25_Jahre_Alpenkonvention
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wie Raumordnung, Naturschutz, Forstrecht, Energierecht, ist diese Form der Entscheidungsfindung<br />
auch in den innerstaatlichen Rechtsordnungen vorgesehen.<br />
Diese Zielbestimmungen stellten und stellen für die Vollziehungsbehörden offenbar<br />
eine Herausforderung dar. Üblich ist die Behauptung, dass derartige Vorschriften<br />
nicht unmittelbar anwendbar seien oder auch, dass sie sich nicht an<br />
die Vollziehungsbehörden, sondern an den Gesetzgeber richten. In vielen Fällen<br />
trifft dies allerdings nicht zu: Gleichen Zielbestimmungen in den Durchführungsprotokollen<br />
solchen in innerstaatlichen Gesetzen, dann sind sie gleichermaßen<br />
in die vom nationalen Recht vorgesehene Abwägungsentscheidung einzubeziehen.<br />
Ein gutes Beispiel dafür bietet die Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts<br />
(BVwG) zur Bewilligung einer Freileitung von Kärnten nach Italien über<br />
den Kronhofgraben. 6 In seiner abweisenden Entscheidung berief sich das Gericht<br />
ua auf Art 10 EnergieP, wonach bei Bauten von Stromleitungen soweit wie möglich<br />
bestehende Strukturen und Leitungsverläufe zu benutzen seien. Zu Recht<br />
ging das BVwG davon aus, dass Art 10 EnergieP als Zielbestimmung in die naturschutzrechtliche<br />
Interessenabwägung einzubeziehen sei. Da eine entsprechende<br />
Berücksichtigung bestehender Trassen vom Projektwerber nicht ausreichend geprüft<br />
worden sei, wurde der Antrag trotz des Vorliegens gegenläufiger öffentlicher<br />
Interessen abgewiesen.<br />
Ein positives Beispiel für die Aufarbeitung der vielfältigen Zielbestimmungen in<br />
den Durchführungsprotokollen ist der von der Umwelt- und Raumordnungsabteilung<br />
des Landes Steiermark herausgegebene Leitfaden zur <strong>Alpenkonvention</strong> in<br />
der örtlichen Raumordnung. 7 In einem Textteil und einer Checkliste werden die<br />
vielfältigen Ziele für die Gemeindebehörden aufbereitet, wodurch deren Berücksichtigung<br />
merklich erleichtert wird.<br />
Der beschriebene Mix an Rechtsnormtypen, der sich in den Konventionsprotokollen<br />
findet, und die unterschiedlichen Anwendungsformen stellen eine Herausforderung<br />
für die zuständigen Vollziehungsbehörden dar, die aber zu bewältigen<br />
ist. Denn letztlich unterscheidet sich das <strong>Alpenkonvention</strong>srecht in diesem Punkt<br />
nicht vom vertrauten innerstaatlichen Recht.<br />
7. Norminhalt: wenig Neues<br />
Es wurde bereits erwähnt, dass nach Ansicht der nationalen Gesetzgeber durch<br />
die <strong>Alpenkonvention</strong> und ihre Durchführungsprotokolle kein Anpassungsbedarf<br />
für innerstaatliches Recht gegeben ist. Zwar trifft dies – wie gezeigt wurde – in<br />
dieser Absolutheit nicht zu, in weiten Bereichen decken sich aber Konventionsrecht<br />
und nationales Recht. In diesen Fällen entfaltet die <strong>Alpenkonvention</strong><br />
nachvollziehbarerweise keine Wirkung, weil durch die Vollziehung nationalen<br />
Rechts zugleich das entsprechende Völkerrecht angewendet wird. Es wird daher<br />
6 BVwG 28.8.2014, W104 2000178-1/63E.<br />
7 Abrufbar unter »www.raumplanung.steiermark.at«.<br />
<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Alpenkonvention</strong><br />
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