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SPORTaktiv Oktober 2017

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Wie fühlt sich das an, wenn man<br />

knapp 90 Tage als Geschäftsführer der<br />

Naturfreunde im Amt ist und gleich mit<br />

einem „Rekordsommer“ an Bergunfällen<br />

konfrontiert wird?<br />

Mit solch einer Dramatisierung sollte<br />

man vorsichtig sein. Fakt ist, dass in der<br />

langjährigen Statistik die Bergunfälle<br />

tendenziell sogar leicht rückläufig sind.<br />

Warten wir einmal ab, was die Statistik<br />

für das Jahr <strong>2017</strong> wirklich auswirft.<br />

Die vielen negativen Schlagzeilen täuschen<br />

also?<br />

Wir haben jedes Jahr im Juli und August<br />

immer eine Spitze an Bergunfällen und<br />

entsprechend viele dramatische Nachrichten.<br />

Daher entsteht auch dieses Gefühl<br />

in der Öffentlichkeit, dass generell<br />

in den Bergen immer mehr passiert.<br />

Wenn aber tatsächlich ein Ansteigen<br />

der Unfallzahlen erkennbar ist: Welche<br />

Ursachen kann es dafür geben?<br />

Die Hauptursache für Bergunfälle liegt<br />

eindeutig in der Vorbereitung! In der<br />

Bergdynamik muss sich jeder mit sich<br />

selbst beschäftigen und sein eigenes Maß<br />

an Belastungsmöglichkeit finden, und<br />

das logischerweise bereits in der Planung<br />

einer Tour. Mit Einbeziehung von Weglänge,<br />

Wegzeit, Höhenmetern, Wetterlage.<br />

Hier passieren die meisten Fehler,<br />

allein schon, weil meist der Ehrgeizigste<br />

für die ganze Gruppe die Tour plant.<br />

Der Bergsport ist auch vielfältiger und<br />

actionreicher geworden.<br />

Natürlich, vor allem das E-Mountainbike<br />

ist da eine treibende Kraft, leider<br />

auch mit erheblichem Verletzungspotenzial.<br />

Denn die Menschen kommen mit<br />

dem E-Bike plötzlich in Regionen, die<br />

sie sich nicht zuvor mit einem mühsamen<br />

Aufstieg erarbeiten mussten. Und<br />

bei der Abfahrt, mit einem schweren<br />

Rad und fehlender Technik, sind sie<br />

dann völlig überfordert.<br />

Welche Rolle spielt das Klettern und<br />

vor allem das Klettersteiggehen?<br />

Klettern und Bouldern verlangen entsprechende<br />

Technik und Wissen, haben<br />

also eine natürliche Einstiegsbarriere.<br />

Diese fehlt oft bei den Klettersteigen,<br />

die Leute glauben: „Da kann ich mich<br />

eh am Seil anhalten.“ Dass sie trotzdem<br />

klettern und körperlich toptfit sein<br />

müssen, wird ihnen erst bewusst, wenn<br />

sie mittendrin stecken und nicht mehr<br />

weiter können.<br />

Viele sagen, es passiert so viel, weil<br />

eben immer mehr Menschen in den<br />

Bergen unterwegs sind. Das wäre<br />

aber grundsätzlich positiv, oder?<br />

Stimmt, der Bergsport erlebt generell<br />

einen absoluten Hype. Und zwar auf<br />

vernünftige Weise: Immer mehr Menschen<br />

suchen in den Bergen nicht das<br />

Abenteuer und das Extreme, sondern<br />

Ausgleich und Entschleunigung. Hochinteressant<br />

ist da eine aktuelle Umfrage<br />

des ASKÖ, wonach unter den jungen<br />

Menschen zwischen 15 und 26 Jahren<br />

das „Wandern, Walken und Laufen“ mit<br />

51 Prozent überlegen an der Spitze der<br />

Hitliste aller Sportarten liegen.<br />

Das sagt die Gruppe, die man eher zu<br />

den Skateboardern oder Freerunnern<br />

zählen würde. Wie ist das zu erklären?<br />

Unsere Jugend ist stark reizüberflutet,<br />

durch die Digitalisierung, soziale Medien,<br />

die Schule. Da wird der Berg wieder<br />

zum Zufluchtsort, wo sie Ruhe finden.<br />

,,DER BERG WIRD<br />

WIEDER ZUM<br />

ZUFLUCHTSORT,<br />

UM RUHE<br />

ZU FINDEN.<br />

GERADE FÜR<br />

DIE JUNGEN.“<br />

Und, dass sie wieder etwas gemeinsam<br />

mit Freunden unternehmen können,<br />

verstärkt diesen Hype noch.<br />

Wie reagieren die Naturfreunde auf<br />

diesen „jungen“ Trend?<br />

Wir wollen mit Schwerpunktaktionen<br />

über unsere 460 Ortsgruppen schon in<br />

den Schulen beginnen, die Kids fürs<br />

Wandern zu begeistern. Es ist sozusagen<br />

ein Bildungsauftrag: Gemeinsam mit<br />

den Schulen erarbeiten wir erlebnisreiche<br />

Wanderungen, erkunden den<br />

Lebensraum Wald und bieten mit den<br />

Lehrern kompetenzorientiertes Lernen.<br />

Den „Wandertag“ wieder attraktiv zu<br />

machen, ist eines unserer großen Ziele.<br />

Sicher nur ein Ziel von vielen, die Sie<br />

mit den Naturfreunden in den nächsten<br />

Jahren erreichen wollen?<br />

Unser vorrangigstes Ziel ist das Wachstum<br />

der Mitgliederzahl. Da stagnieren<br />

wir seit Jahren bei rund 150.000 – bei<br />

einem wachsenden Markt! Das heißt,<br />

dass es nicht wirklich zu den Bergsportlern<br />

durchgedrungen ist, was sie<br />

<strong>SPORTaktiv</strong><br />

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