
eine miniaturisierte Wunderwelt von<br />
märchenhafter Dichte zu kreieren. Wie<br />
viele „echte“ Großbauwerke, etwa das<br />
Heidelberger Schloss, setzt sich auch<br />
das „Schloss Zwergapfelkern“ aus Bauteilen<br />
verschiedener Epochen zusammen.<br />
Es enthält eine schier unermessliche<br />
Folge von Räumen, die sich in<br />
detailverliebter Präzision in den Stilen<br />
der Romanik, der Gotik, der Renaissance,<br />
des Manierismus, des Barocks, des Rokoko<br />
und der Neorenaissance präsentieren.<br />
Relikte von Bühnenentwürfen,<br />
Fundstücke, Geschenke und kunsthistorische<br />
Kleinodien haben ihren Platz in<br />
der winzigen Wunderwelt gefunden. Die<br />
Auffahrt zum Hauptportal wird von einem<br />
imposanten Obelisken beherrscht,<br />
einem Geschenk von seinem Freund,<br />
dem Romanautoren Herbert Rosendorfer,<br />
der daher das „Rosendorfer Monument“<br />
genannt wird. Dieser trug auch<br />
zur Namensfindung bei: „Crabapple“ –<br />
die englische Bezeichnung für Zwergapfel.<br />
Doch es sollte etwas noch Kleineres<br />
sein. Ein Sohn Rosendorfers fand die<br />
Lösung: Noch kleiner als ein Zwergapfel<br />
sei ein Zwergapfelkern. So kam das<br />
„Schloss Zwergapfelkern“ zu seinem Namen.<br />
Das Buchheim Museum erhielt dieses<br />
Puppenschloss der Phantasie als Schenkung<br />
aus dem Nachlass Scherreiks. Zusammen<br />
mit Bühnenbildern, Kostümentwürfen<br />
und Bildkästen, die ihrerseits<br />
phantastische Mikrokosmen beinhalten,<br />
allesamt Leihgaben aus dem Nachlass<br />
Scherreiks, wird es nun erstmals der<br />
Öffentlichkeit gezeigt. Die Ausstellung<br />
bietet einen Querschnitt durch Scherreiks<br />
Lebenswerk – und entführt den<br />
Besucher in das poetische Paralleluniversum<br />
dieses eigensinnigen deutschamerikanischen<br />
Künstlers. #<br />
INFORMATIONEN www.buchheimmuseum.de<br />
FOTOS Buchheim Museum der Phantasie,<br />
Bernried <strong>2017</strong>, Constantia Rosendorfer