SPORTaktiv Oktober 2017

NACHSPIEL
WELLNESS
WANDERN
EGYD GSTÄTTNER
Der Klagenfurter ist
freier Schriftsteller
und Hobbysportler.
Letztens war ich wellnesswandern, valera!
Den ersten Teil der Wanderung, den
Anstieg, absolvierte ich natürlich mit dem
wieselflinken Wagen, der die majestätische
Bergwelt erklomm, denn es wäre mit dem
Grundprinzip der Wellness unverträglich
gewesen, mich über Stock und Stein bis zur
Eisentalhöhe (2.042 m) hochzukeuchen,
valera!
Dort aber zog ich meine italienischen Designerlederhalbschuhe
aus und legte stattdessen
hochmotiviert meine Wellness-Trecking-Shoes
an. Vor lauter Freude startete ich einen Jodelversuch,
scheiterte aber.
So. Jetzt aber! Gerade wollte ich mein
linkes Bein vor mein rechtes setzen und mit
diesem rituellen ersten Schritt meine sorgsam
vorbereitete, von langer Hand geplante Wellnesswanderung
nun endlich beginnen lassen,
da hörte ich einen schallenden Pfiff! Wer war
das? Ein Raubvogel? Ein Verkehrspolizist?
Ein Schiedsrichter? Abseits? Hohes Bein?
Gestrecktes Bein? Falscher Fuß? Unsportlich-
keit? Nein, es war das Murmeltier. – Was, das
Murmeltier? Seit wann pfeifen Murmeltiere? –
Immer schon! Nur merkt man es nicht in der
Stadt! – Ich dachte, die grüßen bloß täglich!
Quatsch! Die grüßen gar nicht, sondern
sind sehr schüchtern, menschenscheu und
nachtaktiv. Es ist ein großes Glück, wenn
man sie einmal wirklich zu Gesicht bekommt.
Das Murmeltier will uns mit diesem großen
Glück sagen, dass wir nicht sinnlos vor uns
hinwandern, sondern sofort die Murmeltierausstellung
im Murmeltiermuseum anschauen
sollen, valera. Hier sieht man in Schaukästen
nicht nur die Erkennungsmöglichkeiten
nachtaktiver Tiere: zum Beispiel Fährten, Gewöll
(Tierkotze) oder Losung (Tierfäkalien).
90 Prozent ihrer Existenz verbringen die
Murmeltiere in einem Erdloch. Ihre Hauptbeschäftigung
außerhalb des Erdlochs besteht
aus Fressen und Ruhen, Wellnesswandern
interessiert sie eigentlich gar nicht. Den ganzen
Winter lang halten sie Winterschlaf, im
Sommer wiederum entwickeln sie die bemerkenswerte
Eigenschaft, in kurzer Zeit extrem
viel Fett (für den Winter) anzusetzen. Das
wird ihnen am Sommerende aber bisweilen
zum Verhängnis, denn sie werden geschlachtet
und zu Murmeltiersalbe verarbeitet, der Alpenklassiker.
Aber wenn man so wandert wie
ich, kommt man auch ohne Murmeltiersalbe
aus, valera!
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