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SPORTaktiv Oktober 2017

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wDER WIENER<br />

RADSPORTLER<br />

MICHAEL STRASSER<br />

WILL 2018 VON ALASKA<br />

NACH PATAGONIEN<br />

FAHREN. WIE ER SICH<br />

AUF DIE 25.000<br />

KILOMETER<br />

VORBEREITET UND<br />

SEINE BEWEGENDE<br />

MOTIVATION<br />

DAHINTER.<br />

VON CHRISTOPH HEIGL<br />

ien, Innenstadt. Termin bei einem kultigen<br />

Kaffeelokal. Und die Vermutung ist<br />

richtig: Natürlich radelt Michael Strasser<br />

zum Treffpunkt, er lehnt seinen schwarzen<br />

Singlespeeder lässig an die Wand.<br />

Der 34-Jährige liebt das Radfahren.<br />

Gut, denn im kommenden Juli will er<br />

25.000 Kilometer kurbeln. Im Idealfall<br />

in Weltrekordzeit.<br />

Dazu braucht man nicht nur den Körper,<br />

erzählt er später, sondern vor allem<br />

einen starken Kopf. „Wenn einer sagt,<br />

das schaffst du nicht, ist das meine größte<br />

Motivation.“ Und die treibt den Wiener<br />

schon eine ganze Weile an. Als Kind<br />

im Heimatort Trautmannsdorf spielte er<br />

Fußball, zwischen 10 und 14 machte er<br />

sich im Inlineskating einen Namen und<br />

hätte fast einen Profivertrag bekommen.<br />

„Die Schule war meinen Eltern aber<br />

wichtiger.“ Später kam Strasser mehr<br />

per Zufall zum Triathlon und zur ersten<br />

Langdistanz in Podersdorf. „Als ich ins<br />

Ziel lief, war es finster. Aber es war der<br />

Startschuss. Wie konnten da welche ein<br />

paar Stunden schneller sein als ich?“<br />

Nach Siegen im Langdistanz-Triathlon<br />

macht er sich nun mit seiner größten<br />

Stärke, dem Radfahren, einen Namen.<br />

Auch wenn er gerade deswegen ständig<br />

mit dem steirischen Extrem-Radler<br />

Christoph Strasser verwechselt wird.<br />

Sogar Journalisten und Glückwunsch-<br />

E-Mails finden den falschen. Michael<br />

Strasser radelte im Vorjahr in Weltrekordzeit<br />

durch Afrika („Cairo2Cape“,<br />

11.000 km, 35 Tage) und wagt sich<br />

2018 an das Projekt „Ice2Ice“ von Alaska<br />

nach Patagonien.<br />

Was treibt einen an, der vom „kontrollierten<br />

Masochismus“ spricht? Strasser<br />

ist Dipl.-Ing. der Architektur, könnte<br />

also ganze andere Abenteuer konstruieren.<br />

„Zwischen der HTL und dem<br />

Studium habe ich vier Jahre lang für<br />

sehr reiche Leute gearbeitet. Ich wollte<br />

werden wie sie: erfolgreich, drei Autos,<br />

mehrere Wohnungen. Aber nach den<br />

vier Jahren wusste ich: Das Gegenteil<br />

muss es sein. Die schönsten Dinge und<br />

intensivsten Erfahrungen gibt es nicht<br />

für Geld.“ Und so entstanden Projekte<br />

eines gesellschaftskritischen Typen und<br />

das Credo, Leistungssport mit Abenteuer<br />

zu verbinden. „Wie kann man<br />

aus dem Alltag ausbrechen? Muss ich<br />

immer erreichbar sein? Bin ich unersetzbar?“<br />

Wenn in Afrika Kinder auf ihren<br />

Schrotträdern für ein paar Meter neben<br />

ihm mitfahren, gibt ihm das Berge.<br />

Als Radprofi sieht er sich nicht, dennoch<br />

widmet Strasser seine ganze Zeit<br />

dem Training. Nebenbei gibt er Athletik-<br />

und Outdoorkurse für Studenten<br />

und hält Vorträge. Im Jahr kommt er<br />

auf 20.000 Rad-Kilometer, dazu 3000<br />

km beim Laufen und 100 Schwimmeinheiten.<br />

Wochenpensum: 30 Stunden<br />

Training für den Körper.<br />

„Ich will etwas zurückgeben“<br />

Für den Kopf hat er starke Inspiration.<br />

„Meine Abenteuer sind ein Privileg“,<br />

weiß Strasser. „Deshalb will ich etwas<br />

zurückgeben.“ Mit Racing4Charity hat<br />

er seinen eigenen Benefizverein. Aus<br />

dem Afrika-Projekt und dem daraus entstandenen<br />

Buch flossen 2500 Euro an<br />

eine Blindenschule in Zambia.<br />

Ice2Ice will er für ein persönliches<br />

Anliegen nutzen. Strasser hat eine Mitbewohnerin,<br />

25 Jahre alt, die an der<br />

unheilbaren Nerven-Krankheit ALS<br />

(Amyotrophe Lateralsklerose) leidet.<br />

„Normalerweise haben das alte Männer.<br />

Für junge Patienten wird kaum Forschung<br />

betrieben. Wir wollen eine weltweite<br />

Plattform initiieren, mit der sich<br />

ALS-Patienten vernetzen.“ Die Auseinandersetzung<br />

mit der Krankheit macht<br />

ihn nachdenklich, er spricht leise. „Ihr<br />

Leben wird von Tag zu Tag langsamer,<br />

meines wird immer rasanter. Wir lernen<br />

viel voneinander. Sie hat mein Leben in<br />

letzter Zeit sehr geprägt und das macht<br />

mich umso dankbarer.“<br />

Fotos: Markus Frühmann<br />

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